
Graugänse, Kanadagänse und Nilgänse breiten sich in Bayern aus, und in einigen Regionen führt dies schon zu Konflikten in der Landwirtschaft oder im Tourismus. In Franken ist dies vor allem entlang des Mains zwischen Bamberg und Haßfurt der Fall. Deswegen waren nun die Betroffenen und Interessenvertreter zu einer Auftaktveranstaltung in der Pilotregion Bamberg-Haßfurt eingeladen, um das dreijährige Umsetzungsprojekt „Management von Wildgänsen“ zu starten und kreative Ideen zu entwickeln, wie Konflikte mit Wildgänsen minimiert und die Gänseplage vernünftig eingedämmt werden können.
Die lokale Auftaktveranstaltung im Rudolf-Winkler-Haus in Zeil stieß auf ein großes Echo bei Betroffenen im Maintal, von Haßfurt hinauf nach Bamberg und weiter bis Zapfendorf. Landwirte, Naturschützer, Kiesgrubenbesitzer, Jäger und andere Interessen- sowie Behördenvertreter wollten dabei sein, um ein schon lange diskutiertes Problem anzugehen.
Dieses Gebiet wurde vor kurzem neben dem Altmühlsee in Mittelfranken als eine der beiden Modellregionen in Bayern ausgerufen, in denen ein „Gänse-Management“ für Bayern erarbeitet werden soll. Die Erfahrungen aus dem Maingebiet sollen dann in München in einen Leitfaden einmünden, um in Konfliktgebieten zukünftig darauf zurückgreifen zu können.
Landrat Wilhelm Schneider erinnerte daran, dass sich die Population der Wildgänse seit dem Jahr 2000 übergreifend in den Landkreisen Bamberg und Haßberge enorm ausgeweitet habe und zu einer richtigen Plage geworden sei. Um dem Problem der Wildgänse Herr zu werden, habe sich Rudi Ruß, Obmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) aus Sand, enorm engagiert und das Thema auch in die Öffentlichkeit getragen.
Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, der sich davon vor Ort ein Bild gemacht hatte, habe dieses Monitoring mit Projektmanager Christian Wagner von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft angeboten. Nun gehe es bei der Umsetzung darum, von den bisherigen Erfahrungen zu profitieren und Lösungsansätze zu finden. „Abschaffen werden wir es nicht können. Aber ich hoffe auf pragmatische Lösungsansätze, die auch für die Landwirtschaft oder den Tourismus akzeptabel sind“, sagte Schneider.
Bei der Auftaktveranstaltung zu dem Umsetzungsprojekt, das bis 2017 läuft, stand eingangs der erste Erfahrungsaustausch über den bisherigen Umgang mit den Wildgänsen in der Region im Vordergrund. Die Entschädigung für Landwirte stand dabei natürlich an vorderer Stelle. Rudi Ruß führte drastisch vor Augen, dass die Schäden von etwa 5000 Euro im Jahr 2010 auf nunmehr 22 000 Euro angewachsen seien. Er sehe auch nicht ein, dass es nur noch bis 2015 eine Entschädigung geben solle, und diese bei 50 Prozent liege. „Kein anderer Arbeitnehmer würde für die Hälfte arbeiten. Die Erhöhung der Population kann doch nicht auf Kosten der Landwirtschaft ausgetragen werden. Hier ist die Politik gefordert. Schließlich brauchen wir auch die Mittel, um Maßnahmen durchzusetzen, zum Beispiel für den Umbau der Insel am Altmain.“
Arbeitsgruppen
In zahlreichen Arbeitsgruppen der rund 120 Teilnehmer wurden dann viele Ideen und Vorschläge, aber auch schon bisherige erfolgreiche Maßnahmen zu Papier gebracht. Jägerin Jutta Reichel aus Baunach begrüßte die Ausweitung der Jagdzeit, die schon gewirkt habe, vor allem auch bei Junggänsen. Da die Tiere meist mehrere Junge bekämen, könne man sich vorstellen, dass sich jedes Jahr ihre Zahl verdopple und welche Populationssteigerung dies nun schon seit 14 Jahren ausmache. „Wo können wir aber in unserer Situation etwas bewegen, wenn die Ideen dann nicht genehmigt werden und vielleicht ein Gesetz dagegenspreche. Wenn wir hier keine Möglichkeit erhalten, die Plage einzudämmen, dann ist all unsere Arbeit umsonst und in drei Jahren sind wir genauso weit wie jetzt“, meinte sie.
