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„Ich bin das typische Pferdemädchen vom Land“
Was Mädchen an der Miss Germany interessiert: „Jungreporterin“ Isabel Sage im Gespräch mit Schönheitskönigin Lena Bröder.
Foto: René Ruprecht | Was Mädchen an der Miss Germany interessiert: „Jungreporterin“ Isabel Sage im Gespräch mit Schönheitskönigin Lena Bröder.
Das Interview führten Isabel Sage und Martin Sage
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:15 Uhr

Eltmann Sie ist ganz offiziell Deutschlands schönste Frau: Seit Februar trägt Lena Bröder den Titel „Miss Germany“. Vor der Wahl zur Miss Unterfranken am Samstag in Eltmann, bei der sie in der Jury saß, hatte die Heimatzeitung Gelegenheit zum Gespräch mit der 26-Jährigen, die im Normalleben Lehrerin für Hauswirtschaft und katholische Religion an einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen ist. Schönheitskönigin – das Thema interessiert nicht nur Männer, sondern auch junge Mädchen: Deshalb holte sich HT-Redakteur Martin Sage beim Interview die Unterstützung seiner Tochter Isabel (15), die aus Sicht der Jugend fragte.

HT: Sie sind seit Februar Miss Germany. Hat die Aufgabe bisher Ihre Erwartungen erfüllt? Was waren bisher die Höhepunkte?

Lena Bröder: Ich habe ja sechs Jahre Miss-Wahlen mitgemacht und dabei genau beobachtet, was die Miss Germany so für Termine hat. Daher war ich sehr gut vorbereitet. Miss Germany ist ein Vollzeitjob, meinen Lehrerberuf habe ich ein Jahr auf Eis gelegt, in die Schule gehe ich erst ab März wieder.

Mit dem Papstbesuch in Rom ist ein Termin hinzugekommen, den noch keine Miss Germany vor mir hatte – und das hat dann doch alle Erwartungen übertroffen. Highlights bisher waren auch der Radio-Regenbogen-Award im Europark Rust, wo ich die Gelegenheit hatte, viele Promis zu treffen, darunter meinen absoluten TV-Liebling Guido Maria Kretschmer. Ansonsten gab es schon viele kleine Höhepunkte, weil man auf tolle Menschen trifft, denen man sonst nie begegnet wäre.

Sie haben das Buch geschrieben: „Das Schöne in mir – mit Glaube zum Erfolg“. Das Buch haben Sie auch Papst Franziskus überreicht. Was ist denn das Schöne in Ihnen?

Ich will nicht zu viel verraten, die Leser sollen das Buch ja kaufen. Aber es ist so, dass der Titel Miss Germany und die Frau, die dahinter steht, mit vielen Klischees behaftet sind – und damit räume ich mit dem Buch auf. Ich will zeigen, dass hinter einer Miss Germany auch eine Persönlichkeit steckt, die etwas im Kopf haben muss. Die nicht nur über den Laufsteg läuft und gut aussieht. Ich beschreibe aber auch, wie ich dazu gekommen bin, katholische Religion zu studieren, wie ich aufgewachsen bin mit dem Glauben und wie mich der Glaube begleitet hat auf dem Weg zur Miss Germany. Und ich nehme den Leser mit auf den Abend der Miss-Germany-Wahl, damit er weiß, wie so eine Veranstaltung abläuft – nicht nur vom äußeren Konzept und vom Ablauf her, sondern auch, was sich in meiner Gefühlswelt abgespielt hat.

Glaube und Schönheitsideal: Lässt sich das in Einklang bringen?

Absolut. Ich bin der Meinung, dass ein Mensch mehrere Facetten haben kann. Das Wort Schönheit kommt in der Bibel häufig vor, wenn man nur an die Schönheit der Schöpfung denkt.

Sie dürfen sich schönste Frau Deutschlands nennen. Wir leben aber auch in einer Zeit mit einem ausgeprägten Schönheitskult. Wo würden Sie da selbst eine Grenze setzen zwischen Schönheit und Schönheitswahn?

