Die visuelle Inszenierung ist perfekt. Ein Küken sitzt auf der Schulter des lachenden Mästers. Die heile Bauerngroßfamilie wird in Szene gesetzt. Kinder und Küken als Sympathieträger. Das Kindchenschema zieht immer. Wiesenhof kennt den Trend und bedient ihn fotografisch gekonnt. Weniger Tiere, die länger leben und scharren, Strohballen anpicken und auf Händen von Mästern sich werbewirksam einbringen dürfen. Welch ein Fortschritt! Doch letzten Endes sind die Bauern heute immer noch Leibeigene, unfrei und den Herrschenden dienend. Alles wie gehabt. Den Guttenbergs der alten Welt nicht mehr tributpflichtig, begeben sie sich freiwillig in die Hände der Diktatoren der neuen Welt, die Fahne des Bundschuhs nur eine Erinnerung und Schmach. Das „Bauernlegen“ des Mittelalters findet heute ebenfalls statt, allerdings subtiler. Mittlerweile diktiert Wiesenhof den Kurs, die Bauern wieder mal nicht. Sie sind nur Sklaven der Marktpolitik. Und nun auch noch zertifiziert mit dem Siegel des Deutschen Tierschutzbundes.
Bleibt die Frage nach den Beweggründen für den Gesinnungswandel des Geflügelmästers. Kann es sein, dass die Marktsituation und der angestrebte Image-Wandel bei Wiesenhof die Ansichten des Mästers beeinflussen? Eine autonome Bauernschaft sieht anders aus.
Stephan Krines 97478 Knetzgau