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HOFHEIM
Mit Peilsendern gegen Holzdiebe
Steigende Holzpreise locken mehr Diebe in die Wälder. Mit versteckten Peilsendern möchte die Forstbetriebsgemeinschaft Haßberge die schamlose Selbstbedienung im Wald eindämmen. Die Technik soll Kriminelle abschrecken und ihnen das Handwerk vermiesen. Anderswo hat sie sich bereits bewährt.
Erfolgreich getestet: Förster Christian Mehlhorn zeigt einen Forst-Tracker. Mit solchen im Holz versteckten GPS-Peilsendern möchte die Forstbetriebsgemeinschaft Haßberge die Zahl von Holzdiebstählen senken.
Foto: Michael Mößlein | Erfolgreich getestet: Förster Christian Mehlhorn zeigt einen Forst-Tracker. Mit solchen im Holz versteckten GPS-Peilsendern möchte die Forstbetriebsgemeinschaft Haßberge die Zahl von Holzdiebstählen senken.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 07.01.2016 15:03 Uhr

Bis vor wenigen Jahren galt das Heizen mit Holz als günstige Alternative zu Öl und Gas. Mittlerweile haben die Preise für Brennholz kräftig angezogen. Eine Folge davon: Der Diebstahl von Holz nimmt zu. Aber längst wird nicht mehr nur Brennholz aus dem Wald gestohlen. Skrupellose Hehler stehlen nachts zum Teil komplette Wertholzstämme – per Lastwagen und Kran. Die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Haßberge mit Sitz in Hofheim setzt künftig auf Peilsender, um Holzdieben auf die Spur zu kommen und um diese abzuschrecken.

„Wir werden nicht länger hinnehmen, dass sich Einzelne auf Kosten unserer Mitglieder bereichern“, sagt FBG-Geschäftsführerin Birgitt Ulrich. Zahlen, welche Holzmengen im Bereich der FBG – mit 850 Mitgliedern die größte in Unterfranken – jedes Jahr spurlos verschwinden, kann Ulrich nicht liefern. Sie erfährt nicht automatisch von jedem Diebstahl. Denn sobald die FBG das Holz verkauft hat, trifft der wirtschaftliche Schaden eines Diebstahls normalerweise nicht die FBG, sondern den Käufer, auch wenn das Holz noch im Wald lagert. Umfang und Zahl der Diebstähle, so viel kann die Geschäftsführerin aber auf jeden Fall feststellen, haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Dies deckt sich mit den Zahlen der Polizei. Im Inspektionsbereich Ebern wurden im Jahr 2012 vier Holzdiebstähle angezeigt, bei denen sieben Ster Brennholz verschwanden (Schaden: 800 Euro). Im Jahr 2013 waren es neun Fälle mit 54 Ster (3000 Euro). Im laufenden Jahr wurden bereits vier Diebstähle angezeigt, mit zwölf Ster (650 Euro) – „und die kalte Jahreszeit kommt ja erst noch“, wie Siegbert Weinkauf, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizei Ebern, anfügt. Gestohlen wurde ofenfertiges Brennholz ebenso wie Bäume, die im Wald gefällt und abtransportiert wurden.

Robert Ilnyzckyj, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, nennt für seinen Dienstbereich auf Nachfrage elf Diebstähle für das Jahr 2012, 13 für das Vorjahr und sechs fürs laufende Jahr. Doch die angezeigten Fälle, schätzt er, dürften nur einen Bruchteil der tatsächlichen Holzdiebstähle ausmachen. Viele Fälle werden der Polizei gar nicht gemeldet. „Dabei ist das Quatsch, so etwas nicht anzuzeigen“, sagt Ilnyzckyj. Wenn die Polizei von vermehrten Holzdiebstählen erfährt, dann könnten Streifen bestimmte Waldgebiete auch verstärkt kontrollieren, um Holzdiebe auf frischer Tat zu ertappen. So weit die Theorie. In der Praxis ist es so gut wie unmöglich, die weiten Waldgebiete flächendeckend zu überwachen und vor Holzdieben zu schützen. Dies gelingt der Polizei ebenso wenig wie den Forstbetrieben. Und genau diese Chance nutzen Diebe eiskalt aus, die den Wald als eine Art Selbstbedienungsladen begreifen. Fast immer im Schutze der Nacht schreiten sie zur Tat.

