Jürgen Schaaf steht gerade in wasserfester Kleidung am Damm zwischen zwei seiner Fischweiher, als der Tag sich mit einem roten Sonnenaufgang ankündigt. Für das Abfischen seiner Weiher muss er mit seinen Helfern früh ausrücken, denn das Wasser des zweiten Weihers läuft bereits seit dem Vorabend ab. Rund 900 Fische, darunter Speisekarpfen, Schleien, junge Hechte und Zander, müssen heute mit dem Kescher aus dem Teich in Jürgen Schaafs Transportboxen umgesetzt werden.
Die Weiherkette namens Waldschwinnerhof liegt zwischen Untersteinbach und Michelau im Steigerwald. Der Himmel ist zugezogen und trüb – eigentlich typisches Novemberwetter. Doch die ungewohnt hohen Temperaturen erschweren die heutige Aktion, denn bei dem zehn Grad warmen Wasser behalten die Fische einen hohen Puls und sind besonders aktiv – was mehr Stress für die Tiere bedeutet. Deshalb will der Chef der Truppe das Abfischen heute schnell durchziehen: „Das Wetter kann man sich halt nicht aussuchen.“
Am zweiten etwa eineinhalb Hektar großem Becken öffnet er den Abfluss, den sogenannten „Mönch“. Das Abflusssystem trägt diesen Namen, da es von einem eben solchen Geistigen erfunden worden ist. Vor dem Mönch haben sich schon viele Fische in einer Abfischgrube gesammelt. Das restliche Wasser des zweiten Beckens strömt nach dem Öffnen des Mönchs in den bereits trocken gelegten ersten Weiher und lenkt so die Fische in ein Auffangbecken. Ab hier beginnt mühsame Handarbeit: Die Fische werden dort mit einem Kescher herausgefischt und der Art nach in verschiedene Zuber sortiert. Sind diese ausreichend mit Fisch und Wasser gefüllt, tragen zwei kräftige Helfer die Behälter zum Hänger.
Da das Ufer zwischen dem ersten und zweiten Becken zu schmal für einen Kran ist, der normalerweise das Heraushieven der gefüllten Fischzuber übernimmt, passiert das heute in Handarbeit. Die prall gefüllten Zuber werden also angehoben und die Fische in einen mit Sauerstoff angereicherten Wassertank gekippt. „Den Sauerstoffgehalt kann man per Hand einstellen“, erklärt Jürgen Schaaf. Der Bedarf sei bei jeder Art unterschiedlich. „Zander und Hecht brauchen zum Beispiel eher weniger Sauerstoff“, so der Fischwirt, während er an dem Regler seiner Sauerstoffflasche dreht.
Es geht gemächlich mit den kleineren Fischen los. In diesen Weiher hat er „K3“-Karpfen, die drei Sommer alt seien, und größere Schleien zusammen mit sehr jungen Raubfischen, wie Hechten und Zander, gesetzt. „Da braucht man sich dann keine Sorgen um die Speisefische machen“, erklärt Jürgen Schaaf. Als erstes gehen dem Team die Fische ins Netz, die mit dem Strom durch den Mönch schwimmen. Die Karpfen schlagen sich da hartnäckiger. Spätestens als Jürgen Schaaf mit dem großen Netz die Fische in Richtung Mönch lotst, geraten die Tiere in Bewegung.
Immer mehr aufgewühlter Schlamm mit herumtanzenden Karpfenbrummern verleiht den tüchtigen Helfern hunderte kleine Matsch-Sommersprossen. Die Menge an Fischen, die da durch den Abfluss ins Auffangbecken strömt, lässt alle heftig ins Schwitzen kommen. Gut, dass Jürgen Schaaf am anderen Ende den Zufluss regulieren kann. So kann jedes Tier nach und nach gefangen, sortiert und in einen Tank umgesetzt werden. Selbst einzelne Ausreißer sammelt der Chef persönlich im leerer werdenden Becken ein. Dabei muss er sich sichtlich anstrengen, denn das Waten durch den weichen Schlick am Weihergrund hat seine Tücken. Doch ein geübter Fischwirt kennt Tricks: „Die Hacken müssen hinten hoch“. Und so findet er noch einzelne Hechte und Karpfen, denen er mit der Schaufel Kanäle in Richtung Abfluss aushebt.
Wie viele Fische Jürgen Schaaf und seine Helfer letztendlich aus dem Teich geholt haben, wird erst beim Verkauf gezählt. Beim Abfischen sind auf jeden Fall weniger Fische im Weiher, als er anfangs eingesetzt hat. „Mein Großvater war noch mit fünf Prozent Verlust dabei. Ich muss da mit fünfzig bis sechzig Prozent rechnen“, verrät Jürgen Schaaf. Schuld daran seien besonders die aus Asien eingeführten Kormorane, die hier keine natürlichen Fressfeinde haben. Aber auch Pflanzenfresser, wie der Biber, können mit ihren Dämmen besonders beim Abfischen seine Arbeit stören. Das Wasser könne dann nicht richtig abfließen.
An der Weiherkette Waldschwinnerhof scheint aber in dieser Saison alles gut gelaufen zu sein. „Es sieht so aus, als wäre die Stückzahl in etwa die vom Anfang der Saison“, schätzt Jürgen Schaaf. Nach über drei Stunden harter Arbeit am Weiher bringt er die Tiere in seinem Transporttank in die tieferen Winterteiche. Dort können die Jungfische einerseits gut überwintern und die Speisefische vorrätig gehalten werden. Schließlich soll es bis April noch Karpfen zu essen geben. „Wenn bis dahin überhaupt noch welche da sind“, lacht der sympathische Fischwirt.
„Die Hacken müssen
hinten hoch “