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Hainert
Warum beim FC Haßfurt ein Notgroschen für Hainert gesammelt wurde
Auf dem Sportplatz an der Flutbrücke des FC Haßfurt wurden vor 60 Jahren erfolgreiche Heimsiege gefeiert. Mitgejubelt hat auch die Gemeinde Hainert. Sie erhielt aus jeder verkauften Eintrittskarte eine zusätzliche Steuer, den sogenannten "Notgroschen". Der lukrative Geldsegen währte allerdings nur kurze Zeit.
Foto: Christiane Reuther | Auf dem Sportplatz an der Flutbrücke des FC Haßfurt wurden vor 60 Jahren erfolgreiche Heimsiege gefeiert. Mitgejubelt hat auch die Gemeinde Hainert.
Christiane Reuther
 |  aktualisiert: 09.02.2024 21:43 Uhr

Eine zusätzliche Steuer auf Filmvorführungen, Tanz-, Theater- und Sportveranstaltungen? In der heutigen Zeit kaum vorstellbar. Vor 60 Jahren erhielt die Gemeinde Hainert ein besonderes Geldgeschenk. Dies resultierte aus dem spielerischen Erfolg des FC Haßfurt und dem damit verbundenen Zuschaueransturm.

Aus allen Himmelrichtungen über die Landkreisgrenzen hinaus strömten Fußballbegeisterte zu den Heimspielen des FC Haßfurt. Die Gemeinde Hainert hatte deshalb mit einstimmigem Beschluss des Gemeinderates vom 18. Januar 1960 eine Verordnung über die Erhebung eines "Notgroschens" bei Veranstaltungen beschlossen.

"Notgroschen" betrug 10 Pfennig

Mit Verfügung des Landratsamtes Haßfurt vom 29. Januar 1960 wurde die Verordnung zur Erhebung einer Steuer auf alle Tanzveranstaltungen, Filmvorführungen, Theater- und Sportveranstaltungen, sofern zur Teilnahme an ihnen Eintrittskarten gegen Entgelt zu lösen waren, genehmigt. Veröffentlicht am 4. Februar im Amtsblatt des Landratsamtes Haßfurt trat die Verordnung am Tag danach in Kraft. Die zusätzliche Steuer, "Notgroschen" genannt, betrug für jede Eintrittskarte 10 Pfennig. Auf diese Verordnung stieß Gerhard Thein, der das Gemeindearchiv der Gemeinde Knetzgau verwaltet.

Wie kam es zu den segensreichen Steuereinnahmen? Die Haßfurter Ausnahmefußballer, zu denen Heinz-Herbert Kreh und die Brüder Willi und Ludwig Müller zählten, um nur einige zu nennen, eilten von Sieg zu Sieg und errangen 1961 unbesiegt die Süddeutsche Amateurmeisterschaft. Die Heimspiele am damaligen FC-Sportplatz an der Flutbrücke besuchten 6000 bis 7000 Zuschauer. Beim Spitzenspiel gegen den FC Bamberg am 19. März 1961 sahen laut Zeitungsartikel 11 000 Besucher den FC Haßfurt 4:1 siegen.

Viele verfolgten von der Flutbrücke aus oder von den umstehenden Bäumen das Spitzenspiel. Ob die Zaungäste auch Eintrittsgelder bezahlten, bezweifelt Gerhard Thein. Wohingegen sich Manfred Stühler, langjähriger Funktionär beim FC Haßfurt, sicher ist: "Der damalige Kassierer ließ keine Eintrittsgelder durch die Lappen gehen".

1961 kamen über 53 000 zahlende Zuschauer

Das Gut Mariaburghausen, auf dessen Gemarkung sich der Sportplatz des FC Haßfurt befand, gehörte zur Gemeinde Hainert. Deren Grenze reichte bis vor die Tore der Stadt Haßfurt. Für alle Besucher der Spiele des FC Haßfurt, die eine Eintrittskarte lösten, mussten somit 10 Pfennig an die Gemeinde Hainert abgeführt werden. Für die Hainerter war dies bei den hohen Besucherzahlen natürlich ein gutes Geschäft. "Wer in Hainert auf die glorreiche Idee kam, den "Notgroschen" einzuführen, ist unbekannt", sagte Gerhard Thein.

Im Jahre 1960 wurden vom FC Haßfurt 1294,80 D-Mark an die Gemeinde Hainert abgeführt. Im Jahre 1961 stieg der "Notgroschen" sogar  auf 5304,40 D-Mark an. Es müssen somit über 53 000 zahlende Zuschauer die Heimspiele des FC Haßfurt besucht haben. Im Jahr 1961 erhielt die Gemeinde Hainert vom Freistaat Bayern 9740 D-Mark Schlüsselzuweisungen ausgezahlt. Die Einnahmen aus dem "Notgroschen" lagen somit über 50 Prozent dieser zur damaligen Zeit wichtigsten Einnahmequelle der Gemeinde.

Zum Vergleich: Die Gemeinde Knetzgau hat in den vergangenen Jahren durchschnittlich über eine Millionen Euro Schlüsselzuweisungen erhalten. Bürgermeister Stefan Paulus und Kämmerer Marco Depner würden sich sicherlich freuen, wenn sie eine ähnliche Einnahmequelle wie vor 60 Jahren für die Gemeindekasse erschließen könnten.

Einnahmen gingen schnell wieder zurück

Die Gemeinde Hainert zeigte sich vor 60 Jahren auch großzügig. Bei der Meisterschaftsfeier des FC Haßfurt im Mai 1961 überreichten der damalige Bürgermeister Gustav Weinig und sein Stellvertreter Richard Fuß einen Satz "Spielerdreßgarnitur" wie das Haßfurter Tagblatt damals berichtete.

Im Jahr 1962 waren es noch 3202,70 D-Mark die der FC an die Gemeinde Hainert überweisen musste. Doch dann versiegte allmählich der Geldsegen. 1963 belief sich der "Notgroschen" auf 1094 D-Mark und 1965 waren es gar nur noch 95,90 D-Mark. "Danach war Schluss mit dieser für die Gemeinde Hainert erquicklichen Einnahmequelle", sagt Gerhard Thein.

Manfred Stühler vom FC Haßfurt erklärt sich den Rückgang des "Notgroschens" so: "Der FC hat 1961 mit dem Bau eines neuen Stadions begonnen. Und dieses befand sich auf der Gemarkung der Stadt Haßfurt". Nach der Einweihung des neuen Stadions im Jahr 1962 wurden dann nur noch die Spiele der 2. Mannschaft auf dem Sportplatz an der Flutbrücke ausgetragen.  

Gut Mariaburghausen wurde in die Stadt Haßfurt eingemeindet

Bei der Gebietsreform und der Eingliederung der Gemeinde Hainert in die Gemeinde Knetzgau zum 1. Januar 1976 wurden die Grenzen sozusagen "begradigt", wie Chronist Gerhard Thein feststellte. Das Gut Mariaburghausen wurde in die Stadt Haßfurt eingemeindet. Der größte Teil der Felder von Mariaburghausen blieb bei Hainert.

Die Grenze verläuft jetzt entlang der Staatsstraße. Die Flur rechts der Staatsstraße von Haßfurt nach Knetzgau sowie links davon von Haßfurt nach Wonfurt ist Teil der Gemarkung Knetzgau. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Haßfurt steht zum Teil auf dem Gebiet der Gemeinden Knetzgau und Wonfurt. Die Sportplätze und das Stadion des FC Haßfurt gehören jetzt zur Flurgemarkung der Stadt Haßfurt.

 
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