Vor knapp zwei Jahren hat der bayerische Heimatminister Markus Söder die aus Eberner Sicht Frohe Botschaft verkündet, dass die Landesbaudirektion ihren Sitz von Nürnberg in die frühere Kreisstadt verlegen wird. An die vom Freistaat forcierte Behördenverlagerung knüpften nicht wenige die Hoffnung auf einen schnell spürbaren Aufschwung in den strukturschwachen Regionen, durch den Zuzug aus den Ballungszentren. In Ebern hat die neue Behörde des Bundes am 2. Januar mit einer Rumpfmannschaft ihren Dienst aufgenommen. Das Füllhorn hat sich damit über Ebern aber noch lange nicht geöffnet.
Acht Mitarbeiter sind zum Stichtag ins Alte Rathaus, mitten in der Eberner Altstadt eingezogen. Tröpfchenweise werden in den kommenden Wochen weitere folgen. Das Staatliche Bauamt Schweinfurt hatte die Büroräume im ersten und zweiten Stock des historischen Gebäudes soweit nötig saniert. 600 Quadratmeter stehen der Behörde dort zur Verfügung – viel Platz für maximal 25 Mitarbeiter, die dort einmal arbeiten sollen. Die Stadt Ebern nutzt weiter zu bestimmten Terminen den Trausaal und die Rathaus-Halle.
Von vornherein war klar, dass es sich bei dem Domizil im Alten Rathaus, das die Stadt laut Bürgermeister Jürgen Hennemann vorerst für bis zu fünf Jahren an die Landesbaudirektion vermietet hat, um eine Interimslösung handelt. Aktuell laufen Verhandlungen über den Erwerb eines Grundstücks in Ebern, auf dem ein Neubau entstehen soll, in den die Behörde mit ihren 100 Stellen, die laut Vorgabe des Ministeriums dort angesiedelt werden, einzieht. Derzeit gehe man davon aus, den Umzug in ein neues Gebäude, das auf jeden Fall zentral im Stadtgebiet und nicht am Stadtrand stehen soll, bis zum Jahr 2025 abzuschließen, berichtet Johannes Nolte, der Leiter der Landesbaudirektion.
Früher war seine in Nürnberg beheimatete Behörde Teil der Autobahndirektion Nordbayern. Dort ist sie mittlerweile als eigenständige Bundesbehörde ausgegliedert worden. Nolte trägt deshalb seit 1. Januar auch den Amtstitel „Präsident“, was dem 57-Jährigen allerdings nicht sonderlich wichtig; er erwähnt es ganz nebenbei, am Ende des Gesprächs in seinem neuen Büro in Ebern.
Viel wichtiger ist ihm das Anliegen, geeignete Mitarbeiter zu finden. Bisher hat sich der Aufbau am Standort Ebern vor allem darauf konzentriert, Mitarbeiter für die Verwaltung und fürs Personal zu finden, denn diese Bereiche, die bis zur Ausgliederung die Autobahndirektion übernommen hatte, mussten neu geschaffen und besetzt werden. Noch schwieriger gestaltet sich die Suche nach Fachleuten, beispielsweise Architekten, Bauingenieure, Juristen, Maschinenbauer, Informatiker oder Geologen. „Der Arbeitsmarkt ist wie leer gefegt“, schildert Nolte die Misere. Hinzu kommt, dass Bewerber idealerweise Erfahrungen in der Bauverwaltung mitbringen sollten. Doch solche Glücksfälle sind äußerst selten, stellt der Behördenleiter fest.
