Wenn in Eichelsdorf der Strom ausfällt, gehen in den Häusern die Lichter aus und das ganze Dorf versinkt in Dunkelheit. Das ganze Dorf? Nein. Denn in der Haßbergstraße steht seit Kurzem ein Haus, das in einem solchen Fall noch hell erleuchtet sein könnte.
„Wir sind zu ungefähr 80 Prozent im Jahr vom Stromnetz autark“, erklärt Hausbesitzer Jürgen Bergmann. Der Architekt wohnt seit gut einem Jahr in einem Haus, das dem Begriff des intelligenten Zuhauses – neudeutsch Smart-Home – sehr nahe kommt. Nicht nur aufgrund seiner Energieeffizienz, sondern auch durch ein Steuerungssystem, mit dem etwa die Lichter im Haus bedient werden können.
„Das ganze Gebäude ist mit einem sogenannten Bus-System ausgestattet. Man kann sich das wie eine Art Datenleitung vorstellen, über die quasi alles gesteuert wird. Das heißt, man hat keine normalen Schalter, sondern die Schalter sind letztendlich nur Signalgeber“, erklärt Bergmann.
Theoretisch könne man jeden Schalter auf jede Lampe und jede Steckdose programmieren. Bedienen lässt sich das System über einen Bildschirm, der in einer Schrankwand verbaut ist. „Der ist im Prinzip wie ein Tablet aufgebaut“, sagt Bergmann. Über das Display kann man das System steuern und auch programmieren.
Wenn zum Beispiel jemand an der Haustür klingelt, erscheint eine Anzeige auf dem Display – ähnlich wie bei einem Anruf auf dem Handy. Mittels Kamera zeigt das System dem Hausbesitzer, wer vor der Tür steht. Ist niemand zuhause, speichert die Kamera ein Foto von der Person.
Das System lässt sich aber nicht nur über das festinstallierte Display steuern. Mithilfe einer App wird das Smartphone zur Fernbedienung. Sitzt man etwa im Wohnzimmer auf dem Sofa und hat vergessen, das Licht in der Küche auszuschalten, spart man sich im Smart Home den Gang zum Lichtschalter und knipst das Licht über das Handy aus.
Steuerbar sind im Haus von Jürgen Bergmann alle Lichter, teilweise auch die Steckdosen. Man könne zudem einzelne Zimmer ansteuern und zum Beispiel auch die Raffstoren hoch- und runterfahren lassen, erläutert Bergmann. Ein paar Sachen seien aber nach wie vor konventionell geschalten.
Dass ein vernetztes Zuhause ein Sicherheitsrisiko birgt, ist Bergmann bewusst. Große Bedenken hat er aber nicht. „Es ist kein offenes System, sondern ein internes. Passwortgeschützt und verschlüsselt.“ Und: „Wir sind jetzt auch noch nicht soweit gegangen, dass sich der Kühlschrank selbst beim Markt anmeldet und einkauft. Ob man das will, muss jeder für sich selbst entscheiden.“
Die zweite Komponente, die das Haus zu einem Smart Home macht, ist die angesprochene Energieeffizienz und Eigenproduktion. Das Zuhause der Bergmanns trägt die Bezeichnung Plus-Energie-Haus. Diese beinhalte zum einen eine Dämmung nach Passivhaus-Standard und eine Photovoltaik-Anlage, die mehr Strom im Jahr produziert, als verbraucht wird. Der Stromüberschuss kann im Haus gespeichert werden. Die begrenzte Speicherkapazität sowie die schwankende Produktion zwischen Sommer und Winter verhinderten aber eine komplette Eigenversorgung.
Hinzu kommen eine Luftwärmepumpe, „die zwei Drittel der Energie aus der Luft holt“, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und ein sogenannter Erdwärmetauscher. Dieser nutzt die konstante Temperatur des Grundwassers, um im Winter die Luft, die über die Lüftungsanlage ins Haus kommt, vorzuwärmen und im Sommer vorzukühlen. „Dann kommt eben statt 30 Grad warmer nur noch 24 Grad warme Luft ins Gebäude. Das kann man den ganzen Tag laufen lassen und es reguliert sich auch ganz angenehm selbst“, sagt Bergmann.
Selbstversorgung finde er gut. „Es ist allerdings um einiges teurer“, fügt er an. Bei den Investitionskosten müsse man ein Drittel mehr rechnen als bei einem normalen Wohnhaus. „Das wird sich nicht bei allen Häusern realisieren lassen. Einfach aus Budgetgründen. Auch in der Altbausubstanz wird es sicherlich so sein, dass es nicht oder nur in Teilbereichen realisierbar ist.“
Insgesamt fällt Bergmanns Fazit jedoch positiv aus. Auch wenn zunächst mehr Geld investiert werden musste. Sein monatlicher Stromabschlag liege dafür nun zwischen 25 und 30 Euro. „Das ist wie bei einem sparsamen Auto: Sie haben erst einmal ein paar Euro mehr Investition, aber dafür freuen Sie sich jedes Mal an der Tankstelle.“
Thema Sicherheit
Zwischen 60 und 70 Prozent der Neubauten würden mittlerweile mit der sogenannten Bus-Technik ausgestattet, erklärt Elektroinnungsobermeister Ralf Jooß. Viele hätten die Ausstattung ihres Zuhauses mit intelligenter Gebäudetechnik bei der Anfrage schon im Hinterkopf. „Wie es funktioniert, muss man noch erklären“, sagt Jooß. Ein Vorteil der Bus-Systeme bestehe darin, dass weniger Leitungswege benötigt würden, als bei konventionellen Installationen. Gleichzeitig böten elektrische Schalter wesentlich mehr Funktionen als mechanische Schalter.
Ein Beispiel: Wählt man etwa die Lichtszene „Fernsehen“, kann das System so eingestellt werden, dass sich die Beleuchtung auf 25 Prozent herunterfährt und sich die Jalousien so positionieren, dass die Sonneneinstrahlung auf den Bildschirm reduziert wird.
Was die Sicherheit betrifft, setzt Jooß auf kabelgebundene Systeme, bei denen Leitungen von Sensor zu Sensor führen. Diese seien im Vergleich zu Funklösungen sehr sicher.
Angriffe auf Smart-Home-Anlagen werden statistisch nicht erfasst, teilt das Bayerische Landeskriminalamt auf Anfrage mit. Generell gelte, dass unzureichend gesicherte Technik durch Straftäter missbraucht werden könne. „So besteht bei Smart-Home-Lösungen durch die Anbindung an das Internet die Gefahr, dass Straftäter zum Beispiel Schadsoftware installieren oder über das Internet Zugriff auf angeschlossene Komponenten, wie Videokameras, erlangen können“, heißt es aus dem zuständigen Sachgebiet.
Beim Einsatz digitaler Steuerungssysteme sollten deshalb „geeignete Schutzmaßnahmen im Sinne der allgemeinen Computersicherheit getroffen werden.“