Auf den teils gut ausgebauten Forststraßen gelangen sie selbst mit großen Lastwagen problemlos zu Holzlagerstätten im Wald. Per Kran laden sie komplette Stämme in kurzer Zeit auf und verschwinden ebenso schnell wieder. Und selbst, wenn jemand sie zufällig dabei erwischt, ist es auf Anhieb kaum nachvollziehbar, ob sie das Holz zu Recht abtransportieren oder nicht. Notfalls können sie immer noch frech behaupten, alles wäre ein Versehen gewesen: Eigentlich wollten sie ja das nebenan liegende Holz aufladen, das ihnen gehört.

FBG-Geschäftsführerin Ulrich hat dies alles schon miterlebt. Sie kennt die Problematik, selbst einen aufgedeckten Holzdiebstahl nachzuweisen. Allein deshalb setzt sie, ebenso wie ihr Mitarbeiter Christian Mehlhorn, große Stücke auf das kleine Gerät, das Förster Mehlhorn zeigt. Der Plastikkasten in der Größe einer Streichholzschachtel trägt einen Peilsender in sich. Per Satellitensignal kann er über große Strecken hinweg seinen Standort mitteilen.

Der Clou an dem Sender, den die Herstellerfirma unter der Bezeichnung Forst-Tracker verkauft: Er kann unsichtbar direkt in einem Baumstamm versteckt werden. Ein spezieller Einschnitt ins Holz mit einer Kettensäge, und schon passt das Kästchen hinein. Das Loch im Holz wird verschlossen. Der Einschnitt ist nicht mehr zu sehen, schon gar nicht nachts. Der Sender verharrt so lange im batterieschonenden Ruhemodus, bis der Holzstamm einen festgelegten Radius rund um den Lagerplatz verlässt. Dann schlägt der Sender Alarm. Völlig lautlos. Der Dieb bekommt es nicht mit, dass er entdeckt ist.

Mehlhorn erklärt, wie das funktioniert: „Wenn der Stamm seine Position verändert, wird ein Signal auf ein Mobiltelefon übertragen. Man kann dann entweder mit dem Smartphone oder auf dem PC den Weg des Holzes in Echtzeit verfolgen.“ Auf diese Art und Weise hinterlässt der Holzdieb eine für ihn unsichtbare Spur, der die informierte Polizei nur noch zu folgen braucht. Die mit dem Sender gesammelten Daten sind vor Gericht voll verwertbar, berichtet Ulrich.

Die Staatsforsten in Hessen nutzen solche Geräte seit einigen Jahren und haben eine Vorreiterrolle in Deutschland. Die dort gesammelten Erfahrungen sind durchweg positiv, schildert die Geschäftsführerin der FBG Haßberge. Auch sie ist mit den eigenen Erfahrungen mit einem Testgerät hochzufrieden und ist sich sicher, dass die FBG Haßberge – laut Ulrich als erste unterfränkische FBG – ebenfalls solche Peilsender anschaffen wird. In erster Linie nicht einmal, um Holzdiebe zu überführen. Noch mehr setzt sie auf den Abschreckungseffekt solcher Überwachungstechnik, die Dieben das Fürchten lehren soll. Forstbetriebe, die die Peilsender bereits einsetzen, berichten laut Ulrich von zurückgegangenen Holzdiebstählen.

Für den privaten Brennholzwerber dürften solche Sender, die laut Ulrich pro Gerät im Einkauf um die 500 Euro kosten, zu teuer sein. Aber Sägewerke oder Holzhändler könnten sich ebenfalls welche beschaffen, hofft die FBG-Geschäftsführerin. Sie hat allerdings bereits bei Geschäftspartnern vorgefühlt und eine positive Resonanz erhalten. Es kann also gut sein, dass in den Wäldern der Haßberge in naher Zukunft eine größere Zahl kleiner Diebstahlwächter Tag und Nacht aufpassen werden.

Per Smartphone-App: FBG-Geschäftsführerin Birgitt Ulrich zeigt, wie sie den Weg des Peilsenders verfolgen kann. Dasselbe ist auch per Computer möglich.
| Per Smartphone-App: FBG-Geschäftsführerin Birgitt Ulrich zeigt, wie sie den Weg des Peilsenders verfolgen kann. Dasselbe ist auch per Computer möglich.
 
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  • im Jahr 2012 vier Holzdiebstähle angezeigt, bei denen sieben Ster Brennholz verschwanden (Schaden: 800 Euro). Im Jahr 2013 waren es neun Fälle mit 54 Ster (3000 Euro). Im laufenden Jahr wurden bereits vier Diebstähle angezeigt, mit zwölf Ster (650 Euro)
    Nach diesen Zahlen kostete der Ster Holz 2012 satte 114,- €, 2013 nur noch 55 und dieses Jahr noch nen Euro billiger, nämlich 54 €. Demnach wird Holz immer billiger oder die Versicherungen betrogen, sucht es euch aus....
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