Und plötzlich ist alles wieder da, obwohl es rund drei Jahrzehnte zurückliegt. Andreas Schmitt breitet Plakate aus und als Ina Deter, Wolf Maahn oder ein nackter Mann von hinten zum Vorschein kommen, sprudeln aus Günther Geilings und Werner Mocks Mund die Geschichten nur so heraus. Eine „coole Zeit“ – dieses Attribut erhalten die 80er Jahre immer wieder im Rückblick. In Hofheim waren sie aber vor allem heiß und laut, mitunter sehr laut.
Dafür haben unter anderem diese drei inzwischen ergrauten Herren gesorgt. Sie gehörten zum Organisationsteam des Hofheimer Jugendzentrums JUZ, das in den 80er weit über Hofheim hinaus mit Konzerten für Schlagzeilen sorgte.
Frage: Was kommt zuerst in den Sinn, wenn Sie an die Konzert-Ära des JUZ in Hofheim denken. Günther Geilings Antwort kommt ohne Umschweife: „Seitdem hab' ich meinen Tinnitus. Und der Werner hat gelitten. Ach Gott, was hat der Werner gelitten“. Und der erinnert sich nur zu genau: „Manchmal war's so laut, dass ich in der Küche die Rollos heruntergelassen hab'“, sagt Werner Mock schmunzelnd nachdenklich.
Rund 20 große Konzerte veranstaltete das JUZ in den 80er Jahren, knapp 40 dürften es insgesamt in der Ära der drei gewesen sein. Große Namen stehen auf den Plakaten, die Andreas Schmitt auf dem Tisch ausgebreitet hat, dabei hatte eigentlich alles eher unscheinbar begonnen. „Unser Ansatz war, dass der Jugendtreff ein Podium bietet für Gruppen aus der Region,“ erinnert sich Günther Geiling an die Geburt der Konzert-Idee. Das erste Konzert startete so auch im eher familiären Rahmen: Als Sommerfest des JUZ im Jugendzentrum im Juli 1981.
Eine verblüffende Erfahrung machten die Veranstalter schon nach wenigen Konzerten, die dann als Open-Air-Veranstaltungen stattfanden: Selbst bei vermeintlich unbekannten Bands kamen bis zu 500 Besucher, berichtet Andreas Schmitt.
„Uns wurde klar: Die Idee funktioniert“, so Geiling. Die Musiker hatten Gelegenheit aufzutreten und es kamen immer genügend Zuschauer, dass man auch finanziell „herauskam“. Nur ein einziges Mal habe man aus der eigenen Tasche „drauflegen“ müssen, berichtet Mock.
Leicht lässt sich auf den Plakaten ablesen, woher der Tinnitus von Geiling und das Leiden des Werner Mock herrühren: „Heavy Metal hat gezogen“, lacht Schmitt. Dass in Hofheim etwas geht, das hatte sich dann auch nach wenigen Jahren herumgesprochen.
Eine Konzertagentur rührte sich bei Andreas Schmitt und bot Wolf Maahn an. Schmitt: „Ich kannte den damals gar nicht. Hab mir dann erst einmal eine Platte von einem Bekannten geliehen und Maahn angehört“. 1983 kam Maahn und das Jahr markierte damit den Beginn einer musikalischen Freundschaft: Dem ersten folgten in den folgenden Jahrzehnten sechs weitere Auftritte. Auch heute noch hat Schmitt immer wieder Kontakt zu Maahn.
Wenngleich der erste Auftritt mit Hindernissen verbunden war: Der erste Konzerttermin fiel aus, wegen Stimmproblemen bei Maahn. Der zweite Termin platzte dann beinahe erneut, denn Maahn stand mit seiner Crew in Hofheim im Taunus, bevor er dann nach Hofheim eilte. Dort warteten bereits alle geduldig auf ihn.
So groß einzusteigen war zwar nicht ohne, „aber wir dachten, 2000 Mark, das Risiko gehen wir ein“ und es wurde ein Erfolg, wie alle anderen Maahn-Konzerte auch, „der war nie ein Flopp“, so Schmitt. Und irgendwie war es für die Organisatoren schon auch etwas Besonderes, wenn sie auf dem Tourenplan lasen: Frankfurt, München, Hofheim.
„Maahn war auf jeden Fall der Einstieg in die Profi-Liga“, sagt Schmitt schmunzelnd. Und diese Konzertepoche fand ihren Höhepunkt im Jahr 1986: Ina Deter sang „Neue Männer braucht das Land“ in Hofheim, Eric Burdon gastierte ebenso wie Roger Chapman. Hört sich gut an, was an großen Namen in der TV-Halle auf der Bühne stand, allerdings war das im Hintergrund mit heißen Tagen der Vorbereitung verbunden.
Bis zu 30 Leute des JUZ waren in die Vorbereitungen mit eingebunden. Vom Plakate kleben (Geiling: „Seitdem kenne ich jeden Ort im Landkreis“), bis hin zum Klo putzen irgendwann nach vier Uhr nach dem Konzert, musste alles gemanagt werden.
