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Ditterswind
Jagdflieger und Feind der Demokratie: Rudolf Berthold aus Ditterswind
Am 21. März wäre Rudolf Berthold aus Ditterswind 130 Jahre alt geworden. In die Geschichte ging er als einer der erfolgreichsten Jagdflieger des Ersten Weltkriegs ein - aber auch als Putschist gegen die Weimarer Republik.
Foto: Archiv Haßfurter Tagblatt | Am 21. März wäre Rudolf Berthold aus Ditterswind 130 Jahre alt geworden. In die Geschichte ging er als einer der erfolgreichsten Jagdflieger des Ersten Weltkriegs ein - aber auch als Putschist gegen die Weimarer ...
Bearbeitet von Jens Fertinger Bearbeitet von Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:56 Uhr

Unter den zahlreichen Namen auf dem Kriegerdenkmal in Ditterswind findet sich auch Rudolf Berthold, der vor genau 130 Jahren, am 24. März 1891, in dem Maroldsweisacher Ortsteil geboren wurde. Dabei fällt auf, dass sein Todesdatum – im Gegensatz zu den meisten anderen, die auf dem Stein erwähnt werden – nicht in die Zeit des Ersten oder Zweiten Weltkriegs fällt: Berthold starb 1920, also in der Zeit zwischen den beiden Kriegen, bei einem Putschversuch gegen die junge Demokratie in Deutschland. In die Geschichte ging er als einer der erfolgreichsten deutschen Jagdflieger des ersten Weltkriegs ein – aber auch durch seine unrühmliche Rolle als Putschist und Demokratiefeind.

44 Siege für den "feuerspeienden Berg"

Rudolf Berthold wurde als Kind von Oberförster Oskar Berthold und dessen Ehefrau Helene geboren. In den Jahren 1897 bis 1904 besuchte er die Werktagsschule in seinem Heimatort und trat danach in das Neue Gymnasium in Bamberg ein, wo er 1910 das Reifezeugnis erwarb. Alsbald bewarb er sich erfolgreich beim Infanterie-Regiment "Graf Tauentzien von Wittenberg" als Avantageur (Offiziersanwärter). Ende Januar 1912 wurde er bereits zum Leutnant befördert und absolvierte zwei Jahre später die Ausbildung zum Militärflieger. Während des Ersten Weltkrieges, der 1914 begann, wurde Berthold zunächst zum Oberleutnant, bald darauf zum Hauptmann befördert. Zahllose erfolgreiche Einsätze, bei denen er 44 belegte Luftsiege errang, ließen ihn als eines der "legendären Fliegerasse" bekannt werden, ähnlich wie der "Rote Baron" Manfred von Richthofen oder Ernst Udet.

In einem Presseartikel aus dem Jahr 1980 wird aus dem Leben Bertholds so berichtet, bei Freund und Feind sei seine Maschine als "Der feuerspeiende Berg" bekannt gewesen. Sein Name und sein rotes Flugzeug mit einem weißen, geflügelten Schwert an den Seiten hätten bei seinen Gegnern Schrecken ausgelöst.

Zahlreiche Verdienstorden

Im "Ehrenbuch" von Ditterswind, dessen Inhalt im wesentlichen von dem Lehrer Christoph Böhm zusammengetragen wurde, befindet sich eine Helden-Urkunde für Rudolf Berthold. Hier sind seine Lebensdaten aufgeführt, aber auch dessen Auszeichnungen benannt. So erhielt er das Eiserne Kreuz zweiter und erster Klasse, den Bayerischen Kriegsverdienst-Orden, das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern sowie den Verdienstorden Pour le Mérite.

Der Name Rudolf Berthold ist noch heute auf dem Kriegerdenkmal in Ditterswind zu lesen.
Foto: Jens Fertinger | Der Name Rudolf Berthold ist noch heute auf dem Kriegerdenkmal in Ditterswind zu lesen.

Das Kriegsende erlebte er in der Berliner Universitätsklinik, nachdem er am 10. August 1918 mit seinem Flugzeug abgeschossen worden war, den Absturz aber schwer verletzt überlebt hatte. Seine rechte Hand blieb danach dauerhaft gelähmt.

Kaisertreu und nationalistisch

Dass es am Ende des Ersten Weltkrieges zum Sturz der Monarchie im Deutschen Reich und zu dessen Umwandlung in die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik kam, empfand der kaisertreue Nationalist Berthold als erschütternd. Die Reichsregierung befand sich in einer schwierigen Situation: Einerseits war auch nach dem Krieg Militär nötig, um die Ordnung im Land aufrecht zu erhalten und die Grenzen nach Osten zu sichern. Andererseits gab es gerade unter den Militärangehörigen viele Gegner der neuen Staatsform.

Berthold gründete mit Genehmigung der Reichsregierung das Freikorps "Eiserne Schar Berthold", das zunächst in Hammelburg stationiert war. 1919 verlegte er es nach Königsberg in Ostpreußen, um der Auflösung der Einheit zu entgehen. Im März 1920 beteiligte er sich zusammen mit seiner "Eisernen Schar" am Kapp-Putsch, einem Aufstand gegen die demokratische Regierung. Zu den prominentesten Unterstützern diese Umsturzversuchs gehörte Erich Ludendorff, General und Teil der Obersten Heeresleitung im Ersten Weltkrieg, der später auch Adolf Hitler bei dessen Putschversuch im Jahr 1923 unterstützte.

Tödliche Schüsse am "Harburger Blutsonntag"

Rudolf Bertholds Einheit besetzte am 14. März 1920 eine Schule in der Stadt Harburg, die heute ein Stadtteil von Hamburg ist. Die Schule wurde daraufhin belagert, bis Bertholds "Eiserne Schar" am 16. März aufgeben musste – zuvor hatte er seine Männer allerdings in die Menge vor dem Gebäude feuern lassen, wobei einige Menschen getötet wurden. So war in der Harburger Bevölkerung die Wut auf die Gebäude-Besetzer groß, weshalb es bei der Kapitulation zu einem Tumult kam, in dem Menschen auf Berthold und seine Soldaten einprügelten. Rudolf Berthold wollte sich dagegen mit seiner Pistole verteidigen, doch als er sie zog, wurde sie ihm entrissen. Daraufhin fielen Schüsse, die ihn töteten.

Beigesetzt wurde Berthold wenige Tage später, an seinem 29. Geburtstag, auf dem Berliner Invalidenfriedhof. Durch seine Beteiligung am Aufstand gegen den ersten demokratischen Staat auf deutschem Boden setzte gerade in der Nazi-Zeit eine Verehrung für ihn ein, sein Tod wurde als "Lynchjustiz" dargestellt und für antidemokratische Propaganda genutzt. 1933 wurde die Harburger Schule, die er mit seinen Männern besetzt hatte, in "Berthold-Schule" umbenannt. Heute hingegen erinnert dort eine Gedenktafel an Bertholds Opfer. Der 15. März 1920 ging als "Harburger Blutsonntag" in die Geschichte ein – obwohl es sich eigentlich um einen Montag handelte.

 
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zwar hat das bei weitem nicht die Dimensionen wie in Geroldshausen aber auch hier darf man nach allem was man weiß die Frage stellen was so ein Mensch auf dem Kriegerdenmal verloren hat?
    Schon alleine deshalb weil er nicht im Krieg gefallen ist sondern bei dem von ihm unterstützten Kapp-Putsch der die Demokratie beseitigen wollte!
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