
Am Freitag feierte Anton Hämmerlein seinen 60. Geburtstag. Natürlich ein Grund für die komplette Familie, sich zu treffen. Diesen besonderen Grund hätten die Hämmerleins aber gar nicht gebraucht, denn "Familie" und "Zusammenhalt" steht bei ihnen ohnehin ganz vorne. Vor allem bei Opa Anton, Sohn Steffen und Enkel Maximilian. Die drei spielen beim VfR Kirchlauter Fußball – ab und an sogar noch in einer Mannschaft.
Der sportliche Erfolg ist den Dreien dabei nicht ganz so wichtig. Ihr VfR steht mit drei Zählern Rückstand am Tabellenende der A-Klasse Schweinfurt 5, auch die zweite Mannschaft ist Letzter in der B-Klasse 5. "Da freut aber ein Erfolg mal umso mehr", schmunzelt Enkel Maximilian, der mit seinen 19 Jahren immer wieder zwischen Opa Anton in der Zweiten und Onkel Steffen in der Ersten Mannschaft pendelt.
Der Ruhepol
Anton Hämmerlein ist schon seit 47 Jahren beim VfR, ließ sich nach fast 30 Jahren Fußballpause überreden, hin und wieder in der Reserve auszuhelfen. Mittlerweile ist er es, der die Mannschaft am Freitagabend zusammentelefoniert, damit am Sonntag wenigstens neun Kicker auf dem Platz stehen. Fast schon logisch, dass er sich dann auch die Kapitänsbinde überstreift.
Sohnemann Steffen ist Stammspieler in der Ersten Mannschaft, Enkel Maximilian läuft meist in der Reserve auf, um sich dann bei der Ersten auf die Bank zu setzen. "Wo ich lieber spiele, ist schwer zu sagen", mag sich Max nicht festlegen. "In der Zweiten Mannschaft hat man halt so seinen Spaß, in der Ersten ist der Druck natürlich ein bisschen größer, aber es macht in beiden Mannschaften Spaß. Da spiele ich halt mal mit meinem Opa, mal mit meinem Onkel." Und was ist schöner für ihn? "Der Opa passt öfter", schmunzelt der Bankangestellte.
Dass Großväter eher zum Verwöhnen der Enkelkinder neigen, zeigt sich auch auf dem Platz. "Ich bin nicht der Typ, der schennt. Eher der, der die Mannschaft zusammenhält." Quasi der Ruhepol im Team. "Bei uns gibt es keine Schreierei auf dem Platz. Das will ich nicht haben, das wissen die Jungs." Und das macht sich bemerkbar: "Wir haben schon einen Trikotsatz vom Verband als Preis für den Titel der fairsten Mannschaft im Fußballkreis Schweinfurt bekommen", erzählt Anton Hämmerlein nicht ganz ohne Stolz.
Jeden Sonntag auf dem Platz
Sein Comeback auf dem Platz war eigentlich nur für die Alten Herren geplant, aber die Seniorenmannschaft überlebte nur ein Jahr. "Und dann kam die Zweite Mannschaft und hat gefragt, ob ich mal aushelfen könnte, wenn sie mich brauchen würden. Und seitdem hat sie mich immer gebraucht. Und seit fünf, sechs Jahren spiele ich halt jeden Sonntag."
Kein Wunder, dass Anton zusammen mit seiner Tochter Nadja auch die Betreuung der Reserve übernommen hat. Nadja ist gleichzeitig Dritte Vorsitzende des Vereins. Einzig Mama Margit hält sich vom Fußball fern – zumindest an Spieltagen. "Ich koche sonntags für die ganze Familie, also für alle zwölf. Damit sie, wenn der Fußball aus ist, zum Essen heim kommen können." Bei den Spielen selbst ist die Mama allerdings nicht dabei. "Die hauen dem Steffen immer auf die Füße, das kann ich mir nicht ansehen."
"Wir halten zum Verein"
Die Hämmerleins leben nicht nur die Familien-, sondern auch die Vereinstreue, haben noch nie bei anderen Vereinen gespielt, auch wenn Steffen schon das eine oder Angebot ins Haus geflattert war. "Wir halten zum Verein" ist bei den Hämmerleins also nicht nur ein Spruch. Anton ist selbstständig. Seine Firma ist bundesweit im Montagebau tätig und unterstützt den VfR natürlich auch, unter anderem mit Trikotspenden. "Er kann nicht nein sagen", weiß Mama Margit, dass der Verein niemals umsonst anklopfen würde, wenn er Hilfe braucht. Logisch, dass der jüngste Sprössling der Familie Hämmerlein, Enkel Lukas, schon kurz nach seiner Geburt beim VfR als Mitglied angemeldet wurde.

