In einer von Schnelligkeit geprägten Zeit sind immer mehr Menschen auf der Suche nach einem Ausgleich oder einer Entschleunigung im hektischen Alltag. Gerade in der Corona-Krise haben hierbei viele wieder den Garten entdeckt. Aber manchen fehlt dieses Stückchen Grün, oder sie haben noch nicht den "grünen Daumen", um sich an ihrem Garten zu erfreuen.
Auf einem solchen Weg sind sich zwei Familien begegnet, von denen die einen als leidenschaftliche Gärtner ihren reichen Erfahrungsschatz an die anderen weitergeben wollen: Diese hatten bisher "mit Garten noch nicht so viel am Hut". Sie haben nun einen "Gartenpaten", der ihnen beisteht.
Klaus Reinhardt aus Zeil war beruflich viel unterwegs und ist mit 68 Jahren nun endlich im Ruhestand. Man hatte sich im Jahre 1986 eine Doppelhaushälfte in Zeil gekauft und bisher nur einen Ziergarten, der vorwiegend von Ehefrau Beate gepflegt wurde. im vergangenen Jahr waren die Reinhardts allerdings im Urlaub bei einer Familie, die alles Mögliche an Obst und Gemüse in ihrem Garten hatte: "Dies hat uns auf die Idee gebracht, auch in unserem Garten etwas zu verändern."
An manchen Mauern bröselte es im Außenbereich schon etwas, und es stand eine Sanierung an. In diesem Zusammenhang bot es sich an, auch den Garten umzugestalten. Aber wie soll das gehen, wenn man sich selbst noch nicht so mit der Garten- und Pflanzarbeit befasst hatte? Zum Glück war Ehefrau Beate, die im Tourismusbüro der Stadt Zeil arbeitet, der Name des Kreisfachberaters für Landespflege und Gartenbau, Guntram Ulsamer, ein Begriff. Und ihn bat man um Hilfe.
"Hobbygärtner hilft Underdog"
Er sah hinter dieser Hilfe eine besondere Idee, leidenschaftliche Hobbygärtner mit weitgehenden "Underdogs" zusammenzubringen. "Der eine hat einen großen Bedarf an Wissen, und der andere hat eine lange Erfahrung und einen reichen Wissensschatz. Das ist doch für beide befruchtend." Und so geschah es auch, und auch Gerhard und Inge Reinhardt aus Prappach, beide leidenschaftliche Gärtner mit zufällig dem gleichen Nachnamen, waren dem sofort aufgeschlossen.
Das Prappacher "Gärtner-Ehepaar" lud auch gleich die Zeiler Garteninteressenten zu einer "Kaffeerunde" in ihren Garten ein. Und besser hätte man das erste Zusammentreffen auch nicht wählen können, um sich einmal zu "beschnuppern" sowie die gegenseitige Motivation und Zusammenarbeit abzustimmen.
Natürlich kamen die Gäste aus Zeil aus dem Staunen nicht heraus, was sie bei ihrer ersten Begegnung im fremden Garten sahen. Hier waren die verschiedensten Gemüsearten zu entdecken, wie Brokkoli, Blumenkohl, Wirsing, Schwarzwurzel, aber auch verschiedene Gewürzpflanzen. Die 80 Tomatenpflanzen aus 20 verschiedenen Sorten, teilweise sogar in einem Gewächshaus, machten besonderen Eindruck.
Aus Ziergarten soll Gemüsegarten werden
Die "Zeiler Reinhardts" konnten dem gegenüber nur darauf verweisen, dass sie erst einen solchen Garten im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden stampfen müssen. "Alles Mögliche aus Büchern herauszulesen, bringt da nichts. Deswegen kommen wir gerne zu euch, um zu sehen, wie man es macht und was man macht. Bisher hat mein Körper sich noch nicht an die Gartenarbeit gewöhnt", meinte Klaus. Dabei wolle man mit Kartoffeln anfangen, weil sie die Erde schon einmal etwas lockerer machen, und danach könne man dann auch an andere Pflanzen oder Gemüse denken.
Schon dazu kam der eine oder andere wertvolle Hinweis, dass man vorab schon eine Bodenprüfung vornehmen könne, die vom Abfallwirtschaftsbetrieb kostenlos angeboten werde und man nach Prüfung humusreichen Boden oder Gesteinsmehl dazugeben könne.
