Eine ältere Frau hat es ihr einmal klipp und klar gesagt: „Eine von uns wirst Du nie“. Jutta Meierott lächelt und wirkt nachdenklich zugleich. Nein, eine richtige Nassacherin wird sie vielleicht nie. Aber lieben darf man diesen Ort dennoch. Und das tut sie. Nichts anderes zeigen die 75 Seiten des Büchleins, das sie jetzt geschrieben hat. Es ist eine Liebeserklärung an den Ort, vor allem aber an seine Menschen.
Vor knapp drei Jahrzehnten hat die Botanik die Meierotts in den Haßbergkreis und Nassach geführt. Ihr Mann Lenz hat die Flora von Haßberge und Grabfeld wissenschaftlich untersucht. Seit 27 Jahren besitzen die Meierotts ein Haus in Nassach. Fasziniert und berührt zugleich war Jutta Meierott dabei schon immer von der Geschichte, die dieser Ort zu bieten hat, aber noch mehr von den Geschichten seiner Menschen.
Seit zwei Jahren hat sie nun diese Geschichten gesammelt. Von Menschen, die heute 70 Jahre und älter sind. Ihre Erinnerungen, vor allem aber, wie sie diese Zeit des großen Umbruchs in den vergangenen Jahrzehnten erlebten, hat sie in vielen Gesprächen gesammelt.
Zum einen ist für sie dabei ein „Steinbruch“ an Eindrücken entstanden, aber noch mehr die Einsicht: Der Schatz an Erinnerungen, den die Menschen mit sich tragen, darf nicht verloren gehen. Anekdoten, Alltagsgeschichten, Rezepte oder auch nur vermeintlich einfache Kleiderfragen werden, wenn sie schon beinahe in Vergessenheit geraten sind, geradezu spannende Erzählungen, berichtet Meierott von den vielen Gesprächen mit den Nassachern.
Darum wollte sie auch kein Geschichtswerk schreiben, sondern es sollte ein Lesebuch werden über das, was das Leben der Menschen in dieser Generation ausmacht.
Tiefe Spuren haben dabei die Kriegszeiten hinterlassen. Das haben ihre Gespräche immer wieder gezeigt. Und sie finden auch breiten Platz in ihrem Lesebuch. Etwa die Situation der Zwangsarbeiter in der Ortschaft, aber auch die ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg.
Geschichten späteren Generationen erhalten, dazu gehört auch ihre Sammlung von Hausnamen, die Meierott aufgelistet hat. In Nassach waren Hausnamen besonders wichtig, so Meierott, denn es gab viele gleichnamige Familien. Aufbauen konnte sie hier auf eine bestehende Auflistung, um sie zu vervollständigen bekam sie auch hier viel Unterstützung von Nassachern.
Den Wandel Nassachs an seinen Menschen, in dieser Umbruch-Generation, aufzuzeigen, dazu gehört auch eine Schilderung, was früher den Mittelpunkt der Menschen ausmacht. Was es hieß Bauer zu sein, oder welchen Reiz und welche Mühen mit dem Attribut „Kirschendorf Nassach“ verbunden waren.
Aber nicht nur Erzählungen gab es für die Wahl-Nassacherin: Viele Fotografien bekam sie beim Sammeln ihrer Geschichten. In ihrem Buch zeigen sie zusammen mit den Geschichten, wie sehr sich die Lebenswelt der Menschen in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat: Bilder etwa vom Kirschfest sind ebenso zu sehen, wie von der Arbeit auf dem Feld mit Pferd und Sense. Viele Lebensabschnitte _ von der Kinderzeit der Menschen, über die Hochzeit bis hin zum Gang zum Friedhof konnte sie abbilden, „einfach alles, was das Leben ausmacht“, sagt Jutta Meierott.
Fasziniert kehrte sie immer wieder von Gesprächen zurück, fasziniert davon, welche Schätze an Erinnerungen die Menschen haben. Und noch etwas hat sie beeindruckt: „Es hat mich immer wieder tief bewegt, welche Größe in Menschen steckt, die darüber nach außen hin gar kein Aufhebens machen“.
Ihr Buch „Nassacher Gschichten“ präsentiert Jutta Meierott am Mittwoch, 10. April, ab 19.30 Uhr im Pfarrscheune in Nassach. Das Buch kann im Dorfladen von Aidhausen zum Preis von sechs Euro erworben werden.