Vor wenigen Tagen formte Florian Tully noch Sandskulpturen auf Rügen und Usedom, jetzt steht er im Steigerwald bei Theinheim und formt einen Wildschweinkopf aus Holz. Auf zwei Metern Baumstamm will er die Sage vom Wildschwein und der Glocke erzählen. Mit drei Bildhauer-Freunden nahm Tully die Einladung von Gastwirt Michael Bayer zum Künstlersymposium in Theinheim an.
Bis Sonntagabend soll im Rahmen des Symposiums der Waldgeisterweg Theinheim um 13 neue Skulpturen erweitert werden. Wie diese entstehen, können Besucher jetzt am Wochenende live erleben, wenn sie den Skulpturenweg gehen. Wer mehr erfahren möchte, schließt sich den geführten Wanderungen an, die Förster Remele am Samstag und Sonntag jeweils um 14.00 Uhr anbietet.
Florian Tully ist Steinmetz und Bildhauer in Gerolzhofen. In den letzten Jahren verlagerte er sein Schaffen von den Steinmetz-Arbeiten „mehr hin zu meinem Hobby Bildhauerei“. Europaweit nimmt er an Symposien und Festivals teil, arbeitet in Holz, Stein, aber auch in Sand oder Eis. Von diesen Festivals kennt er den Prager Kollegen Jiri Genzer, der bei unserem Besuch gerade an einem kopflosen Reiter arbeitet. Für das Symposium in Theinheim konnte Jiri seinen Prager Freund Jan Svadlenka gewinnen, Florian Tully lud außerdem Rudolf Schneidmadel aus Ebelsbach ein. Schneidmadel ist der einzige Nicht-Profi im Kreis, „aber ein besonderes Talent“, so Bildhauer Tully.
Der Ebelsbacher besucht in Gerolzhofen seit Jahren die Kurse von Tully. „So schnell wie die Kollegen aus der Tschechei bin ich natürlich nicht“, erklärt Tully. Er hat sich wie die ganze Gruppe mit den Sagen aus dem Steigerwald befasst und sich eine bildnerische Umsetzung der Sage von der Schlange überlegt. Die badete einst im Wald bei Theinheim in einer Quelle und legte vor dem Bade ihre Krone sorgsam ab. Als diese Krone während des Bades gestohlen wurde, ging die Schlange auf die Suche, kehrte nicht zurück und die Quelle versiegte.
Bei unserem Besuch arbeitete Rudolf Schneidmadel daran, das obere Ende seines Baumstamms mit der Motorsäge zu einer Krone zu formen. „Das zentrale Motiv in dieser Sage ist für mich das klare, lebenswichtige Wasser, das versiegt ist“, erklärt er seinen künstlerischen Ansatz. Wie er die Geschichte umgesetzt hat, können Besucher ab sofort bewundern.
Am Donnerstagmorgen reisten die Künstler an und wollten sich voll Tatendrang gleich an die Arbeit machen. An einigen Bäumen jedoch mussten erst Gerüste und Podeste errichtet werden. Die Bäume wurden von der Forstverwaltung für ihre künstlerische Transformation auf einer Höhe von zwei bis zweieinhalb Metern gefällt. Sie sollten natürlich möglichst nahe am Weg stehen, damit ergab sich für die Künstler manchmal das Problem, an einer Böschung zu arbeiten.
„Dann haben wir den Vormittag erst mal mit Podestbau verbracht, erzählt Armin Oppelt. In seiner Pension in Theinheim wohnen die vier Künstler während des Symposiums – und natürlich bringt er sich nach Kräften ein, denn der Skulpturenweg lockt seit seiner Eröffnung vor einigen Jahren zahlreiche Gäste in den Ort. „Da hatte der Michael Bayer schon eine tolle Idee. Schön war der Weg ja schon immer, aber mit den Skulpturen ist er jetzt was ganz Besonderes“, erzählt Oppelt, als er am Abend mit Frau und Hund unterwegs ist, sich die ersten Ergebnisse anzuschauen. Florian Tully und Jiri Genzer machen sich nach ihrem Gastspiel in Theinheim auf den Weg in den Böhmerwald, dort ist ihr Material dann Granit.
13 neue Sagenfiguren, Waldgeister und „grüne Männer“ werden den Skulpturenweg ab Sonntag noch interessanter machen – und zwei Motive werden auch im Ort selbst aufgestellt werden, damit auch Durchfahrende auf den Skulpturenweg aufmerksam werden.