Und noch etwas müssen Nolte sowie Gerald Neller, der als Leiter der Abteilung „Zentrale Angelegenheiten“ seinen Hauptsitz in Ebern hat, nach ihren bisherigen Erfahrungen festhalten: Der Standort Ebern wirkt auf Stellenbewerber nicht unbedingt als Magnet. Von den acht Mitarbeitern, die derzeit in Ebern sind, ist kein einziger nach Ebern oder in die Region gezogen. Alle stammen aus der Region und pendeln täglich hierher. Zu ihnen zählt auch Neller selbst. Für den 55-Jährigen hat der Umzug der Behörde nach Ebern einen klaren Vorteil gebracht. Er wohnt bei Seßlach und Ebern liegt für ihn deutlich näher als Nürnberg, wohin er zuvor gependelt ist.
Doch unter den Mitarbeitern der Landesbaudirektion, die in oder bei Nürnberg wohnen, gehe die Bereitschaft gegen Null, berichtet er, künftig nach Ebern zu fahren oder gar dorthin zu ziehen. Nolte und Neller kennen keinen einzigen Kollegen, der so etwas vorhat. Es gebe allerdings Kollegen, die zwischen Nürnberg und Ebern wohnen und die künftig nach Ebern kürzere Wege zur Arbeit haben als nach Nürnberg.
Als Minister Söder im März 2015 die geplante Behördenverlagerung verkündete, habe unter den Mitarbeitern der Landesbaudirektion „das blanke Entsetzen“ geherrscht, gesteht deren Leiter ganz offen. Es sei ein richtiggehender Schock gewesen, der aus heiterem Himmel kam. Davon, dass die Landesbaudirektion betroffen ist, war zuvor nichts zu den Betroffenen durchgedrungen. Quasi alle Mitarbeiter hätten zunächst einmal auf der Landkarte suche müssen, wo Ebern überhaupt liegt.
Beruhigend habe allerdings die Ansage von oberster Stelle gewirkt, dass kein Mitarbeiter – auch kein Beamter – gegen seinen Willen nach Ebern abkommandiert wird. Viele schauen sich deshalb jetzt nach einem anderen Arbeitsplatz im Raum Nürnberg um, berichtet Nolte, der selbst in der Nähe von Bad Tölz, südlich von München wohnt, und aktuell an drei Standorten der Landesbaudirektion arbeitet: in München, Nürnberg und jetzt in Ebern. Wenn er mit dem Zug von Nürnberg nach Ebern fährt, braucht er knapp zwei Stunden – wenn er eine günstige Verbindung erwischt und alles glatt geht.
Dadurch, dass wohl die meisten der in Nürnberg eingesessenen Mitarbeiter den Umzug der Landesbaudirektion nicht mitmachen werden, komme es durch die Neueinstellungen zwangsläufig zu einer Verjüngung, spricht Nolte einen Aspekt an, den er als Vorteil wertet: „Die Mannschaft, die wir in Ebern jetzt schon haben, ist sehr engagiert und motiviert. Die Mitarbeiter bringen Ideen ein. Das färbt auch auf Nürnberg positiv ab.“
Eberns Bürgermeister gibt sich weiter optimistisch, dass die jetzt in Ebern ansässige Bundesbehörde für seine Stadt nicht nur ein gewachsenes Prestige mit sich bringt. Alles fange erst einmal klein an, meint Hennemann. Es sei „viel zu früh“, von enttäuschten Erwartungen zu sprechen, was die Zunahme der Einwohnerzahl angehe. Je mehr Stellen in der Landesbaudirektion entstehen, desto mehr profitiere Ebern davon. „Und selbst wenn Ebern keinen Zuwachs an Einwohnern hat, so bedeuten die zusätzlichen qualifizierten Arbeitsplätze einen Riesengewinn für die Region.“
Unabhängig von den Auswirkungen der Behördenverlagerung ist Hennemann nicht bang um Eberns Zukunft. Zumindest in der Kernstadt würden Bauplätze und Wohnungen sehr gut nachgefragt. Bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück für das neue Gebäude der Landesbaudirektion könne die Stadt der Behörde – anders als bei der Bereitstellung des Übergangsquartiers im Alten Rathaus – nicht direkt weiterhelfen: Die Stadt hat kein geeignetes Grundstück in der Innenstadt frei.