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Haßfurt
Konflikte durch die Pandemie: Beratung war schwierig und intensiver
Vor-Ort-Termine bei der Ehe- und Familienberatung in Sankt Bruno in Haßfurt sind auch unter Corona-Auflagen gut möglich, allerdings hat das Haus ein Bewegungskonzept aufgestellt. Deshalb holen die beiden Beraterinnen Christiane Wagner-Schmid (links) und Sylvia Amthor ihre Klienten jetzt an der Pforte in der Fuchsengasse ab und begleiten sie zum Beratungsraum.
Foto: Sabine Weinbeer | Vor-Ort-Termine bei der Ehe- und Familienberatung in Sankt Bruno in Haßfurt sind auch unter Corona-Auflagen gut möglich, allerdings hat das Haus ein Bewegungskonzept aufgestellt.
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 18.07.2021 02:16 Uhr

Im Lockdown war die Belastung für Familien und Paare besonders hoch. In vielen Beziehungen sind in dieser Zeit schwelende oder auch ganz neue Konflikte aufgebrochen, bei deren Bewältigung jetzt die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen der Diözese Würzburg mit ihrer Außenstelle in Haßfurt hilft.

Zwar sei der Zulauf in der Corona-Zeit nicht massiv größer gewesen, doch die Beratungsintensität sei deutlich höher, berichtete Diplom-Pädagogin Christiane Wagner-Schmid bei der Jahrespressekonferenz mit Blick auf das Beratungsjahr 2020.

Die Beratungssituation selbst war natürlich unter Corona-Auflagen schwieriger, Gruppenangebote waren gar nicht möglich. Manche Menschen scheuten wohl auch die Kontaktaufnahme gerade in dieser Zeit und kommen erst jetzt, beobachten Wagner-Schmid und ihre Kollegin Sylvia Amthor. Sie sind aber froh, dass die meiste Zeit über zumindest Eins-zu-eins-Beratungen möglich waren.

"Wir haben auch neue Angebote ausprobiert, die wir auch beibehalten werden."
Christiane Wagner-Schmid, 
Diplom-Pädagogin

"Und wir haben auch neue Angebote ausprobiert, die wir auch beibehalten werden. Für Paare mit kleinen Kindern ist es sehr praktisch, am Abend eine Online-Beratung wahrzunehmen, wenn die Kinder im Bett sind", so Christiane Wagner-Schmid. Trotzdem steht für beide Pädagoginnen der direkte Kontakt im Vordergrund.

223 Klientinnen und Klienten (60 Prozent weiblich, 40 Prozent männlich) wandten sich an die Beratungsstelle. Das sind zwar 40 Prozent weniger als in Nicht-Corona-Zeiten, aber die Beratungen sind sehr viel zeitintensiver. 571 Beratungsstunden fanden statt, davon eta 20 Prozent als Telefon- oder Videoberatung.

70 Prozent der Ratsuchenden sind zwischen 30 und 60 Jahre alt. Vor allem Paarprobleme hätten in Corona-Zeiten eine neue Dynamik bekommen. Im Lockdown verschärften sich "normale Probleme", die Frustrationstoleranz sinke, in zwei Fällen habe sie sogar erlebt, dass ein Partner urplötzlich ausgezogen ist, so Sylvia Amthor. Das müsse noch nicht das Ende der Beziehung bedeuten, aber die ungewohnte Nähe, Konfliktpotential durch Homeoffice und/oder Homescooling führe viele Familien an ihre Grenzen.

"Viele Familien gingen mit dem Lockdown erstmal in den Funktionsmodus, versuchten die neue Situation schlichtweg auszuhalten, doch bei vielen ging es irgendwann nicht mehr", so Christiane Wagner-Schmid. Alleinstehende hingegen seien noch mehr abgekoppelt gewesen, vor allem wenn sie auch noch zur gesundheitlichen Risikogruppe gehörten. "Dazu kommt, dass bei vielen Familien der Minijob wegbrach, der das geringe Familieneinkommen aufbesserte und damit sich die finanziellen Sorgen verstärkten", so Wagner-Schmid.

Die Belastungen für die Beziehungen waren größer, andererseits fehlte es an Möglichkeiten, diesen Stress zu bewältigen, etwa durch Treffen mit Freunden, Sport, kulturelle Ablenkung oder Erholungsurlaub.

"Die Pandemie hat für Beziehungsprobleme wie ein Brandbeschleuniger gewirkt."
Christiane Wagner-Schmid und Sylvia Amthor, Familienberaterinnen

Zum Teil gerieten sich "altgediente" Paare über die unterschiedliche Einschätzung der Pandemie-Auflagen unversöhnlich in die Haare. Auch zwischen den Generationen seien viele Konflikte aufgebrochen, nicht nur wenn ausgezogene Studenten plötzlich wieder daheim saßen und online studierten.

Junge Paare, die in dieser Zeit ihr Kind bekamen, fühlten sich ebenfalls alleine gelassen, der Kontakt zu Großeltern eingeschränkt, Treffen mit anderen jungen Eltern nicht erlaubt. Ebenso war die Trauerbewältigung erschwert.

"Die Pandemie hat für Beziehungsprobleme wie ein Brandbeschleuniger gewirkt", so das Fazit der beiden Beraterinnen, die jetzt auf "Licht am Ende des Tunnels" hoffen. Sie setzen bei ihren Hilfestellungen auf die "Bindungsorientierte Paartherapie", in der am Grundvertrauen, der Bindung der Partner gearbeitet wird. Der offensichtliche Streit fuße meist auf tiefer liegenden Unsicherheiten, deshalb müsse man in der Therapie tiefer gehen und die Grundbindung wieder herstellen. "Wenn das gelingt, funktioniert auch die Beziehung wieder", so Wagner-Schmid.

Zu erreichen ist die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen (ELF) in Haßfurt unter Tel.: (09521) 64600 oder per E-Mail: info@eheberatung-hassfurt.de
Die Beratungsstelle wird zwar von der Diözese Würzburg getragen, ist aber für alle Konfessionen und Weltanschauungen offen.

 
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