Als im Herbst 2020 die zweite Corona-Welle heranrollte und immer mehr Maßnahmen nötig wurden, galt für viele Bundes- und Landespolitiker noch immer: "Die Schulen müssen offen bleiben." Kinos, Theater und Gaststätten waren längst dicht, als die Schüler noch immer täglich ins Klassenzimmer kommen mussten – dass sie durch das ständige Lüften oft in der Kälte saßen, brachte der Politik und den Schulen einigen zusätzlichen Hohn und Spott ein. Mittlerweile sind die Schulen seit einigen Wochen wieder dicht, stattdessen gibt es Online-Unterricht. Doch wie gut gelingt dessen Umsetzung an den Schulen im Landkreis Haßberge?
"Mittlerweile läuft es gut"
"Im Augenblick werden die Schüler im Distanzunterricht beschult", teilt das Schulamt Haßberge auf Anfrage dieser Redaktion schriftlich mit. "Die digitalen Lösungen, die je nach Klassenstufe mit analogen Lösungen gekoppelt sind, funktionieren nach einem aktuellen Feedback an den Schulen in der Regel gut."
Und wie erleben die Eltern von Schulkindern die Situation? "Mittlerweile läuft es ganz gut", sagt eine Mutter aus der Kreisstadt, die namentlich nicht genannt werden möchte. Allerdings berichtet sie von einigen Anfangsschwierigkeiten. Sie hat eine Tochter, die die Mittelschule besucht, sowie einen Sohn in der Förderschule. An der Förderschule, so berichten mehrere Eltern, gibt es einen Wochenplan und eine dazugehörige Mappe mit Material, das die Eltern mit ihren Kindern durcharbeiten sollen. "Da bin ich sehr entspannt", sagt sie, nicht zuletzt, weil auch die Lehrer gut mit der Situation umgehen.
Eltern fehlen manchmal die Informationen
Wenig Kontakt zwischen Eltern und Schule gebe es dagegen an der Mittelschule. "Oft sind Mitteilungen nur an die Kinder gegangen, die Eltern haben gar nichts mitgekriegt", berichtet sie. Das habe schon zu Problemen geführt, beispielsweise, als sie zum Beginn des Homeschoolings erst am Vorabend erfuhr, dass ihre Tochter am nächsten Morgen zum ersten Mal an einer Video-Konferenz über die Plattform Teams mit ihrer Klasse teilnehmen sollte. Als dann die Anmeldung nicht funktionierte, musste sich die Familie am Morgen noch darum kümmern, für die Schülerin ein neues Passwort zu besorgen.
Am Anfang seien die Konferenzen auch holprig angelaufen, Teams habe nicht richtig funktioniert. Mittlerweile laufe es, aber: "Man muss dran bleiben." Schwierig sei für sie, dass sie Vormittags, wenn ihre Tochter die Konferenz mit der Klasse hat, selbst bei der Arbeit ist. Klar sei auch: "Die Kinder nehmen längst nicht den Stoff durch, den sie normal durchnehmen würden." Und schließlich könnten auch die Eltern nicht immer alles erklären. So ist sie der Meinung, das ganze Jahr sei verloren und müsse wiederholt werden.
Genug gelernt für den Übertritt?
Auch der Vater eines Mittelschülers aus Haßfurt berichtet, die Klasse komme kaum im Stoff voran, es würde derzeit viel wiederholt. Für seinen Sohn sei die Situation besonders ungünstig: Er will auf den M-Zweig wechseln, auf dem er die Mittlere Reife machen kann, sei sich aber unsicher, ob nicht durch die aktuelle Situation so viel Stoff verloren geht, dass er beim Übertritt den Anschluss verlieren könnte. Auch die Möglichkeiten, sich zu informieren, seien im Moment eher schlecht.
Der Vater hat zudem einen jüngeren Sohn, der die Förderschule besucht. Hier sei die Vorbereitung gut, auch er berichtet von der wöchtlichen Mappe mit dem Stoff, der bearbeitet werden soll.
Und was ist mit den Sozialkontakten, die den Schülern durch die Schließung der Schulen verloren gehen? Der Mann berichtet, sein jüngerer Sohn sei zum Glück mit einem Nachbarskind befreundet, mit dem er sich noch treffen kann. Unangenehm sei die Gesamtsituation aber für seinen älteren Sohn: "Beim Großen merkt man's speziell: Er ist immer gern mit Freunden weggegangen. Es gab auch Phasen, in denen man ihm sagen musste: Es wird auch wieder anders."
