
Patagonien, mit Feuerland ganz an der Spitze, liegt im südlichsten Teil von Südamerika und wer sich damit schon einmal befasst hat oder sogar dort war, verbindet mit diesem Begriff vor allem eines: Wind, Wind und nochmals Wind. In knapp zwei Monaten radelte ich – natürlich ohne Elektromotor – durch dieses unwirtliche Gebiet. Während es die ersten Wochen von Buenos Aires aus durch die schier endlose Pampa ging, führte meine Reise schließlich über die Magellanstraße zu einer Inselgruppe, die unter dem Namen Feuerland bekannt ist. Mein Ziel erreichte ich nach rund 3500 Kilometern mit der südlichsten Stadt der Welt, Ushuaia.

Nicht umsonst bezeichnet man mit der Pampa umgangssprachlich eine öde, verlassene und trostlose Gegend. Tatsächlich handelt es sich um eine steppenähnliche, baumlose und dornige Sträucherlandschaft. Über Tausende von Kilometern hier zu radeln gleicht einer Wüstentour: Es gibt so gut wie keine Ablenkung durch die immer gleiche Landschaft. Ich empfinde das nicht als negativ, im Gegenteil. Ungestört fließen die Bilder des eigenen Lebens durch den Kopf. Und plötzlich merkt man, dass man in unserer ach so hektischen, umtriebigen und reizüberfluteten Welt etwas im Überfluss hat, dem man sonst oft vergeblich nachjagt und das so unendlich wertvoll ist: Zeit.

Je weiter man in den Süden kommt, desto geringer ist das Land besiedelt. Das bedeutet, dass es immer weniger Versorgungsmöglichkeiten und Unterkünfte gibt. Ergo musste ich stets genug Verpflegung und Wasser mitschleppen. Es war auch alles andere als einfach, einen einigermaßen sturmgeschützten Zeltplatz zu finden. Völlig ungewohnt war es für mich, dass der häufige Südwind stets kalt war – ähnlich wie bei uns der Ostwind.

Die ersten zehn Tage begleitete mich mein Radfreund Richard aus dem Landkreis Bamberg. Aber dann hatte er die Schn… voll davon, bei Sturm und Windböen auf Hauptstraßen mit viel Lkw-Verkehr zu radeln. Und wenn der Pampero – so heißt der furchtbare Westwind aus der Pampa – so richtig bläst, ist es definitiv aus mit Radeln. Sturmböen in Orkanstärke fegen dann über das Land. Auch Motorradfahrer lassen da ihre schweren Maschinen stehen. Es war meinem Freund einfach zu gefährlich und deshalb flog er zurück in die Heimat. Ich konnte sein Verhalten durchaus nachvollziehen und versuchte nicht, ihn zu überreden, weiter mitzufahren. Ich für meinen Teil beschloss, trotz der Widrigkeiten nicht aufzugeben.

Nach fast 3000 Kilometern erreichte ich Ende November die Magellan-Wasserstraße. In dieser Zeit beginnt der antarktische Sommer, der sich allerdings nur wenig vom übrigen Jahr unterscheidet. Mit der Fähre ging es dann nach dem von Ferdinand Magellan benannten Feuerland, einer Inselgruppe am südlichsten Ende des amerikanischen Doppelkontinents. Hier ist das Wetter extrem wechselhaft. An einem einzigen Tag habe ich – quasi im Zeitraffertempo – alle vier Jahreszeiten erlebt.

Der Schlusspunkt meiner anstrengenden Tour hieß Ushuaia. Dort unternahm ich noch eine Bootstour auf dem Beagle-Kanal und beobachtete beeindruckende Kolonien von Pinguinen und Seelöwen. Schließlich radelte ich noch in den angrenzenden Nationalpark "Tierra del Fuego". Dort endet die südlichste Straße der Erde. Hier ist "Fin del Mundo", zu Deutsch: "Ende der Welt". Und hier steht auch ein kurioses und inzwischen berühmtes Schild: Nach Alaska 17.848 Kilometer.