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EBERN/RÜGHEIM
Mehr Achtung vor der Kunst in der Kirche
Kommt weg: Mit dem Kunstwerk „Jesu Tod als Stachel und Himmelsweg“ hatte sich Gerhard Rießbeck (Bad Windsheim) an dem Kunstprojekt „12 (W)Orte“ zur Lutherdekade im Kirchenkreis Bayreuth beteiligt. Es war in den letzten Monaten in der Eberner Christuskirche zu sehen und wird in den nächsten Tagen abgebaut, da sich die Gemeindemitglieder bei einer Abstimmung mehrheitlich gegen einen Kauf entschieden haben. Das Foto zeigt das Deckengemälde, das Kernstück dieser künstlerischen Arbeit.FOTO: Jens Fertinger
Foto: Jens Fertinger | Kommt weg: Mit dem Kunstwerk „Jesu Tod als Stachel und Himmelsweg“ hatte sich Gerhard Rießbeck (Bad Windsheim) an dem Kunstprojekt „12 (W)Orte“ zur Lutherdekade im Kirchenkreis Bayreuth ...
Von unserem Mitarbeiter Jens Fertinger
 |  aktualisiert: 05.11.2015 03:47 Uhr

Der Gedenktag der Reformation fiel in diesem Jahr auf den Samstag. Am Abend dieses Tages lädt das evangelische Dekanat Rügheim seit Jahrzehnten zu einem Festabend ein, dieses Mal in Ebern, nicht in Rügheim. Aus zwei Gründen: Dem Festredner, dem Künstler Gerhard Rießbeck, ist es zu verdanken, dass dessen Werk „Jesu Tod als Stachel und Himmelsweg“ im Rahmen der Aktion „12 Worte – 12 Orte“ in der Eberner Christus-Kirche seinen Platz gefunden hat. Zum anderen hat sich das Themenjahr 2015 innerhalb der Lutherdekade dem Motto „Bild und Bibel“ verschrieben, so dass das Referat mit dem Titel „Kreuzigungen – Kunst zwischen Devotion und Provokation“ den Ortswechsel besonders unterstrich.

Der Bezirksposaunenchor unter Leitung von Jürgen Koch und Dekanatskantor Matthias Göttemann an der Orgel gestalteten den Gottesdienst musikalisch. In einem geistlichen Impuls bezog sich Dekan Jürgen Blechschmidt schwerpunktmäßig auf das zweite Gebot: „Du sollst dir kein Bildnis machen.

“ Er wollte es so verstanden wissen, dass der folgende Auftrag „Bete sie nicht an und diene ihnen nicht“ den entscheidenden Satz enthält. „Denn“, so Blechschmidt, „Bilder und Symbole machen die biblischen Aussagen begreiflicher, und ist nicht das schönste Bild von Gott das Gleichnis vom barmherzigen Vater?“

Der Künstler Gerhard Rießbeck lebt und arbeitet in Bad Windsheim. In seinem Referat schlug er den Bogen vom Motto der Lutherdekade zu „Kirche und Kunst“. Anhand einer Reihe prägnanter Kreuzigungsdarstellungen aus der Kunstgeschichte, „die immer ein Spiegelbild der geistigen Strömungen ihrer Zeit sind“, verdeutlichte er die Problematik des Umgangs der Kirche mit der Kunst.

Geschichtlich begann er bei den zahlreichen Darstellungen in den Katakomben, meist Gegenstände des Alltags, die mit symbolischer Bedeutung versehen wurden. Figürliche Szenen der Bibel fehlen, ebenso Kreuzigungsdarstellungen, die erst mit der Romanik häufiger werden.

Grünewalds Kreuzigungsbild

Rießbeck zeigte auch das wohl bekannteste Kreuzigungsbild aus dem Jahr 1516, gestaltet von Matthias Grünewald, das das Leiden Christi gleichzeitig drastisch, detailliert, expressiv und überhöht darstellt. Eine fast comicartige Bilderzählung findet sich bei Lukas Cranach dem Älteren. Ähnlich gestaltete 130 Jahre später der spanische Barockmaler Francisco Zurbaran. Der Referent zeigte Bilder von Caspar David Friedrich und Max Klinger (beide 19. Jahrhundert) sowie Darstellungen von Emil Nolde und Lovis Corinth zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Aus der Moderne stellte Rießbeck Kunstobjekte von Joseph Beuys, Werner Knaupp und Paul Fryer vor, die mit ungewöhnlichen Stilmitteln arbeiteten und nicht immer auf Gegenliebe stießen.

