
Ihre jüngste Radreise – wie immer ohne E-Bikes - führte Inge und Manfred Wagner (beide 65) aus dem Königsberger Stadtteil Holzhausen in den Nahen Osten. Sie planten, die großen Sehenswürdigkeiten entlang des Niltals und im jordanischen Königreich zu besichtigen. Die Pyramiden von Gizeh, Luxor, die sagenumwobenen Königsgräber, Abu Simbel, die Felsenstadt Petra und die grandiose Wüstenlandschaft des Wadi Rum standen auf ihrem Programm.
Aber wie so oft auf ihren Reisen machten die Wagners auch diesmal die Erfahrung: Der Plan ist das Eine, das Leben aber das Andere: In Ägypten unterbindet die Polizei nämlich rigoros das nicht organisierte Reisen von Individualtouristen mit eigenen Fahrzeugen. Nun berichten die Globetrotter von ihrer "abgespeckten" Reise.
Zehn Stunden bei der Polizei in Ägypten
Anfangs läuft alles nach Plan: Nach der Ankunft in Kairo bestaunen die Radler die riesigen Pyramiden von Gizeh, schauen der nasenlosen Sphinx in die Augen und umrunden – nahezu touristenfrei – die berühmte Stufenpyramide des Djoser. Dann aber ist schnell Schluss mit lustig. Bei einem Check-Point der Polizei werden sie erst mal zehn Stunden festgehalten und dann mit Militärtransportern und Pick-Ups in die ägyptische Hauptstadt zurückverfrachtet.

Diese Maßnahme wurde von den stets freundlichen Beamten unermüdlich mit der Sicherheit der Ausländer und der Sorge vor Anschlägen begründet. Die Wagners aber sind überzeugt, dass es um mehr geht: Den ägyptischen Sicherheitsbehörden sind Pauschaltouristen hochwillkommen, aber Individualreisende ohne offizielle Organisation im Hintergrund sind ihnen suspekt - sie werden auf Schritt und Tritt überwacht und kontrolliert. Nicht umsonst gilt das Land nach dem Putsch von 2013 als ausgeprägter Polizeistaat. Jedenfalls macht die Sicherheitspolizei den Königsbergern unmissverständlich klar, dass sie mit dem Rad nicht aus dem Großraum Kairo rausdürfen.
Jordanien ist der krasse Gegensatz
Nach diesem abrupten Abbruch ihrer Tour durch Ägypten konzentrieren sich die Traveller auf Jordanien, dem zweiten Land ihrer Reise. Sofort nach der Ankunft in dem Königreich stellen sie fest, dass hier eine völlig andere Mentalität vorherrscht als im Nachbarland Ägypten. An allen Kontrollpunkten werden sie von der Polizei freundlich durchgewunken, zumeist sogar ohne Kontrolle. Auch das Zelten in der freien Natur ist überhaupt kein Problem, die vielen Beduinen mit ihren Schaf- und Ziegenherden begrüßen sie stets herzlich.

Nachdem die Franken über sehr bergiges Gebiet die Stadt Kerak mit einer riesigen Kreuzritterburg erreicht haben, geht es weiter nach Süden zur weltberühmten Felsenruine Petra. Zwei Tage nehmen sich die Weltreisenden Zeit, um die weitläufige antike Felsenstadt der Nabatäer zu erkunden. Petra mit seinen monumentalen Bauwerken und Grabstätten war über Jahrhunderte völlig in Vergessenheit geraten, erst ein geringer Teil der antiken Stadt ist ausgegraben.
Am Freitag ist Feiertag
Aufgrund der Corona-Pandemie herrscht in Jordanien an jedem Freitag, dem islamischen Feiertag, eine strikte Ausgangssperre ab 18 Uhr. Viele Hotels und Restaurants sind geschlossen. Auch für die zahlreichen kleinen Souvenirhändler in und vor der Weltkulturerbestätte ist es ein schweres Los, dass nur ganz wenige Touristen unterwegs sind. Kurz, bevor sie Akaba am Roten Meer erreichen, machen die Radler einen Abstecher in die faszinierende Wüstenlandschaft Wadi Rum. Die riesigen Blöcke mit spektakulären Felsbögen inmitten einer leuchtendroten Wüste erinnern sie an den Nationalpark Monument Valley im Südwesten der USA.

Die großartige Einöde darf man nur mit einem ortskundigen Führer besuchen. Als dieser das Deutschlandfähnchen an Inges Fahrrad sieht, trauen die Königsberger ihren Ohren kaum, als er voller Begeisterung sagt: "Ich liebe Deutschland, ich liebe Hitler!” Sie sind überrascht und bestürzt. Da sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen, werfen sie ihm ein flüchtiges "No, no!” hin.
Hitler-Verherrlichung als großes Fragezeichen
Ähnliches haben die Weitgereisten auch schon in anderen Ländern außerhalb Europas erlebt. Wie kann das sein, fragen sie sich, was finden Leute, die den Faschismus und das NS-Regime nur als historisches Ereignis aus Filmen kennen, daran so bewunderungswürdig und faszinierend? Letztlich finden sie keine befriedigende Antwort auf dieses Rätsel.
Manfred Wagner hat seine Reiseerlebnisse aus 99 Ländern in seinem Buch "Die Kanalratte in Kasachstan" zusammengefasst. Erhältlich ist das Werk in allen Buchhandlungen oder bei Manfred Wagner, Tel.: ( 0 95 26) 14 28, E-Mail: wagner-1955@gmx.de

Nächstes mal fahre ich in der Packtasche gerne mit
Die Beiden werden dafür sicherlich mit außergewöhnlichen und unvergesslichen Momenten belohnt.