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Haßfurt
Nach langem Martyrium und Flucht aus Afrika: Odyssee einer 43-Jährigen endet am Amtsgericht Haßfurt
Nach einer Abschiebung nach Italien kehrte sie zurück – und fand sich nun auf der Anklagebank wieder. Dort kamen ihre leidvollen Erfahrungen zur Sprache.
Der Fall, der vor dem Amtsgericht Haßfurt verhandelt wurde, befasste sich mit dem Schicksal einer 43-jährigen Frau. 
Foto: René Ruprecht (Archivfoto) | Der Fall, der vor dem Amtsgericht Haßfurt verhandelt wurde, befasste sich mit dem Schicksal einer 43-jährigen Frau. 
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 02.04.2025 02:38 Uhr

Wie schwer sich die Justiz tut, ein Urteil im Falle irregulärer Migration zu fällen, zeigte sich am Dienstag bei einer Verhandlung am Amtsgericht Haßfurt. Dort saß eine Frau von der Elfenbeinküste auf der Anklagebank wegen illegaler Einreise und unerlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland.

Die 43-Jährige, die in einer Asylunterkunft im Maintal lebt, war im Mai 2022 in die Bundesrepublik eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt, der im August 2022 abgelehnt wurde. Im November 2022 wurde sie nach Italien abgeschoben, reiste jedoch kurz darauf wieder ein.

Verteidigung: Angeklagte Opfer massiver sexueller Gewalt

Ihre Pflichtverteidigerin, die aus Göttingen nach Haßfurt angereist war, räumte ein, dass der Sachverhalt unstrittig sei. Ihre Mandantin habe jedoch nicht gewusst, dass sie sich strafbar machte. Es gebe kaum Verurteilungen in solchen Fällen, sagte die Anwältin. Durch den gestellten Asylantrag sei ihre Mandantin "strafbefreit". Normalerweise würden Staatsanwaltschaften derartige Fälle einstellen. EU-Recht gehe vor deutschem Recht, argumentierte die Juristin.

Italien habe der Angeklagten die Aufnahme verweigert. Sie habe in Deutschland mittlerweile den Status als "geduldet". Sie sei krank und könne daher derzeit nicht abgeschoben werden, da eine Operation anstehe. In ihrem Heimatland sei die alleinstehende Angeklagte seit ihrem zehnten Lebensjahr Opfer massiver sexueller Gewalt geworden, mit der Folge, dass sie nach einer Vergewaltigung ein Kind gebar. An der Elfenbeinküste gebe es "kein Konzept für eine alleinstehende Frau", sagte die Anwältin.

Die Angeklagte, für die eine Dolmetscherin ins Französische übersetzte, pflichtete der Anwältin unter Tränen bei. Auf ihrer Flucht sei sie in Libyen gelandet, wo sei gegen ihren Willen festgehalten worden sei.

Staatsanwalt: Angeklagte in Italien geschützt gewesen 

Der Staatsanwalt merkte an, dass das Gesetz Menschen schütze, die aus Ländern kommen, in denen ihr Leben und ihre Freiheit bedroht seien. Dies sei in Italien nicht der Fall gewesen, konstatierte er. Die Verteidigerin konterte, dass ihre Mandantin Schutz gesucht habe, aber in Italien nicht willkommen gewesen sei. Die Diskussion dürfe nicht "auf dem Rücken der falschen Person ausgetragen werden", argumentierte die Anwältin.

Die Vorsitzende Richterin Ursula Redler warf ein, dass es sich in dem Verfahren um eine politische Frage handle, "die hier nicht zu lösen" sei. Sie schlug eine Einstellung des Verfahrens vor, der alle Parteien zustimmten. Alle Kosten zahlt die Staatskasse.

 
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