Vorbereitung auf eine Zukunft voller Computer
Von sehr guten Erfahrungen mit dem Homeschooling berichtet ein anderer Vater aus der Kreisstadt, der einen Sohn auf der Waldorfschule und eine Tochter auf dem Gymnasium hat. "Was wir hier mit den Kindern lernen, hätten sie in der Schule nicht gelernt." Zwar können Eltern nicht immer alles erklären. "Den Kindern ist klar, dass sie die Fragen an die Schule stellen müssen." Doch dafür sei die Disziplin zuhause wesentlich besser – auch wegen der Autorität der Eltern.
Die technische Ausstattung sei gut. Seine Tochter ist in einer Tablet-Klasse, in der die Kinder weniger Schulbücher bekommen, dafür aber jeweils ein eigenes iPad haben, mit dem viel im Unterricht gearbeitet wird. Dabei handelt es sich nicht um eine Reaktion auf Corona, allerdings kommt es gerade zur richtigen Zeit, um auf die Pandemie reagieren zu können. Laut der Internetseite des Haßfurter Gymnasiums startete das Pilotprojekt im Schuljahr 2019/20 und soll die Schüler darauf vorbereiten, dass sie später in Studium und Beruf viel mit Computern zu tun haben werden.
Es kommt auch auf die Haltung der Lehrer an
Auch bei seinem Sohn auf der Waldorfschule, die ansonsten nicht für ihre Computer-Affinität bekannt sei, funktioniere der Online-Unterricht. Über Verbindungsprobleme und schlechtes Internet könne er ebenfalls nicht klagen, und das obwohl sich gerade bei der Waldorfschule die Wohnorte der Kinder über den ganzen Landkreis verteilen.
Aus den Schilderungen mehrerer Eltern wird deutlich, dass es auch darauf ankommt, wie die Lehrer mit der außergewöhnlichen Situation umgehen. So berichtet die von uns befragte Mutter von einer schlechten Erfahrung, die sie gemacht hat: Üblicherweise erledigen die Kinder ihre Aufgaben handschriftlich, anschließend werden die Blätter abfotografiert und in digitaler Form zum Korrigieren an die Lehrer geschickt. Doch ein Lehrer habe anfangs darauf bestanden, dass die Aufgaben nicht fotografiert, sondern die ausgefüllten Aufgaben in den Postkasten der Schule geworfen werden, was für die Eltern einen zusätzlichen Aufwand bedeutet. So habe der Lehrer sie zu einer eher unüblichen Zeit angerufen und extrem unhöflich "angeranzt, warum die Sachen nicht da sind".
"Digitale Begegnungen" in der Grundschule
Der Distanzunterricht an den Weiterführenden Schulen scheint also – wenn auch mit kleinen Einschränkungen – zu funktionieren. Aber wie sieht es in der Grundschule aus, deren Schüler ja erst einmal verstehen müssen, was Schule und Lernen eigentlich bedeuten? "Auch in der Grundschule gibt es bereits in bestimmten Phasen digitale Begegnungen der Schüler mit den Lehrkräften, der Unterricht wird aber nicht ausschließlich damit bestritten, wie es in unseren Weiterführenden Schulen zum Teil der Fall ist", heißt es aus dem Schulamt.
Und wie sind die Schulen auf das vorbereitet, was in den nächsten Monaten auf sie zukommen könnte? Wenn wieder Präsenzunterricht möglich ist, dürfte dieser unter strengen Auflagen, vielleicht mit geteilten Klassen stattfinden. Dann "können wir auch weiterhin für coronabedingte Lehrerausfälle Teamlehrer einstellen", heißt es aus dem Schulamt. "Diese unterstützen die Lehrkräfte, die von zuhause aus arbeiten, in den Schulen vor der Klasse." Außerdem kündigt die Behörde an, Förderlehrer, Schulpsychologen und andere Fachleute könnten sich verstärkt um Schüler kümmern, die durch Belastungen, die der Distanzunterricht mit sich bringt, im Lernprozess abgehängt wurden.