BBV-Geschäftsführer Manfred Kraus ging noch weiter und fragte den Projektmanager nach seiner inneren Einstellung zum dem Projekt. „Wenn Sie zu einer erfolgreichen Reduzierung der Population nicht die entsprechende Einstellung haben, wird es sicher sehr schwierig.“ Christian Wagner stellte dazu ganz klar „meine Einstellung, dass wir die Konflikte minimieren. Dafür will ich mich einsetzen und dafür die drei Jahre arbeiten“.
Diese Zeit wird man auch benötigen, um die vielen Ideen in der Projektgruppe zu besprechen und Erfolg versprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Dabei wurden zuerst die Probleme wie die Verkotung von Kulturen und Nahrungsmitteln im Anbau angesprochen. Rapsfelder seien „ratzeputz“ abgefressen und auch der Zugang an Badeseen sei total verdreckt.
In den Arbeitsgruppen sah man aber auch viele Lösungsansätze, die aber auch durchgesetzt werden müssten, notfalls auch mit Hilfe der Politik. Dabei sollte die Bejagung auch ganzjährig möglich sein und müsste revierübergreifend erfolgen. Ein Thema war auch die Reduzierung der Gelege, denn hier könne man am leichtesten die Population aufhalten. Ein noch interessanterer Vorschlag war die „Antibaby-Pille“ für Gänse, während sich andere auch die Spezialität des Gänseessens in den Restaurants der Region vorstellen konnten.
Ideenreichtum
Projektleiter Wagner zeigte sich sehr überrascht von der aktiven Mitarbeit und dem Ideenreichtum der Teilnehmer. Bei der Entschädigungsfrage verwies er darauf, dass bisher eine Entschädigung nur in fünf Landkreisen gewährt werde, darunter die beiden betroffenen im Maintal. Dass man nun auch noch als Pilotprojekt ausgewählt wurde, sei ein weiteres Privileg für die Region.
Bei der Umsetzung des Projekts müsse man auch von der Tatsache ausgehen, dass viele Menschen die Gänse mögen, sie auf der anderen Seite aber zum Ärgernis vieler Schäden anrichten. „Die Kapazitätsobergrenze der Population ist uns noch weitgehend unbekannt. Vielleicht haben wir aber auch schon diese Obergrenze erreicht. Die Konflikte im Maintal und Altmühlsee sind dem Ministerium bekannt und deswegen wurden nun auch diese beiden Projekte beschlossen. Es ist ein Umsetzungsprojekt, an dessen Ende nach drei Jahren eine Lösung stehen soll, wie man zukünftig mit den Gänsen umgehen kann. Und dieses Konzept sollte auch noch gesellschaftlich akzeptiert werden“, betonte Wagner.
Im Anschluss daran wurden dann die Mitglieder der Projektgruppe gewählt, die aus Vertretern der Landwirtschaft, der Jagd, des Naturschutzes und der Naherholung zusammen mit den lokalen Behörden die Strategie für die Region erarbeiten soll.
Projektleiter Wagner kündigte an, dass die Projektgruppe im Laufe des März mit der Arbeit beginnen werde. Der Auftrag sei ganz klar: erstens, ein regionales Konzept für ein Gänsemanagement erarbeiten. Zweitens lokale Besonderheiten berücksichtigen. Drittens die Umsetzung und Akzeptanz in der Region sicherstellen. Viertens Werbung und Interessenvertretung für das Gänsemanagement in der Region.
Rudi Ruß, der maßgeblich an dem Zustandekommen dieser Auftaktveranstaltung beteiligt war, war sichtlich froh über das Ergebnis. „Es waren intensive Vorarbeiten dazu nötig. Aber jetzt ist der Grundstock für die Umsetzung vieler Ideen gelegt und nun gilt es, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Die Arbeit geht also jetzt erst richtig los. Dabei bin ich zuversichtlich, dass wir zu guten Lösungen kommen.“
Projektgruppe
Als Mitglieder gewählt: Rudi Ruß, Sand; Manuel Mühlfelder, Sand; Andreas Klarmann, Oberhaid; Heinrich Braun, Ebing; Klaus Pieroth (Bayerischer Bauernverband); Erich Schmitt, Augsfeld; Günter Mendel, Haßfurt (Bereich lokale Flächennutzer); Thomas Stahl, LBV und Dietmar Will, BN Haßfurt (lokale Naturschützer); Bernhard Zenk, Bischberg, und Jürgen Seyfried, Kirchaich (lokale Jagdvertreter).