"Mit Training ist es halt schlecht bei uns", das gilt auch für Sohn Steffen, der im Familienbetrieb angestellt ist und unter der Woche im gesamten Bundesgebiet unterwegs ist. Aber auch ohne Training ist der 30-Jährige eine der Stützen der Ersten Mannschaft, aktuell zweitbester Torschütze des A-Klassisten.
Auch für Anton gab es in den letzten Jahren immer wieder mal Einsätze in der Ersten Mannschaft, aber er weiß, dass "ich in meinem Alter mit den Jungen nicht mithalten kann". Obwohl: "In der Zweiten läuft er trotzdem noch einigen davon", lobt Enkel Maximilian seinen Opa für dessen Fitness.
Wenige Spieler, viele Tore
Trotz der drei Hämmerleins plagen den "Verein für Rasenspiele" Kirchlauter Personalsorgen. Immer wieder muss man Spieler ziehen lassen – wie Markus Geier, der inzwischen beim Bayernligisten FC Sand zwischen den Pfosten steht. Allein im vergangenen Jahr hatte der VfR zehn Abgänge zu verkraften. Kein Wunder also, dass der 1949 gegründete Verein sportlich nicht so toll dasteht. "Dass wir dann ab und zu den Sack voll kriegen, ist doch ganz normal", weiß Anton Hämmerlein den Grund für einige deutliche, teilweise sogar zweistellige Niederlagen der Zweiten Mannschaft. Und davon gab es eine ganze Menge, wie die 13:116 Tore in 14 Spielen zeigen. Aber auch in der Ersten läuft es nicht viel besser: Nach 13 Partien schlagen 16:66 Tore zu Buche. Aber: "Seit der BFV umgestellt hat, wir in der B-Klasse auch neun gegen neun spielen dürfen, ist es etwas leichter geworden, genügend Spieler zu finden." Die Niederlagen fallen dann auch nicht ganz so deutlich aus.
Dennoch ist es natürlich schwierig, die jüngeren Mitspieler nach deftigen Klatschen zu motivieren, die Schuhe nicht an den Nagel zu hängen. Aber: "Selbst wenn wir 10:1 verlieren, freuen wir uns, dass wir ein Tor geschossen haben", betont Anton. "Umso öfter man verliert, desto schöner ist dann ein Sieg", pflichtet Maximilian bei und erinnert an das 3:1 am 18. November 2018 im B-Klassenduell der Reserve gegen den damaligen Tabellenzweiten TV Königsberg II. Da standen die Hämmerleins zu Dritt auf dem Platz, Steffen in der ersten Halbzeit im Tor, danach im Feld. Mit zwei Torvorlagen nach der Pause war der inzwischen 30-Jährige entscheidend am überraschenden Dreier beteiligt.

Das vom Fußball dominierte Leben der Familie Hämmerlein hat sich seit "Corona" allerdings stark verändert. " Opa Anton stürzt sich auf die eine oder andere Baustelle, Sohn Steffen freut sich zumindest über die TV-Übertragungen der Profi-Ligen. "Irgendwo fehlt der Fußball aber trotzdem", vermisst Anton sein Hobby und bei Fernsehübertragungen die Stimmung auf den Rängen. Wenigstens trainiert der VfR nun wieder, wenn auch nur in Kleingruppen.
"FC Hämmerlein"
Und wie lange schnürt "Opa" Anton noch die Schuhe für den VfR? "Fragen Sie mal meine Frau", schmunzelt der 60-Jährige. Und die ergänzt: "Gesagt hat er, wenn er mit Sohn und Enkel einmal auf dem Platz steht, hört er auf, aber er hört nicht auf..." Vorstellbar ist das Karriere-Ende wohl nur, wenn die ganze Familie mal zu einem Freundschaftskick eine komplette Mannschaft stellt. "Genügend Spieler hätten wir schon", weiß der Fußball-Oldie. Das wäre für Anton Hämmerlein dann doch ein würdiger Abschied vom Fußball - egal wie das Spiel für den "FC Hämmerlein" ausgeht.
