Der größte Fehler, den man machen kann, ist, nicht zu helfen“, sagt Wolfram Thein. Der Maroldsweisacher Bürgermeister sitzt an einem Tisch in seinem Arbeitszimmer. Vor ihm liegen mehrere DIN-A4-Blätter mit Fragen zur Ersten Hilfe: Aus welchen Teilen besteht die Rettungskette? Was tun bei starkem Nasenbluten? Thein gegenüber sitzt Anne Grimmer, Bereitschaftsleiterin des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) Kreisverband Haßberge. Sie ist es, die die Fragekarten mitgebracht hat. Anlässlich des heutigen Welttags der Ersten Hilfe haben sich die beiden – auf Anfrage dieser Redaktion – bereit erklärt, an einem Praxistest zur Ersten Hilfe teilzunehmen. Grimmer als Expertin und Thein gewissermaßen als Prüfling.
Neben Wolfram Thein haben auch der Burgpreppacher Grundschulrektor Alois Brandl, Hofheims dritte Bürgermeisterin Julitta Ott, und der Kommandant der Freiweilligen Feuerwehr Hofheim Karlheinz Vollert zugesagt und am Test teilgenommen. Getestet wurde dabei nicht nur das theoretische Wissen. Alle Kandidaten mussten außerdem eine Herz-Lungen-Wiederbelebung an einer Rettungspuppe durchführen. So waren die gestellten Aufgaben für alle gleich, unterschiedlich jedoch die Vorkenntnisse und Erfahrungen der Kandidaten.
„Vor fünf oder sechs Jahren habe ich meinen Ersthelfer gemacht“, erzählt beispielsweise Wolfram Thein. Der junge Familienvater hat zudem im Jahr 2004 einen Erste-Hilfe-Kurs für Kleinkinder und Säuglinge besucht. Erste Hilfe an einem Unfallort musste er „zum Glück“ noch nicht leisten. Allerdings sei er vor Kurzem mit der Feuerwehr zu einem Notfall gerufen worden. Eine Person habe mit Platzwunde am Kopf in ihrer Wohnung gelegen. Was bei einer stark blutenden Wunde zu tun ist, das will auch eine der Fragekarten von Anne Grimmer wissen. „Ich habe dann einen Druckverband angelegt“, berichtet Thein.
Kurse liegen oft lange zurück
Ihren letzten Erste-Hilfe-Kurs hat Julitta Ott vor zwei Jahren gemacht. Außerdem ist sie betriebliche Ersthelferin. Notfälle am Arbeitsplatz, das seien beispielsweise Schnittwunden oder Kreislaufprobleme. Es sei auch schon einmal jemand gestürzt und mit dem Kopf auf die Treppe geschlagen, erinnert sich Ott. Auch zuhause war ihre Hilfe schon gefragt, als ihre Mutter sich am Schienbein verletzte und stark blutete. Ihr Vater habe im ersten Schock versucht, das Blut vom Boden zu wischen. „Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, Ruhe zu bewahren“, erzählt Ott, die ihre Mutter dann sogar selbst ins Krankenhaus fuhr.
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Posted by Main-Post Haßberge on Freitag, 11. September 2015
„Pflaster sind in der Schule das Wichtigste“, sagt Alois Brandl mit Blick auf seine bisherigen Erste-Hilfe-Einsätze. In der Schule sind häufig Schnitt- oder Schürfwunden zu versorgen, auch Nasenbluten kommt „fast jede Woche“ vor, sagt der Grundschulrektor. Im Sportunterricht musste er auch schon einmal einen Druckverband anlegen, da sich ein Schüler eine Platzwunde am Kopf zugezogen hatte. Der letzte Erste-Hilfe-Kurs liegt bei Alois Brandl schon etwa 40 Jahre zurück. Im Rahmen des Führerscheinerwerbs und dann noch bei der Bundeswehr sei das gewesen, erinnert er sich. Dass er nicht ganz aus der Übung kommt, dafür sorgen seine Schüler. Auch was die Theorie betrifft. So wird an der Grundschule im dritten Jahr mit den Kindern das Absetzen von Notrufen geübt.
Karlheinz Vollert erzählt, dass ihm bei Einsätzen der Feuerwehr als Kommandant weniger die Erste Hilfe an sich, sondern die Organisation und der Gesamtüberblick zufallen. Dazu zählen zum Beispiel das Absperren der Unfallstelle und die Information des Rettungsdienstes darüber, was genau passiert ist. Beides ist aber auch Bestandteil der Erste-Hilfe-Maßnahmen, wie Anne Grimmer bestätigt. Sein letzter Erste-Hilfe-Kurs sei vor 45 Jahren anlässlich der Führerscheinprüfung gewesen, sagt Vollert.
Bei Schulungen in der Feuerwehr und der Brandschutzerziehung im Kindergarten, bei der ähnlich wie in der Schule das Absetzen von Notrufen geübt wird, kommt Vollert seither immer wieder mit der Ersten Hilfe in Berührung.
Die ersten Schritte sind wichtig
So verschieden die Voraussetzungen der Kandidaten auch waren, alle haben sowohl den Theorie- als auch den Praxisteil gut gemeistert. Manchmal mit etwas mehr Hilfestellung, mal mit etwas weniger. Einig waren sich alle darin, wie wichtig die Erste Hilfe ist. Bereitschaftsleiterin Grimmer weiß, dass im Erste-Hilfe-Fall die ersten Schritte die wichtigsten sind. „Der Rest kommt dann von selbst.“ Und auch sie unterstreicht: „Man kann nichts falsch machen. Nur wenn man nicht hilft.“
Was im Ernstfall zuerst zu tun ist
Im Ernstfall sei „Ruhe bewahren das Schwierigste, aber auch das Wichtigste“, sagt Anne Grimmer, Bereitschaftsleiterin des BRK Haßberge. Wer als Ersthelfer zu einer Person in Not kommt, sollte nach folgendem Merksatz vorgehen: „Anschauen, Ansprechen, Anfassen“ und dann entsprechend „Erkennen, Überlegen, Handeln“. Viele Menschen würden denken: „Was kann ich denn schon machen?“ Tatsächlich kann aber jeder nur mit dem Einsatz von Augen, Mund und Händen schon viel erkennen, erklärt Grimmer.
Vor dem Anruf der 112 sollte man immer zuerst die Situation klären, um dann auf die „fünf Ws“ eingehen zu können: Wo ist der Unfall? Was ist geschehen? Wie viele Verletzte? Welche Verletzungen? Und nicht zuletzt das Warten auf Rückfragen. Dieser Punkt sei eigentlich der Wichtigste, denn wurde eines der anderen „Ws“ vergessen, könne die Leitstelle an dieser Stelle nachfragen, erklärt Grimmer.