Nicht zu vergessen die speziellen Wünsche der Stars, sagt Andreas Schmitt augenzwinkernd und erinnert sich, dass er etwa wegen eines speziellen Mineralwassers – und nur das durfte es sein – bis nach Bamberg fahren oder veganes Essen besorgen musste (Schmitt: „Ich wusste da noch nicht mal, was vegan bedeutet“).
Viele hatten in dieser Zeit dazu beigetragen, dass die Konzerte zu Erfolgen wurden, berichten die drei. Der TV Hofheim etwa, der bereit war, die Halle zur Verfügung zu stellen, aber auch die geduldigen Nachbarn, wenn's mal wieder laut wurde.
Vor allem aber schafften diese Konzerte eines – und dies war auch das zweite Motiv, warum man damals in die Konzert-Veranstalter-Idee eingestiegen war: „Im JUZ entwickelte sich ein unheimliches Wir-Gefühl“. Und der Stolz über den gemeinsamen Erfolg, ließ nach jedem Konzert allen Stress wieder vergessen.
Das Jahr 1980
Januar
Erfreuliche Meldung zum Jahresauftrakt: Die Telefongespräche im Nahbereich werden billiger und kosten nun nur noch 23 Pfennige pro Einheit.
An den Ortsschildern hängen die Warntafeln: Im Landkreis geht die Tollwut um. Der Hofheimer Carnevalclub feiert im Haus des Gastes sein 25-jähriges Bestehen.
Februar
Starker Regen führt zu erheblichen Überschwemmungen im Landkreis. Die Drogenhilfe Tübingen will im Industriegebiet in Hofheim eine Ausbildungswerkstatt für Drogenabhängige bauen. In Hofheim beginnt die Suche nach einem geeigneten Gebäude, wo ein Jugendtreff einziehen könnte. In Hofheim entsteht die neue Raiffeisen-Mehrzweck-Halle. Das Bayerische Fernsehen berichtet aus der Rebellenhochburg Ermershausen.
März
Der Landtagsabgeordnete Kurt Sieber aus Königsberg macht sich für Ueschersdorf stark: Im Dorf soll eine öffentliche Telefonzelle aufgestellt werden.
In Hofheim wird der Verein „St. Johannes“ gegründet, an dem in Zukunft der Kindergarten und eine Sozialstation angebunden sein sollen. Großzügige Gesten: Für die Renovierung der Kirche in Kerbfeld gehen aus der Bevölkerung Spenden in Höhe von 35 000 Euro ein. Die Innere Mission will das Pflegeheim im Schloss Ditterswind wegen der zu erwartenden hohen Sanierungskosten aufgeben.
April
Premiere: In der Nacht zum Ostersonntag tritt in der BRD die Sommerzeit in Kraft. Die Marktgemeinde Burgpreppach erhält ein eigenes Wappen. In Ditterswind bildet sich eine Bürgerinitiative, um die Auflösung des Pflegeheims zu verhindern. Die Raiffeisen-Volksbank in Hofheim nimmt eine moderne Lastwagen-Waage in Betrieb.
Mai
Zum zweiten Jahrestag des umstrittenen Polizeieinsatzes in Ermershausen wird vor dem Rathaus die sogenannte Friedensglocke aufgestellt. Sie steht bis zum heutigen Tag dort.
Juni
Gleich drei neue Gebäudekomplexe werden eingeweiht und ihrer Bestimmung übergeben: in Bundorf ein neuer Kindergarten, in Goßmannsdorf die neue Sparkasse und in Aidhausen der Neubau der Kirche.
Juli
Der SV Mechenried weiht sein neues Sportheim ein. Starke Regenfälle gefährden die Ernte der Landwirte und führen erneut zu massiven Überschwemmungen im Landkreis. Fußballboom: Zum ersten Mal startet der SV Hofheim mit drei Männermannschaften in die Saison. In Haßfurt wird der Erweiterungsbau der Staatlichen Berufsschule seiner Bestimmung übergeben.
September
In Hofheim wird das städtische „Haus des Gastes“ nach Renovierung unter einem neuen Pächter offiziell wiedereröffnet.
Oktober
Die neue Kreisstraße von Haßfurt in Richtung Ebern wird für den Verkehr freigegeben. In München wird die Klage der Gemeinde Ermershausen gegen die Zwangseingliederung nach Maroldsweisach verhandelt.
November
Die neue Kläranlage für Goßmannsdorf, Rügheim und Ostheim wird eingeweiht. Erwin Borst wird für seine 20-jährige Tätigkeit als 2. Bürgermeister von Hofheim geehrt. Der damals dienstälteste Stadtrat Georg Rathgeber hält die Laudatio auf Borst. Der 2. Bürgermeister erhält als Dank ein geschnitztes Stadtwappen.
Dezember
Niederlage für Ermershausen: Der Bayerische Verfassungsgerichtshof schmettert die Klage gegen die Eingemeindung ab. Der Hofheimer Stadtrat beschließt Sofortmaßnahmen, um die Reste der historischen Stadtmauer für die Nachwelt zu erhalten.