Am Ende des ausführlichen Sicherungsverfahrens am Landgericht Bamberg waren sich alle einig. Wilhelm G. (Name geändert) ist eine Gefahr nicht nur für sich, sondern auch für die Allgemeinheit. Anlass des Prozesses war der Angriff des 65-jährigen Rentners aus dem Landkreis Haßberge auf einen Arzt und zwei Polizisten im Haßfurter Krankenhaus.
Jetzt ist Wilhelm G. genau da, wohin er nicht wollte: In der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses Schloss Werneck. Den Ausschlag für die Unterbringung des renitenten Rentners gaben die psychiatrischen Sachverständigen Dr. Walter Bogner (Bamberg), Dr. Roland Schaumann (Werneck) und Dr. Christoph Mattern (Bayreuth). Sie vereinen beinahe 80 Jahre Berufserfahrung und erklärten unisono, dass eine erfolgversprechende Therapie, die weitere Verschlechterungen aufhalte, nicht außerhalb eines psychiatrischen Krankenhauses möglich sei. Weil Wilhelm G. immer wieder seine Medikamente nicht nahm und dadurch neue manisch-depressive Schübe hervorrufe. „Er sieht nicht ein, dass er krank ist.“
Lange Krankengeschichte
Wie der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt vortrug, war der Vorfall im März 2018 nicht der erste, wohl aber der gravierendste einer langen Krankengeschichte, die bis in die 80-er Jahre zurückreicht. Wohl weil durch die seelische Erkrankung auch die geistigen Fähigkeiten litten und so die Einsicht in falsches Tun immer mehr schwand. Der Tod seiner zweiten Ehefrau vor zwei Jahren, die seinen Zustand zu kontrollieren wusste, warf Wilhelm G. wohl vollends aus der Bahn. Zuvor war Wilhelm G. bereits wegen Beleidigung, Sachbeschädigung, Diebstahl, Bedrohung, Urkundenfälschung, sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und mehrfacher vorsätzlicher Körperverletzung auffällig geworden. Allerdings wurden fast alle Strafverfahren wegen seiner psychischen Erkrankung und der daraus folgenden Schuldunfähigkeit eingestellt.
In einem Fall hatte er ein 20 Zentimeter langes Messer zur Hand, mit dem er sein Gegenüber bedrohte. Bei der Tat im Haßfurter Klinikum waren es gar drei, von denen zwei zum Einsatz gekommen waren. Mit einem davon hatte er vor der Notaufnahme auf die Polizeibeamtin eingestochen, die glücklicherweise nicht ernsthaft verletzt wurde.
Zwischen Manie und Depression
Zwischen den manischen Ausbrüchen, in denen Wilhelm G. von Größen- und Verfolgungswahn getrieben war, gab es immer wieder depressive Phasen, „in denen man sich eher in sich zurückzieht und nicht auffällt,“ so der Leitende Oberarzt in Werneck. War er in Hochstimmung, glaubte der gelernte Starkstrom-Elektriker, wahlweise Arzt, Ingenieur, Astrophysiker oder gar GSG 9-Mitarbeiter zu sein und hielt leeren Stühlen stundenlange Vorträge.
Wer ihm widersprach oder ihn mit der Realität konfrontierte, der musste sich auf lautstarke Beschimpfungen gefasst machen. Das traf die eigene Ehefrau, seine Nachbarn und seinen Schwager, dem er androhte, ihm „die Haut in kleinen Streifen bei lebendigem Leibe abzuziehen“. Schon gar, wer anzweifelte, dass er stets von der Polizei überwacht und sein Telefon abgehört würde, da er „die Machenschaften durchschaut“ habe. Welche genau, blieb auch im Gerichtssaal ungesagt. Auf jeden Fall hatte er nach eigener Aussage stets eine Klinge bei sich, um sich zu wehren.
Krankenpfleger geschlagen
Auch ohne gefährliche Waffe ist Wilhelm G. nicht zu unterschätzen. Das mussten vor wenigen Wochen erst drei Krankenpfleger im Bezirkskrankenhaus Bayreuth am eigenen Leib erfahren, denen er mit der Faust ins Gesicht schlug.
So blieb den beiden Verteidigern Ronald Lubas (Schweinfurt) und Oliver Teichmann (Bamberg), die das „sehr faire Verfahren“ lobten, gar nichts anderes übrig, als dem Plädoyer des Oberstaatsanwaltes Matthias Bachmann beizupflichten, der eine Unterbringung beantragte. Weil nach dem versuchten Totschlag, der gefährlichen, vorsätzlichen und versuchten Körperverletzung, sowie dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte weitere unkontrollierte Aggressionen und schwere Straftaten zu befürchten seien.
Jährliche Überprüfung
Wie lange Wilhelm G. unter ärztlicher Aufsicht eingesperrt bleibt ist vorerst ungewiss. „Es wird ein langes Ringen werden, um ihn dazu zu bringen einzusehen, dass er krank ist und Hilfe braucht,“ waren sich alle medizinischen Sachverständigen einig. Was aber nicht „lebenslänglich“ heißen muss, wird seine Gefährlichkeit doch jedes Jahr gerichtlich überprüft werden.