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Unfinden
Kommentar: Warum die Rentenversicherung rechnen können sollte
Warum die Rentenversicherung rechnen können sollte       -  Anna sitzt seit der Operation eines Tumors in ihrem Rückenmark im Rollstuhl. Aber sie will nicht aufgeben, sie will wieder laufen können. Solche Bilder wie dieses sollen vielleicht bald wieder möglich sein. Dies kann nur mit einer kostspieligen Behandlung gelingen, die aber die zuständige Rentenversicherung nicht bezahlen möchte.
Foto: Georg H. | Anna sitzt seit der Operation eines Tumors in ihrem Rückenmark im Rollstuhl. Aber sie will nicht aufgeben, sie will wieder laufen können. Solche Bilder wie dieses sollen vielleicht bald wieder möglich sein.
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:59 Uhr

Das Renteneintrittsalter soll immer weiter hinaufgesetzt werden. Qualifizierte Arbeitskräfte sind Mangelware. Viele Unternehmen betreiben deshalb Gesundheitsförderung für ihre Mitarbeiter, Krankenkassen bieten ihren Versicherten Bonusprogramme an. Gemeinsames Ziel aller – nicht ganz billigen – Bemühungen: Der Mensch soll möglichst lange dem aktiven Arbeitsleben erhalten bleiben. Im Interesse der Betriebe und angesichts drohender Verluste der Rentenkassen. Und wenn ihn dennoch ein Schicksalsschlag aus der Bahn wirft, sollte er möglichst schnell wieder zurückkommen.

Da mutet es schon etwas seltsam an, wenn eine junge Frau, die nach einer Operation an einem Tumor im Rückenmark in einem Rollstuhl sitzt, aber partout wieder zurück an ihren Arbeitsplatz möchte, von der zuständigen Rentenversicherung Bund laut eigener Aussage im Stich gelassen wird.

Anna H. aus Unfinden sitzt zwar im Rollstuhl, hat aber nach übereinstimmender Prognose von mehreren Ärzten das Potenzial, wieder laufen zu können, wieder aktiv am Arbeitsleben teilhaben zu dürfen. Sie hat eine Klinik gefunden, die auf diesem Gebiet in den letzten zwei Jahrzehnten große Erfolge aufzuweisen hat, sagt Anna. Deren Ärzte ihr Mut und Zuversicht gegeben haben. Zwei Behandlungsphasen zu jeweils drei Monaten seien nach Meinung der Ärzte erforderlich, dann könnte die 32-Jährige ihr altes Leben und die Arbeitswelt sie wieder zurück haben.

Ein solcher dreimonatiger Behandlungszyklus würde 60 000 Euro kosten. Insgesamt für zwei Zyklen also 120 000 Euro. Das ist eine Menge Geld. Berücksichtigt man jedoch, wie viel Geld Anna H. in den künftigen Jahren kosten wird und wie viel sie andererseits in dieser Zeit an einem Arbeitsplatz in die Systeme selbst einbezahlen würde, relativiert sich diese zunächst groß erscheinende Summe schnell.

Bis diese Erkenntnis sich bei der Rentenversicherung durchgesetzt hat, unternehmen Anna und ihre Freunde, die Dorfgemeinschaft von Unfinden und Organisationen in und um ihr Heimatdorf zahlreiche Aktionen, um mit Spendengeldern die Heilung von Anna zu ermöglichen. Motto: „Lauf Anna, lauf!“

Deutschland ist das Land der Bürokratie. Und wenn eine Körperschaft keinen Vertrag mit einer bestimmten Klinik hat, wird halt am Schreibtisch einfach kurzerhand ein Strich durch die Angelegenheit gemacht. Eine Einzelentscheidung wäre wohl möglich, aber warum soll man sich unnötig Arbeit und vielleicht Ärger einhandeln?

Der Sozialstaat Deutschland ist aber auch das Land der Dichter und der Denker. Wenn die Verantwortlichen bei der Rentenversicherung nur ein bisschen nachdenken, müssen sie wohl unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass der Versuch einer Wiedereingliederung – selbst mit einer zunächst teuer erscheinenden Behandlung – von Anna H. ins Arbeitsleben für alle Beteiligten zu einer echten Win-Win-Situation werden kann.

 
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