Im Rahmen der beiden Fortbildungstage zu Beginn des neuen Kindergartenjahres bekam das Erzieherteam der Kindertagesstätte (Kita) in Maroldsweisach unter anderem Einblick in das Marte-Meo-Verfahren. Dazu hatte Kita-Leiterin Elisabeth Endreß die lizenzierte Marte-Meo-Supervisorin Virginie Puschmann eingeladen.
Marte Meo hat in den 80er Jahren von die Niederländerin Maria Aarts entwickelt. Mittlerweile wird nach dieser Methode weltweit in fast 40 Ländern gearbeitet. Auch in Deutschland ist die Methode etabliert.
Marte Meo ist Entwicklungsunterstützung mit Videobegleitung. Die Methode ist in unterschiedliche pädagogische, medizinische und therapeutische Arbeitsbereiche integrierbar. Besonders im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit hat sich die Marte-Meo-Methode bewährt. Sie konzentriert sich nicht ausschließlich auf die Eltern-Kind-Beziehung, sondern unterstützt unterschiedliche Entwicklung.
Checklisten im Einsatz
Marte-Meo entstand aus der Notwendigkeit, Eltern und Kindern mit besonderen Bedürfnissen mit einfachen Worten hilfreiche, konkrete Informationen zu geben, die für deren persönlichen Alltag verstehbar und brauchbar sind. Von einer alltäglichen Situation des Kindes wird eine Videoaufnahme gemacht. Mit Hilfe von Checklisten erfolgt eine ausführliche Videointeraktionsanalyse. Sie macht die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kommunikationsstrukturen aller Beteiligten sichtbar. Stärken werden erkannt und können aktiviert und entwickelt werden. Die Analyse bildet die gemeinsame Arbeitsgrundlage.
Im Auswertungsgespräch mit Videobildern werden konkrete Einsichten und Möglichkeiten vermittelt, mit dem Ziel, entwicklungsförderndes Verhalten in kleinen Schritten zu trainieren.
Marte Meo bedeutet so viel wie „aus eigener Kraft“. Es unterscheidet zwischen zwei grundlegenden Situationen im Alltag: die freie und die strukturierte. Jedes Kind erlebt tagtäglich Begebenheiten, in denen es einer anderen Person folgen und sich leiten lassen muss. Diese Sachverhalte wechseln sich ab mit Zeiten, die das Kind relativ frei gestalten kann. Videoaufnahmen zeigen, wann und wie das Kind positive Leitung, Strukturierung, Orientierung und Anleitung braucht. Man sieht auch gut, wie diese Leitung so gestaltet werden kann, dass es allen – Groß und Klein – gut geht.
Genaue Ansagen
Maria Aarts betont in ihren Ausführungen: „Wenn das Kind immer wieder hört: Tu dies oder das nicht, weiß es, was es nicht tun soll, aber nur selten, was genau von ihm erwartet wird.“
Auch die Initiativen der Kinder können auf Video anders wahrgenommen werden. Wenn der Erwachsene die Initiative des Kindes wahrnimmt, dieser folgt und sie benennt, kann das Kind seine eigene „Goldmine“ entwickeln, also das, was in ihm tief schlummert, etwa Sprache, Interessen, Konzentration, Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit. Damit profitieren Eltern, Fachleute und an erster Stelle die Kinder von der Arbeit mit Marte Meo.
Der Einsatz von Marte Meo in Kindertagesstätten ist vielfältig. Man kann diese Methode zum Beispiel für die Elternarbeit verwenden (Einblick in den Alltag gewähren, Vorbereitung, Informationen vermitteln, auch wenn die deutsche Sprache nicht ausreichend vorhanden ist, Einzelunterstützung). Marte Meo ist geeignet für die konkrete Beratung innerhalb der Kollegschaft. Die Arbeit mit Video eignet sich aber auch und gerade für Kinder ab vier Jahren, wenn diese eine Extra-Unterstützung benötigen.
Virginie Puschmann machte das Erzieherteam anhand von Videoaufzeichnungen, die ausführlich besprochen und diskutiert wurden, mit der Methode vertraut und ermutigte die Erziehrinnen, sich dieser Aufgabe im Alltag zu stellen. Wer sich mit Marte Meo genauer befassen möchte, kann über einen Grund- und Aufbaukurs die Kenntnisse und Fertigkeiten vertiefen. Kita-Leiterin Endreß und die Erzieherin Regina Hacker sind bereits zertifizierte Marte-Meo-Practitioner.
Rollenspiele
Anhand von Rollenspielen konnte das Team Erfahrungen sammeln, die es ihm ermöglichen, in ähnlichen Situationen entsprechend zu handeln oder zu reagieren. Beispielsweise wurden einer Person, deren Augen verbunden waren, Anweisungen gegeben, deren Ausführung die anderen lobten oder tadelten. Unschwer war für alle Beteiligten erkennbar, wie wichtig es gerade für Kinder ist, wenn deren Tätigkeiten positiv bewertet werden. Bei unerwünschtem Verhalten geht es nicht darum, dieses „abzustellen“, sondern zu erkennen, welche Fähigkeiten noch nicht entwickelt sind und woran es liegt, dass diese oder jene Person ein bestimmtes Verhalten zeigt.
Am Beispiel der Feuerwehr erläuterte Puschmann richtiges Handeln: Die Feuerwehrleute übten zunächst in einer stressarmen Umgebung die notwendigen Handgriffe und verinnerlichten diese, um diese im Ernstfall zuverlässig anzuwenden.
Nach der Schlussrunde, in der sich die Anwesenden gegenüber der Referentin äußern konnten, stellte Kita-Leiterin Endreß fest, dass sie sich freue, „die Impulse, die heute neu gekommen sind, mit dem Team in die Praxis umzusetzen“.