In der enorm wachsenden digitalen Medienwelt um Facebook, WhatsApp und Co gibt es sowohl entscheidende Vorteile, aber auch Nachteile mit gravierenden Folgen. Ein solches Problem ist das sogenannte Cyber-Mobbing, das der Gymnasiallehrer und medienpädagogisch geschulte und erfahrene Experte von der Stiftung Medienpädagogik Bayern, Gunnar Leuner aus Veitshöchheim, am Dienstag im Rahmen der dreitägigen Medientage Haßberge in der Geschäftsstelle von Kommunaler Jugendarbeit und Kreisjugendring behandelte.
Dass immer mehr Schüler im Internet beschimpft, beleidigt, verspottet, aber auch bedroht werden, ist schon längst kein Geheimnis mehr. „Früher wurde im Pausenhof oder auf dem Weg zum Bus gemobbt, aber heutzutage ist der Eingriff in das Privatleben zeit- und ortsunabhängig, das passiert ganz schnell mit dem Smartphone und Internet“, so Leuner über das „Mobbing-Update“.
Im Vergleich zum früheren „direkten Mobbing“ können die Täter anonym bleiben, ihre Inhalte verbreiten sich extrem und unkontrolliert im Netz bei einem unüberschaubar großen Publikum. Hemmschwelle und Empathie gegenüber Opfern sind geringer, auch das Kräfteverhältnis zwischen Täter und Betroffenem spielt keine Rolle mehr. Die Folgen für die Opfer reichen von geringerem Selbstwertgefühl, Ohnmachtsgefühlen, Stress, geringerer Motivation mit Leistungsabfall bis hin zu psychosomatischen Erkrankungen, Depressionen und suizidalen Gedanken. Speziell ging der Referent auf die Mediennutzung der Zehn- bis 14-Jährigen ein.
Der Vortrag beinhaltete, wie und warum die Kinder die neuen Medien nutzen sowie den wichtigen Punkt, welche Verantwortung hierbei die Eltern – bei allem Verständnis – haben. An erster Stelle der genutzten Medien liegt das Smartphone, gefolgt von Internet, Fernsehen, MP3-Player, Radio, digitalen Fotos und Spielen. Am wenigsten benutzen Kinder das „altmodische Medium“ Buch. „Die Kinder benutzen Smartphones stundenlang, um zu kommunizieren, um Platz in der Gesellschaft zu finden und um sich zu orientieren. Dieses Bedürfnis ist ganz normal, das kann man nicht verbieten. Die Kinder haben keine Bravo-Poster mit Vorbildern mehr im Zimmer hängen wie wir damals“, spricht der Vater von zwei Töchtern aus Erfahrung, sondern haben „ Youtuber“ als Vorbilder. Dennoch sollten definierte Regeln des Medienumgangs, die gemeinsam und verbindlich vereinbart sind, herrschen wie zum Beispiel ein „mobiles Verbot“ am Esstisch oder während der Hausaufgaben. Ein Gespräch über die Mediengewohnheiten sollte regelmäßig stattfinden, die Mediennutzung weder zur Belohnung noch zur Strafe eingesetzt werden.
Abschließend stellte Leuner allgemeine Tipps den Eltern vor, um ihre Kinder sowohl als Opfer als auch als Täter des Cyber-Mobbings zu begleiten und zu unterstützen. Für die betroffenen Kinder empfiehlt es sich, Sofortmaßnahmen zur Beweissicherung und Kontaktdatenänderung zu ergreifen. Ein sensibles Gespräch ohne Belehrungen zeigt Verständnis. Ein gemeinsamer Maßnahmenplan und deren Begleitung in der weiteren Entwicklung sind sehr hilfreich. Für die Mobbing-Täter sollte ein konstruktives Gespräch vorbereitet werden, um die Ursache herauszufinden. Das Gespräch soll ruhig verlaufen, um gemeinsam nach Lösungen suchen zu können. Das Kind soll zu einer Entschuldigung ermutigt, es soll aber auch klargestellt werden, dass das Verhalten Konsequenzen haben wird.
Leuner machte aber oftmals deutlich, dass „es keine einfachen Lösungen oder Patentrezepte für einen Mobbingfall gibt. Man kann erzieherisch rangehen oder mit Bestrafungen. Das ist immer die Frage der Erziehung, die vom ständigen Dialog geprägt ist. Es kommt immer auf die jeweilige Situation an“. Für Eltern, die bei einem Mobbingfall Beratung benötigen, können sich bei der gemeinsamen Geschäftsstelle der Kommunalen Jugendarbeit und Kreisjugendring Haßberge (Promenade 5 in Haßfurt) melden. Weitere Hilfe gibt es im Internet unter www.stiftung-medienpaedagogik-bayern.de sowie www.klicksafe.de, die eine kostenlose Cyber-Mobbing Erste-Hilfe-App anbietet. Bei schwerwiegenden Fällen sollte die Polizei kontaktiert werden.