"Lass uns in Ruh' mit den alten Geschichten". Diesen Satz hat Cordula Kappner, die jahrzehntelang über das jüdische Leben im Landkreis Haßberge forschte, oft gehört, wenn es um die dunkle Seiten der Vergangenheit ging. In manchem Dorf ist es manchen Menschen immer noch unangenehm, daran erinnert zu werden, dass die Eltern oder Großeltern mit den Achseln gezuckt und hie und da vielleicht auch ein wenig davon profitiert haben, als die jüdischen Nachbarn eines Tages abgeholt wurden.
Trotzdem: Lange Zeit nach dem Krieg war all das eben Geschichte, die sich nicht wiederholen würde. Doch das scheint sich geändert zu haben. Der Wunsch, andere auszugrenzen und sich dadurch zu definieren, dass man selbst angeblich wertvoller ist, woraus man höhere Rechte für sich ableitet, scheint in Teilen der Gesellschaft zuzunehmen.
Raimund Vogt, der zusammen mit seiner Tochter Elisabeth Steinwachs der jüdischen Bevölkerung von Wonfurt nachspürt, will damit deutlich machen, welches Unrecht im Naziregime geschehen ist. Und zwar, damit sich das nicht wiederholt. Wofür jeder Verantwortung trägt.
Dass sich im Kampf gegen Diskriminierung oder Rassismus wirklich jeder verantwortlich fühlt, mag ein schier unmögliches Unterfangen sein. Dabei ist es doch so leicht, sich folgender Tatsache bewusst zu werden: Jede Gemeinschaft, die bestimmte Menschen ausgrenzt oder verfolgt, hört damit auf, demokratisch zu sein.
Klingt zu kompliziert? Es geht auch einfacher: Wer andere vor Demütigung und Gewalt schützt, schützt sich damit auch selbst. Wer mitmacht oder auch nur wegsieht, wenn Menschen drangsaliert werden, bloß weil sie zum Beispiel blaue Hautfarbe haben oder an die Zahnfee glauben, hat kein Argument mehr auf seiner Seite, wenn sich die Masse plötzlich gegen ihn richtet, weil er grüne Hautfarbe hat oder Waldgeister anbetet.