Bei guter Gesundheit feierte Lydia Weppert aus Oberhohenried am Mittwoch ihren 90. Geburtstag.
Mit dem Mädchennamen Krauser kam die Jubilarin am 7. Oktober 1930 in ihrem Heimatdorf zur Welt. 1936 begann für sie der "Ernst des Lebens", als die Einschulung anstand. Ausgerüstet mit Schultafel, Schwann, Lappen und Griffel führte der Weg in die in die evangelische Volksschule im Nachbarort Unterhohenried. "Schultüte gab es damals keine", beschreibt Lydia Weppert die damals schwierige Zeit. Nach der Schulzeit half sie ihren Eltern, die außerdem noch ein Baugeschäft hatten, in ihrem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb.
An das Entstehen einer ganz besonderen Freundschaft, die ihr Leben geprägt hat, erinnert sich Lydia Weppert gerne zurück. Nach Kriegsende kamen Flüchtlinge nach Oberhohenried, und der damalige Bürgermeister Haßfurther schaute sich alle Häuser an, um Schlafmöglichkeiten für die Vertriebenen zu finden. "Das Mädchen schläft bei Lydia", beschloss das Ortsoberhaupt und quartierte ein junges Mädchen im gleichen Alter in ihrem Zimmer ein, das zusammen mit ihrer Mutter und Oma aus Ostpreußen kam.
Daraus entwickelte sich eine innige Freundschaft, die bis zum Tod der Freundin vor einiger Zeit halten sollte. Sie fühlte sich verbunden mit Oberhohenried und besuchte Lydia über fünf Jahrzehnte lang regelmäßig zu Hause. Auch haben die beiden etliche Urlaube und Unternehmungen miteinander genossen, wie zum Beispiel den Besuch der Oper in Frankfurt und zahlreicher Museen.
Beim Dorffest funkte es
Ihren späteren Mann Artur Weppert kannte das Geburtstagskind eigentlich schon immer, denn er stammte auch aus Oberhohenried. Nach seiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft lernten sich beide besser kennen, ehe es bei einem Dorffest so richtig gefunkt hatte. Lydia Weppert war damals Ehrendame und saß auf einem Pferd, so dass sie die volle Aufmerksamkeit ihres Verehrers hatte.
1952 wurde schließlich in der evangelischen Kirche Sankt Michael in Unterhohenried geheiratet. In den Garten der Eltern baute das junge Paar sein Eigenheim, in dem Lydia Weppert heute noch zusammen mit der Familie einer ihrer Söhne lebt. Ihr Mann war damals bis zum Ruhestand bei den Fränkischen Rohrwerken in Königsberg als Werkmeister in der Schmiede beschäftigt. Lydia Weppert zog die Söhne Wolfgang und Rainer sowie Tochter Dorle groß und führte den Haushalt.
Poststelle und Zustellerin
Anfang der 1970er-Jahre war die örtliche Poststelle im Haus der Wepperts. In der Anlaufstelle für das ganze Dorf gefiel Lydia Weppert die Arbeit sehr gut, denn sie kam mit sehr vielen Einwohnern regelmäßig in Kontakt. Damals wurden auch noch viele Überweisungen und Rentenzahlungen in bar abgewickelt, deren Durchführung die kontaktfreudige Frau erledigte.
Später als die Poststelle aufgelöst wurde, war Lydia Weppert die erste Frau, die als Landzustellerin Teile von Haßfurt mit der täglichen Post versorgte. Lange Zeit pflegte sie auch ihren Mann zu Hause, bevor er 1998 krankheitsbedingt starb.
Lydia Weppert ist noch sehr aktiv, trifft sich regelmäßig mit anderen im Seniorenkreis, wenn es die Pandemie zulässt, und löst leidenschaftlich gerne Sodoku-Rätsel.
Ihren runden Geburtstag feierten neben den drei Kindern und ihren Partnern auch sieben Enkel und sechs Urenkel mit. "Die Kinder sind mein Lebenselixier" sagte Lydia Weppert und verrät ihre Lebenseinstellung, die nach ihrer Meinung die Wurzel zum Alt werden ist: "Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben und konnte alles Unschöne immer schnell vergessen." Besonders freute sich die Seniorin über ein Ständchen der Blaskapelle Oberhohenried unter der Leitung von Gerald Lenhardt.
Im Garten unter einem Nußbaum, den ihre Eltern seinerzeit gepflanzt haben und der genauso alt ist wie Lydia Weppert, wurde das Geburtstagsfest gefeiert. Ihre schriftlichen Glückwünsche übermittelten auch Ministerpräsident Markus Söder, Landrat Wilhelm Schneider und Bürgermeister Günther Werner.