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HAßFURT
"Matteo" will Flüchtlingen helfen
KINA - Gericht urteilt über gefährliche Hilfe von Schleusern       -  Immer noch suchen viele Flüchtlinge aus Kriegsgebieten Zuflucht in Deutschland. Der Verein „Matteo“, zu dessen Initiatoren auch die Haßfurter Pfarrerin Doris Otminghaus zählt, will ein Netzwerk rund um das Thema Asyl und insbesondere Kirchenasyl errichten.
Foto: Symboldpa | Immer noch suchen viele Flüchtlinge aus Kriegsgebieten Zuflucht in Deutschland. Der Verein „Matteo“, zu dessen Initiatoren auch die Haßfurter Pfarrerin Doris Otminghaus zählt, will ein Netzwerk rund um ...
Von unserem Redaktionsmitglied Frederik Sauer
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:08 Uhr

Die Frage, ob Asylsuchende weiterhin nach Afghanistan abgeschoben werden sollen, beschäftigt derzeit die Bundespolitik. Für viele Asylsuchende ist noch immer unklar, wie es für sie in Zukunft weitergehen wird. Auch die Flüchtlinge, die sich im Kirchenasyl der evangelisch-lutherischen Pfarrei in Haßfurt befinden, müssen um ihren Aufenthaltsstatus bangen. Zum Schutz ihrer Rechte sowie zur Unterstützung vor Gericht wird im kommenden Oktober in Nürnberg der ökumenische Verein „Matteo“ ins Leben gerufen, zu dessen Initiatoren auch Pfarrerin Doris Otminghaus aus Haßfurt zählt.

Mitte Juni dieses Jahres wurde öffentlich, dass das Kirchenasyl in Bayern durch einen Drei-Punkte-Plan der Staatsanwaltschaften de facto außer Kraft gesetzt wurde: Pfarrer, Priester und Ordensleute, die Flüchtlinge aufnahmen, wurden bei mehrfacher Gewährung des traditionsreichen Privilegs des Kirchenasyls beim ersten Mal abgemahnt, im Wiederholungsfall mit einem Bußgeld belegt. Ab dem dritten Mal solle laut der Vereinbarung das Verfahren zur „Beihilfe zum illegalen Aufenthalt“ bis zum Urteilsspruch durchgezogen werden (wir berichteten).

In Bayern wurden daher gegen Pfarrer und Kirchenvorstände Verfahren eingeleitet.

Pfarrerin Doris Otminghaus, die für ihr couragiertes Eingreifen bereits den Menschenrechtspreis der Organisation „Pro-Asyl“ und den „Sepp-Daxenberger-Preis“ der Grünen erhielt, hilft trotzdem weiterhin geflüchteten Menschen. Sie sieht das Eingreifen der bayerischen Justiz und der Staatsregierung sehr kritisch. Sie prangert dabei die Aushöhlung des Kirchenasyls an sowie insbesondere die Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan durch die Bundesregierung. Die Pfarrerin, die Abschiebungen in das Land am Hindukusch ablehnt, sieht das Kirchenasyl jedoch nur als „ultima ratio“ an.

Nur Menschen, die unmittelbar von Abschiebung bedroht sind, aber gute Gründe vor Gericht einbringen können, in Deutschland Bleiberecht oder eine Duldung zu erhalten, wird Kirchenasyl gewährt, erklärt die Pastorin. Das heißt, dass Pfarrer und Kirchenleitung vorher eine gründliche Prüfung jedes Einzelfalles vornehmen. In Haßfurt schützte die evangelische Kirchengemeinde unter diesen Bedingungen bisher insgesamt elf Geflüchtete im Pfarrhaus vor staatlichem Zugriff. Zeitgleich können maximal vier Personen dort unterkommen.

Wie die Bundesregierung vor wenigen Tagen in Berlin beschloss, werden ab jetzt nur noch Straftäter und Gefährder in das kriegsgebeutelte Afghanistan abgeschoben. Für viele im Kirchenasyl lebende Menschen – auch in Haßfurt – bringt das jedoch nichts, da ihnen wegen Untertauchens im Kirchenasyl so hohe Geldstrafen aufgebürdet wurden, dass sie bereits als Straftäter gelten.

Damit die Kirchengemeinden beim Kirchenasyl nicht auf sich allein gestellt sind, sondern unkompliziert und schnell auf verschiedene rechtliche und amtliche Kompetenzen zugreifen können, wird nun der Verein „Matteo“ gegründet. In der Initiativgruppe ist auch Doris Otminghaus aktiv. „Das zentrale Anliegen des Vereins soll die Vernetzung und Bündelung von Informationen und Beratung sowie ein Rechtshilfefonds sein“, erklärt die Pfarrerin gegenüber dem HT.

Der Verein sei ein überkonfessionelles Netzwerk zwischen den Kirchen. Lutheraner, Reformierte, Freie Gemeinden und katholische Ordensgemeinschaften werden an diesem Projekt teilnehmen. Vor allem ein Rechtshilfefonds sei nötig, da dieser zum Beispiel bei der Evangelisch-lutherischen Kirche bisher noch fehlt. Als Vorbild dient hier der Flüchtlingsdienst des Jesuitenordens, der die notwendigen Auslagen für die Prozesse Geflüchteter, die Bleibechancen haben, bezuschusst. In der Regel ist es für Ausreisepflichtige mit Bleibechancen nicht möglich, ohne solche finanziellen Hilfen vor Gericht zu ziehen.

Der Verein sieht sich als Notwendigkeit in der spezifisch bayerischen Situation gegenüber dem Kirchenasyl, wird aber auch im Rest Deutschlands seine Kompetenzen einbringen, sagt Otminghaus. Die Gründungsveranstaltung wird im Oktober in der reformierten Kirche St. Martha in Nürnberg stattfinden.

Die Haßfurter Pfarrerin legt auch dar, dass es ein Ziel sei, Planstellen im Verein zu errichten. Ob dies gelingt, ist aber noch nicht sicher, da die Höhe der Bezuschussung noch unklar ist. Auch Tagungen und Bildungsveranstaltungen rund um das Thema Asyl und speziell Kirchenasyl will der Verein anbieten.

Der Name des Vereins „Matteo“ bezieht sich auf das Matthäusevangelium, insbesondere auf die Stelle in Kapitel 25, in der es heißt: „Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen. (...) Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“

Das ist auch der Antrieb für Pfarrerin Doris Otminghaus, für ihre Überzeugungen einzutreten und diese in die Tat umzusetzen.

KINA - Gericht urteilt über gefährliche Hilfe von Schleusern       -  Immer noch suchen viele Flüchtlinge aus Kriegsgebieten Zuflucht in Deutschland. Der Verein „Matteo“, zu dessen Initiatoren auch die Haßfurter Pfarrerin Doris Otminghaus zählt, will ein Netzwerk rund um das Thema Asyl und insbesondere Kirchenasyl errichten.
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