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OTTENDORF
Mainausbau: Fehlanzeige bei Kriegsschrott
Im Vorfeld des Mainausbaus: Bis Ende Oktober suchen Taucher im Main nach Kampfmitteln. Bislang fanden sie viel harmloses Metall, aber weniger Munition oder Waffen als befürchtet. Böse ist darüber keiner.
Seit April 2014 suchen Taucher im Main zwischen Ottendorf und Forst (hier am Fußgängersteg bei Untereuerheim) nach Kampfmitteln im Main.
Foto: Michael Mößlein | Seit April 2014 suchen Taucher im Main zwischen Ottendorf und Forst (hier am Fußgängersteg bei Untereuerheim) nach Kampfmitteln im Main.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 05.11.2015 20:44 Uhr

Kampfmittelräumung im Main – klingt spektakulär. Fast automatisch schießen einem Bilder von verrosteten Bomben, Kisten voller Granaten und haufenweise Schießprügel aller Art durch den Kopf. Die Realität zwischen Ottendorf, Gädheim und Forst sieht anders aus. Seit Anfang April suchen Experten dort im Main nach möglichen Explosivstoffen. Etwas Gefährliches haben sie bislang nicht gefunden. Zum Glück, sagen alle Beteiligten.

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Mareike Bodsch ist eine der Verantwortlichen, die froh darüber ist, dass die Realität weniger spannend ist als das Kopfkino. Denn auf Bomben und Granaten im Main ist sie ganz bestimmt nicht scharf. Als Leiterin des Wasserstraßen-Neubauamtes (WNA) in Aschaffenburg ist sie letztlich die Auftraggeberin der Männer, die seit einem halben Jahr in Taucheranzügen auf dem Maingrund nach versenkter Munition, Waffen und Kriegsschrott suchen.

Doch zu einem endgültigen Fazit, was das Ergebnis der Suche angeht, ist es noch zu früh. Die Suche ist noch nicht abgeschlossen. Vermutlich bis Ende Oktober wird die vom WNA beauftragte Spezialfirma aus der Nähe von Bremen noch mit der Suche und Bergung möglicher Kampfmittel in dem gut eineinhalb Kilometer langen Mainabschnitt beschäftigt sein. Inklusive Nachkontrolle zur Qualitätssicherung, in die auch eine separate Firma eingeschaltet ist, wird die Suche noch bis Mitte November dauern, und damit etwa eineinhalb Monate länger als zunächst geplant.

Den verspäteten Abschluss der Suchaktion begründet die Leiterin des WNA mit einer ungeplanten Erweiterung der Suchfläche auf einen Bereich bei Forst, der eigentlich nicht untersucht werden sollte. Es hatte Hinweise aus der Bevölkerung gegeben, dass dort im Main etwas zu finden sein könnte. Dem sei man natürlich nachgegangen, meint Mareike Bodsch. Und tatsächlich holten Taucher an besagter Stelle die nicht unerhebliche Menge von rund 4000 Gewehrpatronen aus dem Wasser. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um keine Kriegsmunition, sondern um eine illegale Entsorgung, die zeitlich in die Nachkriegsjahre fällt, berichtet Bodsch.

Die bei Forst geborgene Munition war nach Angaben des WNA der vom Umfang her größte Einzelfund an geborgenen Waffen und Munition im Rahmen der laufenden Suche. „Ansonsten waren das eher Kleinteile“, sagt Bodsch, „beispielsweise Teile von Pistolen“.

Die Taucher hatten – und haben – dennoch genug zu tun und kehren nach ihren Fahrten im sogenannten Mannkorb, der sie auf den Grund des in diesem Bereich zweieinhalb Meter tiefen Mains hievt, nicht mit leeren Händen an die Wasseroberfläche zurück. Metallschrott – überwiegend Kleinkram, wie Fetzen von Stahltauen, Ketten oder Fahrzeugteile – fanden die Taucher in einer schwer bezifferbaren Menge.

Zum Schutz der Arbeiter

Wie bereits berichtet, steht die Kampfmittelsuche im Main im Zusammenhang mit der in den kommenden Jahren anstehenden Verbreiterung des Mains und der Vertiefung der Fahrrinne. Um eine Gefährdung der Arbeiter zu minimieren, wird vorab nach möglichen gefährlichen Gegenständen auf dem Flussgrund gesucht.

In erster Linie geht es hier um Relikte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Denn in den letzten Kriegswochen haben sich zurückziehende Truppen häufig Waffen und Munition einfach im nächsten Gewässer versenkt. Nachdem Archivrecherchen und die Auswertung von Luftbildern, die alliierte Aufklärungsflugzeuge im Frühjahr 1945 von der Maingegend zwischen Schweinfurt und Bamberg gemacht haben, ergeben hatten, dass im Bereich von Ottendorf-Gädheim-Untereuerheim gekämpft wurde und sich dort Truppen aufhielten, lag der Verdacht nahe, im Main auf Kriegsschrott zu stoßen. Und dieser stellt auch heute noch, fast 70 Jahre später, für Menschen eine Gefahr dar.

Da spektakuläre Funde bislang ausblieben, ging die Kampfmittelsuche den Sommer über ohne großes Aufsehen in der Öffentlichkeit über die Bühne. Auch auf vollständige Fahrzeuge – die laut WNA immer wieder mal aus dem Main gefischt werden – sind die Taucher im untersuchten Abschnitt nicht gestoßen. Wäre größeres Kriegsgerät im Main entdeckt worden, wäre das mediale Interesse an den Arbeiten sicherlich explodiert.

Dies hat erst vor wenigen Wochen, Anfang August, der Fund einer fast vollständig erhaltenen Vierlingsflak (Flugabwehrkanone) in einem Acker bei Schwebheim nahe Schweinfurt gezeigt. Doch auf einen solchen Rummel können die Verantwortlichen des WNA gerne verzichten. Und die Taucher, die den Grund des Mains Zentimeter für Zentimeter absuchen, erst recht.

 
Auf Tauchstation: Ein Mannkorb bringt die Taucher, die im Main Kampfmittel suchen, auf den Grund und an die Oberfläche zurück. Das Bild entstand im April dieses Jahres.
Foto: Mößlein | Auf Tauchstation: Ein Mannkorb bringt die Taucher, die im Main Kampfmittel suchen, auf den Grund und an die Oberfläche zurück. Das Bild entstand im April dieses Jahres.
 
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