
Der prachtvolle grau-schwarze Vollbart von Gottvater ist von Spinnweben und Insektenleichen befreit. Die brünette Haarpracht des Gottessohnes Jesus glänzt wie frisch shampooniert. Und an den Flügeln von Erzengel Gabriel sind die einzelnen Federn deutlich sichtbar. Das Restauratorenteam hat wahrlich erfolgreiche Arbeit geleistet: Das Kuppelgemälde „Verkündigung und Krönung Mariens“ in der Vierung der St. Gangolf-Kirche erstrahlt wieder in seiner kompositorischen und farblichen Schönheit.
Am Sonntag konnten sich die Gemeindemitglieder endlich persönlich davon überzeugen, welche Fortschritte die Generalsanierung von Bambergs ältester Kirche gemacht haben. Seit dem vergangenen Wochenende nämlich ist St. Gangolf wieder offen für die Vorabend- und Sonntagsmessen. Seit Frühjahr 2017 wurden diese in der Klosterkirche Heilig-Grab gefeiert. Dort begann am Sonntag auch der Festgottesdienst. Vor der ersten Lesung machten sich die Gläubigen auf den Prozessionsweg zur St. Gangolf-Kirche: „Wir tragen feierlich wieder zurück, was in der Eucharistiefeier benötigt wird, das Evangeliar, Brot und Wein oder das Orgelbuch“, erklärt Pfarrer Marcus Wolf.
Dach und Wände gut in Schuss
Er ist froh, „dass wir wieder in unserer Kirche zusammenkommen können“. In einen grundlegend sanierten Innenraum mit gereinigter Einrichtung und Raumschale, erneuerter Beleuchtung, Lüftungsflügeln und Heizung oder Brandschutzmeldeanlage. In einem ersten Bauabschnitt ab Juli 2016 stand die Reparatur des Dachwerkes aus dem 12. Jahrhundert an: „Eines der ältesten Dachwerke in Bayern“, sagt Architekt Alwin Zenkel. Es sei weitgehend in einem sehr guten Zustand erhalten, sodass Holzbalken nur ausgebessert, aber nicht ausgetauscht werden mussten. Auch die Naturstein-Fassade „stand prächtig, es mussten nur offene Fugen geschlossen werden“.
Kirchenpfleger Josef Schirmer erinnert an die Sensation des Frühsommers 2017, die Restaurator Peter Turek nach Abnahme der Ziegeleindeckung verkünden konnte: In schwer zu erreichenden Flächen in den Gewölbezwickeln fanden sich Überreste der romanischen Ausmalung von St. Gangolf, wie sie vor dem gewaltigen Brand von 1185 erfolgte. „Der entdeckte perspektivische Mäanderfries mit gemalten Büsten von Heiligen findet nichts Vergleichbares in der Bamberger Kunstgeschichte des frühen 12. Jahrhunderts“, weiß der Kirchenpfleger. Für die Öffentlichkeit sei der Fries mit Zugang durch die Glockenstube zwar nicht sichtbar, so Schirmer. Doch für wissenschaftliche Bauforscher bleibe diese Örtlichkeit ein spannender Schauplatz, ergänzt Pfarrer Wolf.
Entdeckung bei der Sanierung
Architekt Zenkel macht auf eine weitere Entdeckung im Zuge der Sanierungsmaßnahmen aufmerksam: So sei über der Sakristei an einer bisher vollkommen ebenen Wand „eine Öffnung mit ausgetretener Schwelle aus Sandstein“ gefunden worden. „Da liegt die Vermutung nahe, dass da einmal ein Lettner war“, sagt Zenkel.
Auch wenn die Gemeinde nun sonntags wieder Gottesdienst feiern kann in ihrer Kirche, steht noch ein dritter Bauabschnitt an: Die Seitenkapellen Göttlich-Hilf und St. Anna sowie der Kreuzgang und die Türme müssen ebenfalls saniert werden. So müssen werktags die Gottesdienste weiterhin in das Clubzimmer des Pfarrheims, größere Requiems in die Heilig-Grab-Kirche verlegt werden. Architekt Zenkel rechnet mit der Fertigstellung aller Arbeiten im nächsten Jahr.
Rechenkünstler ist auch Kirchenpfleger Josef Schirmer: „Wir bleiben im veranschlagten Kostenrahmen“, bilanziert er. Die Generalsanierung schlägt immerhin mit 4,3 Millionen Euro zu Buche. Das bedeutet für die Kirchenstiftung St. Gangolf einen aufzubringenden Eigenanteil von zehn Prozent. „Wir freuen uns über jede Spende!“ bittet denn auch Schirmer um einen Obolus auf das Konto der Kirchenstiftung St. Gangolf bei der Liga Bank Bamberg, IBAN: DE65 7509 0300 0809 0262 90.