Rießbeck ging daran, für die Eberner Christus-Kirche eine aktuelle Visualisierung des Kreuzigungstextes zu entwerfen. Er bringt zwei Erfahrungswelten, die wir gewöhnlich weit voneinander getrennt sehen, die heilige und die profane, die Sonntagswelt und den Alltag in ein Bild. Der Künstler ist überzeugt, dass seine Bildfindung richtig ist für unsere Zeit und diesen Ort. Kirche und Kunst hätten eine lange gemeinsame Geschichte, die in allen Jahrhunderten zu neuen, zeitgemäßen Bildaussagen geführt hat.

Besonders am Beispiel des bildlichen Umgangs mit der Kreuzigung ließen sich die religiösen Bedürfnisse der jeweiligen Epoche gut ablesen.

Die Kunstaktion „12 (W)Orte“ sei ein schöner Einfall für aufgeschlossene Zeitgenossen in der evangelischen Kirche gewesen, so der Künstler. „Doch der Ast der bildenden Kunst in der protestantischen Kirche ist ungepflegt und schon weitgehend abgestorben.“ Zusammenfassend meinte er zu seinem Referat: „Und damit verkümmert nicht ein mehr oder weniger erfreulicher Wandschmuck, nein, damit gehen die archaische Tiefe und die gesammelte Phantasie des Nachdenkens in Bildern für die Kirche verloren! Und daher ist auch der Kunstaktion nicht die nachhaltige Wirkung beschieden, die sie verdient hätte.“

Eberts Bedauern

Während des Dekanatsempfangs im Gemeindehaus bezog sich stellvertretender Landrat Oskar Ebert auf das Referat von Rießbeck und bedauerte die Ablehnung des Ankaufs des Kunstwerks, „denn unsere Kirche braucht Kunst, und Bilder können zur Vertiefung der Glaubensbotschaft einen wichtigen Beitrag leisten“, sagte Ebert. Er dankte allen Mitarbeitern der evangelischen Kirche für deren herausragenden Einsatz: „Vom kirchlichen Engagement profitieren sehr viele Menschen. Machen Sie weiter so – bleiben Sie aktiv!“

Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann brachte Beispiele, wo sich kirchliche Institutionen lobenswert einbringen, wie das Gemeindefest, das Menschen unterschiedlicher Zivilisationen zusammenbrachte und Vorurteile abbaute.

Als Vertreter der katholischen Kirche stellte Ralf Nowak als zweiter Dekanatsratsvorsitzender im Landkreis Haßberge heraus, „dass Glaube für uns alle eine unerschöpfliche Quelle ist, er will aber auch gelebt werden, und es erfordert Mut, ihn an sich ranzulassen“. Er strich die vorbildliche ökumenische Verbundenheit der beiden Dekanate heraus und erhoffte sich weiter eine gute Zusammenarbeit.

Im Mittelpunkt des Empfangs standen Ehrungen ehrenamtlicher Mitarbeiter für 25 beziehungsweise 50 Dienstjahre. 17 Personen erhielten eine Urkunde sowie die Tontafel mit dem Segenswunsch des Dekanats und dem Siegel des Lammes.

Dass auch der Gaumen der Gäste verwöhnt wurde, dafür sorgte Siad Abdullah, ein Koch aus Damaskus, der seit einem Jahr als Asylbewerber in der Eberner Kaserne wohnt und Leckereien vorbereitet hatte.

Alle Geehrten

Posaunenbläser: Heinrich Deringer (Fischbach), Reinhold Förster (Maßbach), Richard Höhn (Schweinshaupten), Martin Kinkelin (Königsberg), Günther Mauer (Schweinshaupten), Erich Oestreicher (Oberlauringen) und Theo Sauerteig (Fischbach). Aus dem Bereich (Kinder-)Gottesdienst: Willi Andres (Sendelbach), Hannelore Barthelmann (Straßenhof), Silke und Dirk Kammlott (Jesserndorf) und Heinz Sauer (Manau). Ausgezeichnet wurden auch jene, die mehrere Ämter begleiten: Rainer Brand (Uchenhofen), Hedwig und Dietmar Lorentzen (Jesserndorf), Gisela Lohm (Ebern) und Dagmar Räth (Rügheim).

Urkunde für 17 Mitarbeiter: Dekan Jürgen Blechschmidt zeichnete Ehrenamtliche aus, die 25 oder 50 Jahre im Dekanat tätig sind.FOTO: Jens Fertinger
Foto: Jens Fertinger | Urkunde für 17 Mitarbeiter: Dekan Jürgen Blechschmidt zeichnete Ehrenamtliche aus, die 25 oder 50 Jahre im Dekanat tätig sind.FOTO: Jens Fertinger
 
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