Michael Köhler ist keine schillernde Erscheinung, kein abgehobener Künstler, sondern ein sehr bodenständiger junger Mann. Dennoch ist er ein besonderer Student. Denn er schaffte die Aufnahme an das renommierte Max-Reinhardt-Seminar. An der Wiener Schauspielschule hat er mittlerweile vier Semester absolviert, vier weitere stehen ihm bevor. Der Weg zum Schauspieler war dem Eltmanner jedoch nicht unbedingt in die Wiege gelegt.
„In unserer Familie gibt es eher Techniker,“ sagt er. Papa (heute Bankangestellter) habe früher immerhin mal gezeichnet, und die Onkels spielten immerhin alle ein Instrument. Aber von einer Künstlerfamilie könne man nicht wirklich sprechen. Dennoch hätten ihn seine Eltern immer unterstützt.
Michael Köhler war kein Kind, das sich ständig verkleidete oder von Klein an jede Bühne suchte. Aus Interesse hat er in der 12. Klasse aber den Grundkurs „Dramatisches Gestalten“ belegt, den Katrin Hiernickel im Regiomontanus-Gymnasium anbietet. „Der Grundkurs war interessant. Da überlegte ich mir erstmals, vielleicht Theaterwissenschaften oder Schauspiel zu studieren“, erzählt Michael Köhler.
So seltsam es klingt: Am Regiomontanus-Gymnasium stand er zum ersten und bislang auch zum letzten Mal Theater spielend auf der Bühne. Bühnenerfahrung hat er dennoch gesammelt, mit seiner Band oder auch als Moderator.
Nach dem Abitur hat er sich dann doch erstmal für ein Lehramtsstudium entschieden – nicht, weil die Eltern gedrängt hätten, es sei eine „Frage der Bequemlichkeit“ gewesen, erzählt er. Neben Deutsch und Geschichte hatte er aber da schon „Darstellendes Spiel“ im Vorlesungsplan. „Ich kann mir auch heute noch vorstellen, Lehrer zu werden“, so Köhler. Doch er entschied sich nach einem Jahr, sich um die Aufnahme an eine Schauspielschule zu bewerben. Das bedeutete, eine Arbeit anzunehmen, um das Vorsprechen finanzieren zu können. „Ich habe mir zwei Jahre gegeben, dann wäre ich zurück an die Uni“, berichtet er. Vielleicht liegt es ja an seinem sehr bodenständig kalkulierenden Naturell, dass ihn seine Eltern in allen Entscheidungen immer unterstützten.
Dass dieser Weg der Richtige war, bestätigte sich nach sechs Monaten. Das Vorsprechen in Wien war dann das insgesamt Siebte. Vorher war Michael nach Berlin, Leipzig, Rostock und Hannover gereist, um sich zu bewerben. Zwei klassische und zwei moderne Monologe sind in der Regel bei solchen Vorsprechen gefordert, möglichst in Kostüm. Den Leonce aus „Leonce und Lena“, den kleinen Mönch aus dem „Leben des Galilei“, außerdem eine Textpassage aus Albert Camus‘ „Die Gerechten“ und eine Passage von Rene Pollesch „mit viel Improvisation“ gab er zum Besten am berühmten Max-Reinhardt-Seminar, an dem sich jährlich bis zu 1000 junge Menschen bewerben. Köhler gehörte zu den 13 Erfolgreichen, die jetzt den Jahrgang bilden, darunter elf Schauspieler und zwei angehende Regisseure.
Das Studium läuft gut, die Eltern sind stolz auf den Weg ihres Sohnes. Das Max-Reinhardt-Seminar brachte schließlich Größen hervor wie den Oscar-Preisträger Christoph Walz oder Legenden wie Peter Alexander, O. W. Fischer, Ute Lemper, Rudolf Prack, Nadia Tiller oder Christiane Hörbiger. Und mit der Aufnahme gelang Michael Köhler etwas, das Dieter Hallervorden nicht geschafft hat. Der wurde einst „mangels Begabung“ abgelehnt.
Das Schauspiel-Studium sei etwas ganz Besonderes, so Michael Köhler, „weil man ständig mit Leib und Seele dabei ist. Es ist extrem anstrengend, aber auch belohnend, denn es gibt nichts anderes.“
In zwei Jahren legt Michael Köhler sein Diplom ab. Und was dann? In London würde er gerne einmal spielen. In England gebe es die besten Schauspieler mit einer sehr humorvollen Art, während Humor in Deutschland oft Klamauk sei.