Am Gedenktag der Reformation hatte das evang.-luth. Dekanat – wie schon seit Jahrzehnten üblich – zu einem Festabend eingeladen, der zum einen den Gottesdienst mit Referat, zum anderen einen Empfang mit Grußworten und Ehrung verdienter Mitarbeiter beinhaltete.
Die Begründung, den Dekanatsempfang diesmal nicht in Rügheim, sondern in Ebern stattfinden zu lassen, lag zum einen daran, dass der Künstler Gerhard Rießbeck als Festredner gewonnen werden konnte. Ihm ist es zu verdanken, dass sein Werk „Jesu Tod als Stachel und Himmelsweg“ im Rahmen der Aktion „12 Worte – 12 Orte“ in der Eberner Christus-Kirche seinen Platz gefunden hatte. Zum anderen hat sich das Themenjahr 2015 innerhalb der Lutherdekade dem Motto „Bild und Bibel“ verschrieben, so dass das Referat mit dem Titel „Kreuzigungen – Kunst zwischen Devotion und Provokation“ den Wechsel des Veranstaltungsortes in besonderer Weise unterstrich. Musikalisch wurde der Festgottesdienst umrahmt und ausgestaltet durch den Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Jürgen Koch und von Dekanatskantor Matthias Göttemann an der Orgel.
Den liturgischen Teil übernahmen in bewährter Weise neben Dekan Jürgen Blechschmidt stellvertretender Dekan und „Hausherr“ Pfarrer Bernd Grosser sowie die beiden Synodalpräsidenten Gisela Schott und Gerhard Koch.
In einem geistlichen Impuls bezog sich Dekan Blechschmidt schwerpunktmäßig auf das zweite Gebot, wo es heißt „Du sollst dir kein Bildnis machen...“ und wollte dies so verstanden wissen, dass der nachfolgende Auftrag „Bete sie nicht an und diene ihnen nicht“ den entscheidenden Satz enthält. „Denn“, so Blechschmidt, „Bilder und Symbole machen die biblischen Aussagen begreiflicher, und ist nicht das schönste Bild von Gott das Gleichnis vom barmherzigen Vater?“
Gerhard Rießbeck, ein gebürtiger Lichtenfelser, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, war Meisterschüler und Assistent bei Professor Werner Knaupp. Zur Zeit lebt und arbeitet er in Bad Windsheim. In seinem Referat schlug er eingangs den Bogen von dem Motto der Lutherdekade „Bild und Bibel“ zum Thema „Kirche und Kunst“. Anhand einer Reihe von prägnanten Kreuzigungsdarstellungen aus der Kunstgeschichte, „die immer ein Spiegelbild der geistigen Strömungen ihrer Zeit sind“, gelang es dem Künstler, die Problematik des Umgangs der Kirche mit der Kunst zu verdeutlichen.
Geschichtlich begann der Referent bei den zahlreichen Darstellungen in den Katakomben, bei denen es sich meist um Gegenstände des Alltags handelte, die mit symbolischer Bedeutung versehen wurden. Aber: figürliche Szenen aus der Bibel sind nicht vorhanden, Kreuzigungsdarstellungen sind nicht darunter...
Erst mit der beginnenden Romanik werden Kreuzigungsdarstellungen häufiger, und Giotto, der frühe Wegbereiter der Renaissance im 14. Jahrhundert, reduzierte das Geschehen auf einfache und große Formen. Selbstverständlich zeigte Rießbeck auch das wohl bekannteste Kreuzigungsbild aus dem Jahre 1516, gestaltet von Matthias Grünewald. Dort ist das Leiden Christi gleichzeitig drastisch, detailliert, expressiv und überhöht dargestellt. Eine fast comicartige Bilderzählung findet sich bei Lukas Cranach dem Älteren, ähnlich gestaltet auch 130 Jahre später der spanische Barockmaler Francisco Zurbaran. Im Weiteren zeigte der Referent Bilder von Caspar David Friedrich und Max Klinger (beide aus dem 19. Jahrhundert) sowie Darstellungen von Emil Nolde und Lovis Corinth zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Aus der Moderne stellte Rießbeck Kunstobjekte von Joseph Beuys, Werner Knaupp und Paul Fryer vor, die mit ungewöhnlichen Stilmitteln arbeiteten und nicht immer auf Gegenliebe stießen.
Alle diese Werke – neben vielen anderen – beschäftigten Gerhard Rießbeck, als er daran ging, für die Eberner Christus-Kirche eine aktuelle Visualisierung des Kreuzigungstextes zu entwerfen. In seiner Darstellung bringt er zwei Erfahrungswelten, die wir gewohnt sind, weit voneinander getrennt zu sehen, die heilige und die profane, die Sonntagswelt und den Alltag in ein Bild. Der Künstler ist – wie auch viele andere Betrachter – überzeugt, dass seine Bildfindung richtig ist für unsere Zeit und diesen Ort.
