Nach mehreren kleineren Drogengeschäften seit Januar dieses Jahres witterte ein 29-jähriger Drogendealer aus dem Maintal am 10. Juli das Geschäft seines Lebens. Ein vermeintlicher Drogenkonsument hatte bei ihm ein Kilo Amphetamin ("Speed") und 50 Gramm Methamphetamin ("Crystal") zu einem Preis von 9250 Euro bestellt. 3000 Euro Gewinn hätte der 29-Jährige bei dem Geschäft gemacht. Doch aus dem Geldsegen wurde nichts. Denn bei der Drogenübergabe auf dem Parkplatz eines Knetzgauer Einkaufsmarkts klickten die Handschellen.
Der vermeintliche Käufer entpuppte sich dabei als ein "NÖP", ein nicht öffentlicher Kripo-Beamter, der verdeckt ermittelt hatte. Bei der Durchsuchung des Autos des Täters stellten die Beamten ein weiteres Kilogramm Amphetamin unter dem Fahrersitz sowie ein Klappmesser sicher. Am Mittwoch verurteilte das Landgericht den Dealer wegen bewaffneten Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten. Weil er selbst drogenabhängig ist, ordnete das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.
Handyüberwachung führte Ermittler zum Ziel
Auf die Schliche kam die Polizei dem Angeklagten durch die Aussage einer Kundin des 29-Jährigen. Sie hatte ausgesagt, dass der Angeklagte ihr 20 Gramm Crystal verkauft habe. Daraufhin überwachten die Beamten das Handy des Angeklagten. Einer seiner Drogenfreunde vermittelte den Kontakt zu dem verdeckten Ermittler, der zunächst mit kleineren Drogenkäufen das Vertrauen des Angeklagten erwarb. Als das große Geschäft abgewickelt werden sollte, waren mehrere Kollegen des "NÖP" vor Ort, um den Angeklagten festzunehmen.
Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung fanden die Beamten Drogenutensilien sowie vier Cannabispflanzen auf dem Balkon. Durch die Handyüberwachung des Angeklagten konnte die Polizei zudem einen Lieferanten aus Nordrhein-Westfalen festnehmen.
Auf der Anklagebank räumte der Angeklagte über seinen Anwalt Christian Barthelmes die Vorwürfe weitgehend ein. Sein Mandant sei seit dem 15. Lebensjahr drogenabhängig, sagte der Verteidiger. Das Messer benötige der Angeklagte für seine Arbeitsstelle und habe mit dem Drogenhandel nichts zu tun.
Täglich eine Flasche Schnaps
Der Angeklagte sei für den Drogenhandel nicht geschaffen. Da viele Abnehmer nicht zahlten, habe er Schulden angehäuft. Auch privat sei er abgerutscht. Seine Frau habe sich vorübergehend von ihm getrennt und auch die Kinder hätten darunter gelitten. Zu Lieferanten machte der Angeklagte keine Angaben, zu seinem Drogenkonsum dann doch: zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr habe er täglich eine Flasche Schnaps getrunken. Am Wochenende habe er vor dem Ausgehen allein zum "Vorglühen" eine Flasche Schnaps getrunken. Hinzu sei der konstante Drogenkonsum gekommen, nämlich täglich zwei bis drei Gramm "Speed" und ein Joint am Abend, gelegentlich LSD und Tabletten.
Allein durch seine Spielsucht habe er 19 000 Euro Schulden. Über seine Drogenschulden schwieg er. Sie sind ein Grund, warum er mit seiner Familie wegziehen will, weil er Angst vor nicht zimperlichen Gläubigern hat.
Der Angeklagte erschien oft übermüdet zur Arbeit
Laut dem psychiatrischen Gutachter erhielt der Angeklagte von seinem Arbeitgeber bereits zwei Abmahnungen, weil er bei der Arbeit übermüdet Fehler gemacht habe. Er habe nur noch für die Drogen gelebt. Eine Therapie erachtete der Arzt als erfolgversprechend, da der Angeklagte gewillt sei, davon loszukommen.
Staatsanwalt Alexander Baum blieb in seinem Plädoyer bei der Auffassung, dass ein bewaffneter Drogenhandel vorliegt, wenn auch in einem minder schweren Fall. Baum hielt dem Angeklagten sein Geständnis zugute sowie die Tatsache, dass erst eine Vorstrafe wegen Beleidigung in seinem Sündenregister steht. Er forderte eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren. Nach einem "Vorwegvollzug" von neuneinhalb Monaten könne der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden.
Nur Schulden durch die Drogengeschäfte
Der Verteidiger warf ein, dass das Landgericht in Nürnberg bei polizeilich überwachten Geschäften mildere Strafen verhängt. Sein Mandant habe vor dem 10. Juli keine "Kilogeschäfte" abgewickelt. Die Mengen seien deutlich niedriger gewesen. Auch die besonders gefährliche Droge Methamphetamin habe zuvor keine Rolle gespielt. Sein Mandant habe sich durch die Geschäfte nicht bereichert, sondern nur Schulden gemacht. Das Klappmesser sei im Handschuhfach gewesen. Der Anwalt sah einen minder schweren Fall vorliegen und beantragte drei Jahre Haft und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Das Gericht blieb mit seinem Urteil in der Mitte der beiden Anträge. Richter Markus Reznik sagte, der Angeklagte habe gute Chancen, durch die Therapie von den Drogen loszukommen. "Sie sind nicht der typische Drogenhändler", bescheinigte er ihm. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.