Im Januar 2020 blickte die Brauwirtschaft noch optimistisch in die Zukunft. Seit Mitte März ist das aber anders, weil das gesellschaftliche Leben nahezu erlahmte, Volks- und Vereinsfeste abgesagt wurden sowie Gaststätten und Biergärten schließen mussten. Das bedeutete erhebliche Umsatzeinbußen für die mehr als 600 Brauereien in Bayern. Wir fragten Brauereibesitzer aus unserem Verbreitungsgebiet, wie sie bisher die Corona-Krise erleben und ob nach den ersten Lockerungen schon ein Silberstreifen am Horizont zu sehen ist.
Natürlich sind die Brauereien nicht in gleicher Weise von der Corona-Krise betroffen und manche haben außer ihrer Braustätte ihre traditionelle Brauwirtschaft oder einen Biergarten. Übereinstimmend war es aber so, dass der Fassbierabsatz fast völlig zum Erliegen kam, weil es keine Feste gab und in der Gastronomie der Zapfhahn trocken blieb. Gut also, wer ein zweites Standbein mit der Flaschenbierabfüllung hat, Märkte beliefern kann oder sich über seine Stammkundschaft freuen darf, die in dieser besonderen Situation ihre Brauer nicht im Stich lässt.
Privatbrauerei Wagner: Mit Flaschenbier deutschlandweit unterwegs
Vom Ausstoß her ist die Privatbrauerei Wagner aus Eltmann Eschenbach mit 90 000 Hektolitern die größte Brauerei im Landkreis Haßberge. Der Absatz läuft zu rund 80 Prozent über die Flaschenbiersorten. "Bei uns ist der Einbruch mit rund 20 Prozent moderat. Er betrifft fast ausschließlich den Fassbierabsatz. Hier lief sechs Wochen fast gar nichts. Wir bringen unsere Biere aber in Flaschen deutschlandweit über den Handel auf den Markt, auch in die neuen Bundesländer. Gerade dort bot sich für uns die glückliche Lage, dass der Absatz viel früher wieder angelaufen ist", schildert Braumeister Karl Wagner die Situation.
Deswegen sei man im Gegensatz zu anderen Brauereien von der Krise nicht so betroffen. Man sei nicht so auf Feste und Veranstaltungen angewiesen wie andere aus der Branche. "Deswegen haben wir auch keine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder gar entlassen müssen. Wir haben nur Überstunden oder Urlaubstage abgebaut."
Brauerei Hartleb: Zu hohe Auflagen verhindern Gasthauskultur
Ganz anders ist es bei der Brauerei Hartleb in Maroldsweisach, die es seit 200 Jahren gibt und die schon in der sechsten Generation von der Familie geführt wird. Die Brauerei füllt ihr Bier nicht in Flaschen ab, sondern ausschließlich in Partyfässer, Siphons oder mitgebrachte Gefäße. Der Hauptumsatz erfolgt in der eigenen Gaststätte, die für ihr Bier und ihre Bratwürste bekannt ist. Sie war aber bis zuletzt geschlossen und soll erst seit Donnerstag wieder öffnen.
Den Einbruch beim Bierumsatz beziffert Gunther Hartleb auf 50 Prozent, den Rückgang des Gesamtumsatzes durch die Schließung der Gaststätte und des Biergartens sogar auf 70 Prozent. "Die Stimmung ist schlecht", gibt der Brauereibesitzer deswegen ohne Umschweife zu. Man habe allerdings über den Verkauf außer Haus am Wochenende etwas aufzufangen versucht.
Dass er seine Gaststätte mit Biergarten so lange geschlossen hält, dafür hat er eine klare Begründung parat. "Der Staat macht zu hohe Auflagen, die erfordern viel mehr Mitarbeiter, was dann nicht mehr wirtschaftlich ist. Außerdem sind unsere Ordnungshüter auch nicht mehr gastwirtschaftsfreundlich. Man getraut sich ja gar nichts mehr zu machen, weil man Strafen befürchten muss. Katastrophal ist diese Situation für die elf Mitarbeiter, die teilweise Urlaub nahmen oder in Kurzarbeit geschickt werden mussten." Ab Donnerstag will er nun Gaststätte und Biergarten wieder öffnen, weil seine Mitarbeiter das wünschten und wieder Geld verdienen wollen.
