Dass er seine Lebensgefährtin vor Gericht als seine Verlobte präsentierte, die dadurch ein Zeugnisverweigerungsrecht hatte und dieses auch geltend machte, nutzte einem 37-jährigen Deutschrussen aus dem thüringischen Vogtland nichts. Er wurde vom Schöffengericht des Amtsgerichts Haßfurt wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Im März 2016 kam es in Haßfurt, wo seine Lebensgefährtin wohnt, zu einer Auseinandersetzung, bei der die Geschädigte, wie Staatsanwalt Mathias Schmolke in der Anklageschrift darlegte, durch diesen erheblich verletzt wurde. Sie erlitt eine Nasenbeinfraktur, einen Bruch der Augenhöhle, Tritte in den Bauch, was als lebensgefährliche Behandlung gewertet wurde. Wie der Staatsanwalt sagte, hätte eine Blutentnahme beim Angeklagten den Wert von 2,12 Promille ergeben. Der Angeklagte, der mit seinem Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt Dr. Christian Merkel erschienen war, wollte, wie dieser mitteilte, zum Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten nichts sagen. Die Fälle der Beleidigung und des Widerstandes gegen Polizeibeamte räumte der Angeklagte nach den Worten seines Verteidigers ein. Auf Vorhalt des Staatsanwaltes sagte der Angeklagte, dass „Missverständnisse“ in der Polizeiinspektion Haßfurt zur Widerstandshandlung und Beleidigungen führten. „Ich hatte an diesem Tag eineinhalb Flaschen Cognac getrunken, aber zu zweit“, sagte der Angeklagte.
Auf Nachfrage des Gerichts unter Vorsitz von Ilona Conver sagte der 37-Jährige, der einen Minijob in einem Einkaufsmarkt in Thüringen hat, dass er mit der Geschädigten verlobt wäre. Einen Ring trage man in Russland nicht, nur die Frauen. Als die „Verlobte“ als Zeugin erschien, würdigte sie ihren „Verlobten“ keines Blickes. Die 35-jährige Küchenhilfe bestätigte aber, dass sie seit geraumer Zeit mit dem Angeklagten verlobt wäre und hielt demonstrativ ihre rechte Hand hoch um den Ring zu zu zeigen. Angaben zum Tathergang wollte sie keine machen. Nach kurzer Beratung erklärte die Richterin, dass das Gericht von einem wirksamen Verlöbnis ausgehe, weshalb der Geschädigten das Zeugnisverweigerungsrecht zustehe. Obwohl Staatsanwalt Schmolke sichtlich Zweifel an der „Echtheit“ der Verlobung hatte, erklärte er sein Einverständnis.
Direkte Tatzeugen zur gefährlichen Körperverletzung gab es nicht. Allerdings hatte ein 32-jähriger Nachbar der Geschädigten die Auseinandersetzung aus der Ferne mitbekommen. Dieser erklärte, dass er zweifelsfrei Hilferufe der Geschädigten hörte, die ihn sofort veranlassten, die Polizei zu rufen. Auch habe er schemenhaft gesehen, wie sich im Treppenhaus des Nachbaranwesens zwei Personen befanden, zwischen denen offensichtlich eine Auseinandersetzung stattfand. „Ich hörte deutlich mehrere Hilferufe und hatte keinen Zweifel, dass dringend Hilfe nötig war“, sagte der Laborangestellte. Auf Nachfrage des Gerichts, hätte er die Stimme der Geschädigten erkannt, die nach Hilfe rief. „Da bin ich mir sicher“, sagte er. Die Polizei sei auch wenige Minuten nach seinem Anruf vor Ort gewesen und er habe die Nachbarin erkannt, als sie mit den Polizeikräften blutend aus dem Haus kam. Eine 41-jährige Polizeibeamtin der PI Haßfurt sagte als Zeugin aus, dass die Geschädigte bei ihrem Eintreffen erhebliche Gesichtsverletzungen aufwies, die ihrer Meinung nach von einer Misshandlung stammen mussten. Auch habe die Geschädigte in der Tatnacht gesagt, dass sie vom Angeklagten verletzt wurde. Auch ein Arzt hatte das von der Geschädigten gehört, wie die Richterin aus dem Untersuchungsprotokoll zitierte. In der Zelle der PI Haßfurt hat der Angeklagte, als ihm die Blutentnahme eröffnet wurde, eine Polizeibeamtin und einen ihrer Kollegen gestoßen. Beleidigungen seien gefallen und der Angeklagte habe bei der Blutentnahme erheblichen Widerstand geleistet.
Das Bundeszentralregister wies für den Angeklagten zehn – auch einschlägige – Vorstrafen auf. Die verhängten Strafen seien alle noch nicht bezahlt, sagte der Angeklagte auf Vorhalt des Gerichts. Staatsanwalt Mathias Schmolke sah auch ohne die Aussage der Geschädigten den Tatvorwurf der gefährlichen Körperverletzung als erwiesen an. Aufgrund der Aussage der Zeugen, wie er in seinen Plädoyer darlegte. „Die Geschädigte hat massive Verletzungen erlitten die ihr mit großer Brutalität zugefügt wurden“, sagte der Anklagevertreter. Er hatte keinen Zweifel, dass diese ihr vom Angeklagten beigebracht wurden. Er beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Verteidiger trug vor, dass sein Mandant in Teilen geständig war und der Alkohol mit Auslöser seiner Taten war. Er hielt eine bewährungsfähige Haftstrafe für vertretbar, ohne einen konkreten Antrag zu stellen. Das Schöffengericht verurteilte den 37-jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Eine Aussetzung zur Bewährung ist bei einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren nicht mehr möglich. Das Gericht sah auch den Tatnachweis der gefährlichen Körperverletzung als erwiesen, wie es die Vorsitzende in ihrer ausführlichen mündlichen Begründung darlegte. Was wirklich passiert ist, wisse man nicht und könne aufgrund der erheblichen Verletzungen sogar an einen Tötungsvorsatz denken, sagte sie. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.