
Erst kommt er mit Verspätung zum eigenen Prozess vor dem Amtsgericht Bamberg. Dann bleibt der Angeklagte demonstrativ sitzen, als Strafrichterin Julia Schmidt den Saal betritt. Ihre Verhandlungsführung nennt er "lächerlich". Zuletzt verbietet er seinem Rechtsanwalt Thomas Gärtner aus Bamberg das Wort. Dabei will der ihm nur helfen. Der Mann aus dem Landkreis Haßberge lässt sich auch durch mehrere Ordnungsgelder von insgesamt 1200 Euro nicht beeindrucken. Selbst in einer Verhandlungspause kann der Mann den Mund nicht halten.
Er belehrt Staatsanwalt Michael Demling in Sachen Aristoteles. Es folgen wilde Verschwörungstheorien voller antisemitischer Klischees und Putin-Propaganda. Dann nennt er den Staatsanwalt "Berufshasser" – nur eine von mehreren, teils schlimmen Beleidigungen. Das dürfte ihm ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung und Volksverhetzung einbringen. Schließlich hat Strafrichterin Schmidt genug von all den Störungen, sie schließt den Mann vom Verfahren aus und verhängt Ordnungshaft. Den Rest des Tages verbringt er in der Arrestzelle des Amtsgerichtes Bamberg. Auch das Urteil gegen sich wird er nicht zu hören bekommen – nur zu lesen.
Betrugsversuch: Gefälschte Unterschriften auf Überweisungen
Der Ärger begann im Herbst 2022. Damals soll der Mann versucht haben, sich mit einer Betrugsmasche Geld zu beschaffen. Angeblich, um seine Tiere füttern zu können: Der Mann hatte damals mehr als 60 Schweine, außerdem Hunde. Mit einem Bildbearbeitungsprogramm soll er Fotos seines ausländischen Führerscheins und seines deutschen Reisepasses gefälscht haben. Damit habe er unter falschen Namen mehrere Bankkonten in Deutschland und Belgien eröffnet. Dann habe er aus dem Internet frei zugängliche Kontodaten zusammengesucht und 58 Überweisungsträger mit der Hand ausgefüllt. Dabei soll er die Unterschriften der Kontoberechtigten gefälscht haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Sein Ziel seien vor allem Kommunen, Kirchen und Vereine gewesen. Darunter der Turnverein Zeil, die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden Ebern, Burgpreppach und Ebelsbach-Gleisenau, die Gemeinden Knetzgau, Haßfurt, Sand, Hofheim, Ermershausen und Königsberg, der Kolumbien-Kreis Pfarrweisach oder die Diakonie Haßberge. Meist geht es um Beträge zwischen 800 und 2000 Euro. Angeklagt sind aber auch drei Betrugsversuche, in denen er es insgesamt auf rund 350.000 Euro abgesehen haben soll – unter anderem von der Deutschen Rentenversicherung. Allerdings blieben die meisten der mutmaßlichen Betrugsversuche ohne Erfolg. In den allermeisten Fällen wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Banken misstrauisch und führten den Überweisungsauftrag nicht aus, oder riefen das Geld mittels eines schnellen "Recalls" zurück. Immerhin 5000 Euro soll der Angeklagte jedoch erbeutet haben.

Als gegen ihn ermittelt wurde, behauptete er erst, er selbst sei Opfer eines Identitätsdiebstahls. Dann kam er in Untersuchungshaft. Weil nicht klar war, wie lange er hinter Gittern würde bleiben müssen, kümmerte sich das Veterinäramt des Landkreises Haßberge mithilfe des Bauhofes seiner Heimatgemeinde um die Schweine und die Hunde, damit diese nicht verhungern.
Landratsamt entzieht dem Angeklagten seine Tiere
Bei einer routinemäßigen Untersuchung der Hunde stellte sich heraus, dass sie unter schlimmem Parasitenbefall litten und schwerwiegende Verhaltensstörungen zeigten. Das Landratsamt entzog dem Mann daraufhin die Vierbeiner und verhängt ein Haltungs- und Betreuungsverbot – auch für weitere Hunde, die er sich nach seiner Haftentlassung als Ersatz besorgte. Das Verwaltungsgericht Würzburg bestätigte später die behördliche Maßnahme.
In der Folge kam es zu einem Verfahren am Amtsgericht Haßfurt. Der Mann aus dem Landkreis Haßberge sollte 5000 Euro Bußgeld zahlen, weil er seinen Hundebestand nicht auflösen wollte. Während des Prozesses beleidigte er nicht nur den Mitarbeiter des Veterinäramtes, der als Zeuge aussagte, sondern auch Amtsrichter Patrick Keller.
Drohungen gegen Mitarbeitende des Veterinäramtes
Doch laut Anklage im aktuellen Fall habe der Mann auch nach diesen Vorfällen nicht aufgegeben. Schließlich hat er schon in einem anderen Land gegen das Tierschutzgesetz verstoßen, sich mit dem Finanzamt Zeil in Sachen Umsatzsteuer und mit dem Landratsamt Haßberge unter anderem wegen Wasserrechts angelegt. Nun wird ihm vorgeworfen, die Beamten im Veterinäramt in Hofheim mit Anrufen und Schreiben bombardiert zu haben. Darin habe er die Mitarbeitenden mit teils heftigen Schimpfworten beleidigt. Zudem habe er ihnen "den totalen Krieg" angedroht.
Außerdem soll er versucht haben, einen von ihnen dazu zu nötigen, ihm die Hunde wieder herauszugeben. Dabei sei am Telefon davon die Rede gewesen, er wisse, wo der Beamte wohne, und werde seine Waffe aus dem Schrank holen. Dann käme, wie in der ukrainischen Stadt Bachmut, der Klappspaten zum Einsatz.
20 Monate Haft auf Bewährung
Da der Angeklagte vor dem Prozess bereits in Untersuchungshaft saß, findet die Verhandlung diesmal nicht in Haßfurt, sondern vor dem Amtsgericht Bamberg statt. Am Ende verurteilt ihn Strafrichterin Schmidt wegen Betruges in elf und versuchten Betruges in 47 Fällen, allesamt mit Urkundenfälschung, wegen dreier Beleidigungen, versuchter Nötigung und Bedrohung zu 20 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Er muss die rund 5000 Euro Beute wieder herausgeben, die Kosten des Verfahrens tragen und eine Geldauflage von 3000 Euro an die Gefangenenfürsorge Bamberg zahlen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Seinem Verteidiger gegenüber kündigte der Angeklagte bereits an, Rechtsmittel einzulegen.
P.S. Den Journalisten "Redaktion" kannte ich noch nicht. Wegen Bewährung?
wie kommen Sie darauf, dass ihm die Tierhaltung nur für die Hunde verboten wurde, nicht aber für die Schweine? Im Text heißt es, dass ihm "die Vierbeiner" weggenommen wurden und dass ein Haltungsverbot ausgesprochen wurde, das gilt also für beide Tierarten. Und was meinen Sie mit der Aussage, dass Sie den Journalisten "Redaktion" nicht kennen? Der Name des Verfassers ist doch deutlich zu lesen.
Dass ihm auch die Tierhaltung für die Schweine verboten wurde, ist nicht verbis expressis gesagt. Der Ausdruck "Vierbeiner"kann sich auch nur auf die Hunde beziehen.
Mittlerweile steht ein Verfasser dort. Als ich die letzten Male schaute, stand dort noch "Redaktion".