Dreimal drei Auftritte von drei verschiedenen Akteuren des fränkischen Humors an drei verschiedenen Orten. Jeweils eine halbe Stunde lang. Macht zusammen dreimal volles Haus – gleichzeitig an einem Abend. Und viereinhalb Stunden tolle Stimmung.
Aber damit genug der höheren Mathematik. Schließlich ging‘s bei der VHS-Veranstaltung am Freitag in Kimmelsbach, Stöckach und Neuses um die regionale Sprachkultur. Und um die Eigenheiten der fränkischen Seele, die in selbiger ihren Ausdruck finden.
Ob regionale Tracht, bodenständige Musik oder eben die vertraute Sprache: Heimat hat Konjunktur, keine Frage. Aber auch ganz unabhängig davon: „Unsere Sprache ist so wundervoll, und wir sollten auch stolz drauf sein“, findet Wolfgang Reichmann. Das Publikum im Gemeinschaftshaus von Kimmelsbach sieht‘s genauso, wie der Beifall zeigt.
Beweise für die herausragende Stellung des Fränkischen hat der als Sportreporter bekannt gewordene Bamberger genug auf Lager: Wo andere Zungenschläge Mühe haben, ein Wort mit „sr“ vorzuweisen, kann der Franke mit einem ganzen Satz aufwarten, der da lautet: „‘sreent“.
Auch vermeintliche Gegensätze sind in dieser Sprache friedlich vereint: Da wird jemand als „g‘scheid blöd“ eingestuft. Ein anderer sägt das Holz „zamm“. Und: „Kein weiches b ist so hart wie das fränkische.“ Nicht zu vergessen die kulinarische Einmaligkeit: „Es gibt sonst keine Region auf der Welt, wo sich Bier und Wein begegnen – manchmal alles an einem Tag.“
Zugegeben: Im Vergleich mit dem Hochdeutschen führt der rot-weiße Dialekt bisweilen ein grammatikalisches Eigenleben. Das verschweigt Wolfgang Reichmann keineswegs. Aber gerade diese vermeintliche Fehlerhaftigkeit ist genauso ein Markenzeichen wie die Sparsamkeit beim Sprechen.
Das macht Fredi Breunig deutlich. Er kommt aus dem nördlichen Nachbarlandkreis, wo viele Menschen „in die Siemens“ ihr Geld verdienen. Unterhaltsam analysiert er seinen Lieblingssatz: „Wenn die Säuhünd vo die BayWa nachte ehrer komme wärrn, hädde mer noch schöö naus s Mädröschern könn gegäh.“
Sein bekanntestes Beispiel für die Effizienz fränkischer Kommunikation hat ebenfalls einen Bezug zur Landwirtschaft. Der Wortwechsel, mit dem zwei Einheimische das ungebührliche Benehmen eines Kindes kommentieren, erinnert an einen alten Lanz: „Döff dos dos?“ „Des döff dos.“ „Des dos dos dörff.“ Mit einem leicht variierten Minimalwortschatz ist alles gesagt – und vermeintliche Katastrophen auf ein überschaubares Maß reduziert werden.
Mit Wilhelm Wolpert beschließt nicht nur ein Altmeister des fränkischen Humors den Abend hier in Kimmelsbach. Der Haßfurter hatte vor Jahren auch die Idee zu dieser Art von Veranstaltung gehabt. Seine Beobachtungen des Alltagslebens unterstreichen die Vielfalt an Möglichkeiten, die Welt mit fränkischer Zunge respektive Feder zu betrachten. Das Eheleben unter rot-weißen Dächern hatten zuvor auch Reichmann und Breunig thematisiert, aber eben nicht in Reim und Vers.
Derart amüsant verpackt, verlieren die Unbilden des Älterwerdens ihren Schrecken. Beispiel gefällig? Sie sind in den Keller gegangen und wissen nicht mehr, was sie dort wollten. „Ich nehm‘ dann immer a Fläschla Silvaner mit nauf“, verrät Wilhelm Wolpert schmunzelnd.
Und er zeigt auf: Selbst spätes Eheglück ist nicht ausgeschlossen. Der Hochzeitstisch steht dann eben in der Apotheke. Das Publikum war hörbar begeistert und erklatschte sich eine Zugabe.
Der einzige, winzig kleine Wermutstropfen eines solchen Abends aus sprachlicher Sicht: das ausländische Wort im Titel. Vielleicht könnte man aus der Mundartrallye einen Dialektreigen machen. Obwohl: Da wird ja nicht getanzt. Oder Mundartrundfahrt? Das klänge auch gemütlicher.
Doch womöglich geht es dann noch mehr Leuten so wie Wolfgang Reichmann anfangs: Er hatte nach eigenem Bekunden zuerst gedacht, dass die Zuhörer von einem Ort zum anderen fahren. Also lieber bei der Rallye bleiben? Immerhin gibt das dem Ganzen einen internationalen Charakter und lässt Spielraum für Expansion: die – in diesem Fall fränkische – Mundart auf dem Siegeszug, lokal, regional, global. Wär' ja auch nicht verkehrt.