Gartenarbeit ist kein Stress
Hobbygärtner Gerhard verschwieg auch nicht, dass ein Garten entsprechende Pflege brauche und Arbeit mache. "Ich bin auf jeden Fall zwei bis drei Stunden pro Tag im Garten. Aber das ist für uns keine Arbeit, sondern eine willkommene Freizeitgestaltung. Als ich noch berufstätig war, war es noch nicht so intensiv, aber auch da war ich abends im Garten, und es war für mich trotzdem kein Stress."
Ähnlich äußerte sich Ehefrau Inge, die ebenso aktiv bei der Gartenarbeit dabei ist und ja dann auch noch in der Küche gefordert ist, wenn man sich nahezu völlig von den Produkten des Gartens ernähren will.
"Es ist schon sehr befriedigend, wenn im Keller die Regale voll von Eingemachtem und Eingekochten stehen. Auch die Kinder holen sich dann etwas für ihre eigene Familie oder die Verwandtschaft schaut einmal vorbei. Es muss ja wirklich nicht Spargel aus China sein, noch dazu im Wasser aus China." Mit Stolz zeigt sie auf ihre eigenen Erdbeeren und vor allem auf ihre Tomaten. "In Franken werden auch gute Tomaten gezüchtet. Da muss man nicht die aus Italien kaufen, die dazu noch aus China kommen."
Die Prappacher Hobbygärtner wollten mit ihren Erzeugnissen aber keinesfalls gegenüber den neuen Garteninteressenten zu sehr "auftischen" und sie schon vor dem Gärteln entmutigen. Auch bei ihnen habe es Zeit gedauert, bis man zum heutigen Ziel gekommen sei. "Aber es ist schon ein Vorteil, wenn Eltern ihr Wissen an die Kinder weitergeben. Wenn dies der Fall ist, wird hier eine Art gärtnerischer Rhythmus klar, und es gehört zum Lebensrhythmus, wie die Apfelernte zum Herbst oder die Vorbereitung des Brennholzes zum Winter. Wer das nicht erlebt, hat wahrscheinlich schon einen schwereren Zugang zur Gartenarbeit", so Gerhard Reinhardt.
Auch bei ihnen sei das Gärtnern erst gewachsen, man lernte von den Großeltern und habe nun selbst schon eine lange Erfahrung, die man gerne an andere weitergebe. "Ich stehe auf jeden Fall jederzeit bereit und warte, bis er fragt oder etwas wissen will. Die Zusammenarbeit ist völlig offen und kann bis zum Kompost und Recyceln der Abfälle gehen. Ich brauche eigentlich keine braune Tonne."
Kreisverband für Gartenbau plant Aktion
Dazu folgte gleich der gut gemeinte Vorschlag. "Ihr müsst nicht erst nur mit den Kartoffeln beginnen. Ihr dürft durchaus gleich an Tomaten im Topf vor der Hauswand, an den anspruchsloseren Salat oder an Gewürzpflanzen denken." Beim Rat einholen müsse man aber einfach auch eine Hemmschwelle überwinden. Gartenwissen bestehe zu 80 Prozent aus Erfahrung, und Fehler könne man fast nicht korrigieren. Dies zeigte er an einer Tomate auf, wenn jemand den Mitteltrieb herausreißt und sich dann wundert, dass dort keine Tomaten mehr wächst.
Kreisfachberater Guntram Ulsamer war sichtlich angetan, dass diese "Gartenpatenschaft" der beiden Familien aus Prappach und Zeil so unkompliziert, offen und im gegenseitigen Zuspruch über die Bühne ging.
Dies war gleichzeitig für ihn der Auftakt zu einer Aktion des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege unter dem Angebot "Pate und Patenkind". "Die Idee, dass sich Partner oder zwei Personen finden, um Erfahrungen in der Gartenarbeit auszutauschen, ist eine positive Sache und für beide Seiten befruchtend. Wir können dabei vom Kreisverband als Vermittler fungieren und schauen, ob es noch mehr Interessenten für solch eine Patenschaft gibt. Fachkundige Gärtner haben wir ja genügend in unserem Kreisverband." Dies soll im Winterhalbjahr geschehen.
Kontakt über die Homepage www.gartenbauvereine-hassberge.de