
Kein Rasenmähen im Mai. Mit dieser Empfehlung hat sich kürzlich die Deutsche Gartenbau-Gesellschaft zu Wort gemeldet. Sie möchte anregen, den Mäh-Rhythmus in Hausgärten und auf kommunalen Rasenflächen, an Wegrändern und auf Wiesen natürlichen Wachstumsprozessen besser anzupassen. Auch im Landkreis Haßberge werben Gartenbau-Experten für diese Idee.
Otto Elsner wohnt in Rottenstein, ist Biologe und Mitarbeiter des Instituts für Vegetationskunde und Landschaftsökologie in Unterfranken. "Alles neu macht der Mai", zitiert er ein bekanntes Sprichwort und meint damit das ökologische Gleichgewicht: Natürliches Pflanzenwachstum sei in keinem Monat so üppig wie im Mai. Eine Mahd in das Wachstum hinein könne dem Gedeihen ein jähes Ende bereiten: "Nur wenige Blumenarten sind so mahdtolerant wie Gänseblümchen und Löwenzahn." Diese beiden hätten so viel Blattgrün im Bodenbereich, dass es ihnen leicht falle, unentwegt neue Blüten hervorzubringen.

Doch viele heranwachsende Pflanzen hielten einem regelmäßigen Schnitt nicht stand, kämen nicht zum Blühen, und verlören mit den Jahren ihre Lebenskraft. Das sei auch der Grund, warum naturbelassene Wiesen viel bunter blühen als kurzgehaltene Rasenflächen.
Pflanzenwachstum als Schlüssel für Artenvielfalt
Genau hier setze der Aufruf der Gartenbau-Gesellschaft an: Jede Blüte zähle, und je mehr unterschiedliche Blumen blühen, desto größer und vielfältiger sei das Nahrungsangebot für Insekten und allerhand weiteres Getier. "Warum fliegen Schmetterlinge auf Wiesen?", nennt Elsner ein Beispiel.

Auch gebe es Bienen, die nur spezielle Blüten ansteuern. Wird solch eine Pflanze vor der Blüte gemäht, verliert die Wildbiene ihren Lebensraum. Und das habe weitere Folgen: Je höher die Insektenanzahl, desto größer ist auch das Nahrungsangebot für Vögel. "Vieles greift ineinander, wir bewegen uns in einem komplexen Netz des Lebens."
Leben und leben lassen: Rasenflächen zum Wachstum freigeben
Elsner empfiehlt, zumindest einen Teil der Rasenflächen beim Mähen unbehelligt zu lassen. Wo sich im Garten Laufwege befinden oder wo Kinder spielen, biete es sich dann doch an, den Rasen kurzzuhalten. Aber wo das nicht der Fall ist – bei ungenutzten Freiflächen oder entlang von Zäunen, Mauern und Wegen – könnten doch Gartenliebhaberinnen und -liebhaber der Natur freien Lauf lassen.

Hierfür sei mancherorts ein Umdenken notwendig, eine geänderte Vorstellung von einem "aufgeräumten Garten". Doch es führe zu einem Gewinn für viele Sinne: die Vielfalt der Blütenfarben für das Auge, der ausströmende Geruch für die Nase, Vogelgesang und das Zirpen von Grillen für das Ohr.
Der Garten im Klimawandel: Natürliches Wachstum vermindert Wasserverbrauch
Auf den Klimawandel weist Guntram Ulsamer, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt Haßberge, hin: "Wenn in den Sommermonaten hohe Temperaturen und Trockenperioden den Pflanzen zusetzen, ist deren Resilienz von besonderer Bedeutung. Ein kurz geschnittener Grashalm hat das Bedürfnis zu wachsen. Hierfür braucht und verbraucht er Nährstoffe und Wasser." Sein hochgewachsener Artgenosse sei dagegen erheblich widerstandsfähiger und komme daher mit der Situation bedeutend besser zurecht.

Welches Potenzial an Blütenreichtum eine Wiese haben kann, zeigt die Stadt Haßfurt an der Zeiler Straße. Dort wird Mitte Juni erstmalig gemäht, erklärt Dietmar Will vom Bauamt.
Otto Elsner erklärt, die Idee, im Mai nicht zu mähen, stamme ursprünglich aus England. "No Mow May" (mähfreier Mai) lautet dort der Slogan. Auch die Idee der grünen Rasen sei einst von der Insel gekommen. Umweltschützerinnen und -schützer hoffen nun, dass der neue Trend den gleichen Erfolg hat wie sein Vorgänger.
Auch beim Water Closet - ursprünglich eine Erfindung aus England - kann durch eine Umkehr lieb gewordener Rituale z.B. durch die Umstellung auf eine Trockentoilette, jeden Tag sehr viel Wasser gespart werden.
Man muß nur wollen. Jeden Tag eine neue Spitzenidee, um unser Leben ökologisch zu optimieren.
"Every day a new idea" wie die Briten sagen würden….