Brauerei Raab: Fassbierverkauf fast völlig eingebrochen
Auch in der Brauerei Raab in Hofheim ist der Umsatz beim Fassbier fast völlig eingebrochen. "Wir haben schon starke Umsatzeinbußen und müssen schauen, dass wir über die Runden kommen. Es ist eine schwierige Situation mit enormen Einbrüchen in der Gastronomie, bei den Vereinen und vor allem durch die fehlenden Vereinsfeste", meinte Brauereibesitzer Michael Raab, der sich nicht vorstellen kann, dass man in diesem Jahr noch größere Feste feiern dürfe.
In der Brauerei habe dies Auswirkungen aufs Personal, das aus neun Mitarbeitern und einem Auszubildenden besteht. Sie wurden teilweise in Kurzarbeit geschickt. Soforthilfe habe man beantragt und die auch bekommen, "aber das ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein".
Beim Blick in die Zukunft müsse man davon ausgehen, dass sich insgesamt einiges verändern werde, weil man nicht wisse, was kommt und wann wieder Normalität einkehrt. Dies führt zu einem gewissen Unbehagen. "Dennoch darf man deswegen den Kopf nicht in den Sand stecken. Mit unserem Heimdienst haben wir einiges aufgefangen und auch der Hausverkauf ist gut gewesen. Dabei haben uns die Kunden spüren lassen, dass sie uns und ihre regionale Brauerei unterstützen wollen."
Brauerei Scharpf: Stammgäste lassen ihren Wirt nicht im Stich
Mit rund 1000 Hektoliter Jahresausstoß ist die "Brauerei Scharpf" aus Heilgersdorf ein kleiner Familienbetrieb, den die Schließung der eigenen Braugaststätte besonders traf. Brauer Werner Scharpf gesteht ein: "Anfangs haben wir sehr schwarz gesehen. Dann hat es sich aber doch besser als gedacht entwickelt und wir wollen trotz der prekären Lage zufrieden sein. Das Jahr werden wir schon rumkriegen."
Während es in der Gaststätte voll durchgeschlagen habe und der Hauptumsatz weggebrochen ist, habe man dann jeden Tag Hausverkauf angeboten. "Dazu mussten wir jedoch entgegen unserer sonstigen Gewohnheiten der 80- bis 90-prozentigen Fass-Nutzung alles in Kleingebinde und Literflaschen abfüllen, was nicht einfach gewesen ist. Da musst du als Brauer oder Wirt einfach immer da sein und das geht nur, wenn die ganze Familie mithilft."
Aber Kunden und Gäste hätten das honoriert. Ihnen spricht Werner Scharpf ein besonderes Lob aus. "Die Leute sind kontinuierlich gekommen und dabei hat fast kein Stammgast gefehlt. Sie haben viel Bier in Flaschen und Kästen geholt und sagten: Wenn wir schon nicht ins Wirtshaus dürfen, trinken wir unser Bier eben daheim."
Die Bewirtung in der Gaststätte habe trotz der Lockerung sehr verhalten begonnen, "weil die Gäste sich wegen der Ansteckungsgefahr viel lieber draußen aufhalten wollten oder auch ihre Probleme mit der Maskenpflicht hatten. Manche meinten sogar, wir wollen sie mit den Masken ärgern." Das sei erst besser geworden mit der Öffnung des Biergartens und der Erlaubnis von Treffen bis zu zehn Personen. "Die wollten nämlich auch karten, aber Kartbrüder galten ja nicht als Familie."
Adler-Bräu: Auf mehreren Füßen besser durch die Krise
Dass die "Adler-Brauerei" in Stettfeld bisher ganz gut durch die Krise gekommen ist, liegt vor allem daran, dass man zu 95 Prozent Flaschenbier abfüllt. "Die Biergebinde und Kästen gehen dabei vor allem in Märkte und viel setzen wir über unseren Heimdienst ab, bei dem wir mit drei Autos in den Landkreisen Haßberge und Bamberg unterwegs sind. Aber auch der Hausverkauf ist gut gelaufen oder unsere Kunden haben ihr gewohntes Bier direkt von der Brauerei geholt und dann im eigenen Garten getrunken", zieht Braumeister Norbert Merklein eine positive Bilanz.
Etwas anders hat es sich in der Braugaststätte und im Biergarten verhalten. "Als wir wieder öffnen durften, konnten wir nur wenige Plätze für Essen im Innenbereich anbieten und ähnlich war es im Biergarten, wo es teilweise auch wegen der Maskenpflicht etwas zögerlich anging, weil die sonst übliche Geselligkeit nicht aufkommt." Das schmälerte den Umsatz.
"Schade ist es natürlich jetzt in den Sommermonaten bei schönem Wetter, dass einige größere Fest mit Adler-Bier ausfallen. Es wäre schön, wenn das Verbot der größeren Veranstaltungen in naher Zukunft wegfallen könnte."