Kirche und Kunst, so Rießbeck, haben eine lange gemeinsame Geschichte, die in allen Jahrhunderten zu neuen zeitgemäßen Bildaussagen geführt hat. Besonders am Beispiel des bildlichen Umgangs mit der Kreuzigung lassen sich die religiösen Bedürfnisse der jeweiligen Epoche gut ablesen. Der Referent meint, dass die Kunstaktion „12 (W)Orte“ ein schöner Einfall für aufgeschlossene Zeitgenossen in der evangelischen Kirche war. „Doch der Ast der bildenden Kunst in der Protestantischen Kirche ist ungepflegt und schon weitgehend abgestorben.“ Und mit Worten, die nachdenklich stimmen können und müssen, fasst Rießbeck sein Referat zusammen: „Und damit kümmert nicht ein mehr oder weniger erfreulicher Wandschmuck, nein, damit gehen die archaische Tiefe und die gesammelte Phantasie des Nachdenkens in Bildern für die Kirche verloren! Und daher ist auch der Kunstaktion nicht die nachhaltige Wirkung beschieden, die sie verdient hätte.“
Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Gäste im nahegelegenen Gemeindehaus, um Grußworte zu hören und der Ehrung verdienter Mitarbeiter beizuwohnen. Eingangs hieß Dekan Blechschmidt alle anwesenden Vertreter aus Kirche, Politik, Schule und Gesellschaft willkommen.
Stellvertretender Landrat Oskar Ebert bezog sich zunächst auf das Referat von Gerhard Rießbeck und bedauerte die Ablehnung des Ankaufs des Kunstwerks, „denn unsere Kirche braucht Kunst, und Bilder können zur Vertiefung der Glaubensbotschaft einen wichtigen Beitrag leisten“, so Ebert wörtlich. Sein besonderer Dank galt insbesondere allen Mitarbeitern der evangelischen Kirche für deren herausragenden Einsatz in ihrem jeweiligen Bereich und schloss mit den Worten: „Vom kirchlichen Engagement profitieren sehr viele Menschen ... Machen Sie weiter so – bleiben Sie aktiv!“
Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann ergänzte die Worte seines Vorredners mit Beispielen, wo sich kirchliche Institutionen in lobenswerter Weise einbringen. Er erwähnte insbesondere das vor kurzem stattgefundene Gemeindefest, bei dem eine Willkommenskultur an den Tag gelegt wurde, die es ermöglichte, Menschen unterschiedlicher Zivilisationen zusammenzubringen und dabei Ängste oder Vorurteile abzubauen.
Als Vertreter der katholischen Kirche sprach Ralf Nowak in seiner Eigenschaft als zweiter Dekanatsratsvorsitzender im Landkreis Haßberge. Er stellte heraus, „dass Glaube für uns alle eine unerschöpfliche Quelle ist, er will aber auch gelebt werden, und es erfordert Mut, ihn an sich ranzulassen“. Nowak strich die vorbildliche ökumenische Verbundenheit der beiden Dekanate lobend heraus und erhoffte sich auch für die Zukunft eine gute Zusammenarbeit.
Ehrungen
Im Mittelpunkt des Dekanatsempfangs stehen traditionell die Ehrungen verdienter und langjähriger Mitarbeiter. Gerade diejenigen, welche 25 bzw. 50 Jahre im Dienste der Kirche ehrenamtlich tätig sind, sollen bei dieser Gelegenheit ausgezeichnet werden. 17 Personen erhielten die jeweilige Urkunde sowie die Tontafel mit dem Segenswunsch des Dekanats und dem Siegel des Lammes. Aus dem Bereich der Posaunenbläser waren es: Heinrich Deringer (Fischbach), Reinhold Förster (Maßbach), Richard Höhn (Schweinshaupten), Martin Kinkelin (Königsberg), Günther Mauer (Schweinshaupten), Erich Oestreicher (Oberlauringen) und Theo Sauerteig (Fischbach).
Aus dem Bereich Gottesdienst bzw. Kindergottesdienst wurden geehrt: Willi Andres (Sendelbach), Hannelore Barthelmann (Straßenhof), Silke und Dirk Kammlott (Jesserndorf) und Heinz Sauer (Manau).
Ausgezeichnet wurden schließlich noch jene Personen, die in mehreren Ämtern ehrenamtlich Dienst tun. Diese sind: Rainer Brand (Uchenhofen), Hedwig und Dietmar Lorentzen (Jesserndorf), Gisela Lohm (Ebern) und Dagmar Räth (Rügheim).
In geselliger Runde klang dann der Dekanatsempfang mit regen Gesprächen aus. Zudem konnte man die feinen Köstlichkeiten probieren, die Siad Abdullah „gezaubert“ hatte, ein Koch aus Damaskus, der seit einem Jahr als Asylbewerber in der Eberner Kaserne wohnt.