Und wieder ist dem Heinrich-Thein-Berufsschulzentrum Haßfurt ein echter Coup gelungen. Nach „Abi und Auto“ wurde am Donnerstag ein zweites Abiturienten-Ausbildungsprogramm gestartet mit dem Titel „IT-Qualifiziert³“. In Haßfurt werden Abiturienten aus ganz Bayern ab dem Ausbildungsjahr 2017/18 in drei Jahren mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmodule machen können und mit einem dem Bachelor entsprechenden Abschluss viele Chancen haben.
Fabian Hüllmantel ist im dritten Lehrjahr als Fachinformatiker Anwendungsentwicklung. Nach dem Abitur in Neustadt an der Saale fand er eine Ausbildungsstelle bei einer großen Logistikfirma, seine Berufsschulblöcke hat er in Haßfurt, wohnt in dieser Zeit im Hotel, organisiert von Schule und Landkreis als Schulträger. Er strebt zwar nach der Ausbildung noch ein Studium an, aber auch das dual, denn er wollte von den Eltern finanziell unabhängig sein und er schätzt den Praxisteil der Ausbildung sehr. Seine Firma schätzt den Azubi und wird auch das Duale Studium mit ihm gehen.
Hätte es „IT-Qualifiziert³“ schon vor drei Jahren gegeben, hätte er nächstes Jahr nicht „nur“ den Berufsabschluss als Fachinformatiker, sondern auch als IT-Projektleiter und er hätte den Ausbilderschein in der Tasche, einschließlich verschiedener Fortbildungs-Module, die in der Berufspraxis sehr anerkannt sind. In dem neuen Bildungsgang wird die Theorie gestrafft, so dass der Fachinformatiker schon nach zwei Jahren abgeschlossen werden kann. Nach drei Jahren haben die Absolventen einen Abschluss der Ebene DQR 6, was dem Bachelor entspricht.
„Nach dem Informatik-Abitur gab es im ersten Ausbildungsjahr nicht so viel Neues“, erzählt Fabian Hüllmantel im Gespräch mit unserer Zeitung. Genau diese Zeit wird in der künftigen Klasse intensiver genutzt, indem der Lehrplan komprimiert wird. Im Kfz-Bereich hat man damit die besten Erfahrungen gemacht.
Schulleiterin Heidrun Görtler und ihr Team haben viel Herzblut und Know-How in die Entwicklung des Projekts gesteckt. Viele Partner brauchten sie dazu, doch sie haben offene Türen eingerannt, ob bei der IHK, die für die Weiterbildungsmodule gebraucht wird, bei der Regierung von Unterfranken oder beim Kultusministerium.„Wenn etwas innovativ und praxisorientiert ist, dann sind wir sofort dabei“, erklärte der Leitende Ministerialrat Werner Lucha, der zum Startschuss eigens aus München angereist war. Es sei schon bei der Gründung des IT-Kompetenzzentrums 2002 nicht selbstverständlich gewesen, dass der Sprengel nach Haßfurt kommt, erklärte er, doch inzwischen wisse man im Ministerium „dass die Haßfurter das, was sie anpacken, auch zu einem hervorragenden Ergebnis bringen“. Deshalb habe man auch nicht lange gezögert, als das Projekt eingereicht wurde.
Digitalisierung sei einer der Mega-Trends und die Schulentwicklung müsse hier angepasst werden. Dieser Bildungsweg sei bestens geeignet, Schülern in möglichst kurzer Zeit viele Wege zu eröffnen. Auch die IHK habe sofort erkannt, dass das ein passgenaues Instrument gegen den Fachkräftemangel ist, so Dr. Lukas Kugelbauer. Der Fachkräftemonitor zeige, dass bis 2021 in der Region 29 000 Fachkräfte fehlen, davon 27 000 aus dem Bereich der beruflichen Qualifikation und 2000 Akademiker. Das Duale Ausbildungssystem bemühe sich sehr stark um die Schwächeren und um Inklusion, müsse aber auch Angebote für die Stärkeren machen, die dennoch nicht die rein theoretische Ausbildung an der Universität anstreben.
Er lobte das Schul-Team für die Initiative, die Hartnäckigkeit „und die Intelligenz, an die richtigen Stellen heranzutreten“. Mit an Bord sind nämlich als Partner aus der Wirtschaft die Firmen FIS, die auch aus Sicht des Ausbilders ihr Know-How in das Projekt einfließen ließ, und der Softwareentwickler SAP, der sich ebenfalls stark darum bemüht, dass schon Schülern deutlich gemacht wird, welche Werkzeuge sie mit ihren Smartphones und Apps haben. „Schüler sollen nicht Anwender bleiben, sondern mit diesen Instrumenten die Welt gestalten“, so Christiane Bauer, die bei SAP im Bereich „University Alliances“ arbeitet. Auch die Universität Nürnberg-Erlangen ist mit an Bord.
Für Landrat Wilhelm Schneider war es gar keine Frage, das Vorhaben eines zweiten Abiturienten-Bildungsgangs im Landkreis Haßberge zu unterstützen. „Wir haben der beruflichen Qualifikation schon immer höchste Priorität eingeräumt“, so der Landrat. Schließlich seien die Schulen die Basis der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region: „Gesamtbayerischer Standort für das Karriereprogramm IT-Qualifiziert³, das klingt gut und ist eine gute Alternative zu einem Hochschulstudium.“ Anerkennung kam per schriftlichem Grußwort auch von MdB Dorothee Bär.
Sehr aufmerksam verfolgte die Ausführungen auch die Stellvertretende Schulleiterin des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt, Maria Eirich, die sich ebenfalls der IT verschrieben hat. „Ich werde jetzt umgehend meine Zwölftklässer informieren“, zeigte sie sich überzeugt von diesem neuen Bildungsweg.
Bewerben kann sich jeder Abiturient, ob mit allgemeiner, fachgebundener Hochschulreife oder Fachhochschulreife, der auch eine entsprechende Ausbildungsstelle hat. Bei 32 Schülerinnen und Schülern liegt die Klassenobergrenze. Landrat Wilhelm Schneider ist überzeugt, dass es eine große Klasse sein wird, die im nächsten Jahr startet, „und es bleibt hoffentlich nicht bei einer Klasse“, zeigte er sich zuversichtlich. Für ihn ist dieser Erfolg der Berufsschule ein weiterer Beweis dafür, dass die 20 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren in die Generalsanierung fließen werden, gut investiertes Geld sind.