Da gibt es schon kritische Bereiche, wenn es zum Beispiel um Magersucht geht. Das sind Themen, über die geredet werden muss. Das Schöne bei der Miss-Germany-Wahl ist, dass es nicht darum geht, das Idealmaß 90-60-90 zu haben. Da gibt es auch keine vorgeschriebene Größe für die Frauen. Dieses Jahr war die kleinste Teilnehmerin 1,66 Meter und die größte 1,82. Es kommt nicht darauf an, wer die perfekte Figur hat, sondern das Gesamtpaket muss stimmen. Das Äußere gehört dazu, klar, aber es geht um viel mehr: Die Interviews sind für den Wettbewerb absolut entscheidend; gerade bei den Fragen der Jury geht es darum, aus dem Teilnehmerfeld herauszustechen und in Erinnerung zu bleiben. Da muss man witzig, charmant und schlagfertig sein, wenn man die Jury und das Publikum hinter sich ziehen will.

Haben Sie eine Rückmeldung aus dem Vatikan auf Ihr Buch bekommen?

Leider nicht, aber das ist auch nicht verwunderlich: Bei einer Generalaudienz bekommt der Papst unheimlich viele Geschenke. Ich kann aber sagen, er hatte mein Buch in der Hand und hat den Titel auch vorgelesen; er hat gesehen, dass ich auf dem Cover bin und hat sich kurz mit mir auf Deutsch unterhalten – aber dann waren auch gleich seine Sicherheitsleute da und haben ihm das Buch aus der Hand genommen.

Wenn Sie sich auf der Straße bewegen, werden Sie dann erkannt – wissen die Leute, dass Sie Miss Germany sind?

Es ist nicht so, dass man als Miss Germany gleich in die Reihe der A-Promis aufsteigt. Das zu glauben wäre eine Illusion, aber es hat auch sein Gutes: So hat man manchmal seine Anonymität und kann sich in Ruhe in der Öffentlichkeit bewegen. Ich komme aus einer kleinen Stadt, da kennt mich jetzt natürlich jeder. Ansonsten werde ich durchaus erkannt, aber es ist nicht so, dass mich die Menschen belagern würden.

Hätten Sie jetzt Lust, eine Modelkarriere zu starten oder sich zum Beispiel als Miss Universe zu bewerben? Oder sind diese Kapitel für Sie nach einem Jahr Miss Germany ein für alle Male abgeschlossen?

Ich bin da ganz bodenständig. Es ist schon so, dass sich dieses Jahr viele Türen öffnen. Und ich werde meinen Fuß in der einen oder anderen Türe drinnenlassen. Und dann werde ich nächstes Jahr sehen, was sich in dieser Hinsicht mit dem Lehrerberuf vereinbaren lässt, da habe ich ja in der Regel die Wochenenden frei und auch Ferien. Es war ja auch so, dass ich nach dem Titel noch unterrichtet habe, bevor ich beurlaubt wurde.

Aber realistischerweise muss ich sagen, dass ich für ein echtes Model zu klein und mit meinen 26 Jahren zu alt bin. Und ich will auch irgendwann im wirklichen Berufsleben ankommen, einen geregelten Arbeitstag und ein festes Einkommen haben.

Bekommen Sie als Miss Germany ein festes Gehalt oder werden Sie für die Events bezahlt, an denen Sie teilnehmen?

Ich bekomme für einzelne Termine meine Gage, mache aber nebenher als Miss Germany auch Einiges ehrenamtlich.

Haben Sie als Miss Germany auch unangenehme Erlebnisse gehabt, weil man Sie schlichtweg als Objekt männlicher Begierde betrachtet und behandelt hat?

Eher weniger. Wenn man mit mir Fotos macht, dann kommt einem der eine näher als der andere. Aber ich bin schon selbstbewusst und signalisiere das auch nach außen, wenn mir das zu weit geht. Auch über soziale Netzwerke kommen Äußerungen, die unter die Gürtellinie gehen. Aber da bleibe ich sachlich, ich habe gelernt, die richtigen Worte zu finden und zu zeigen: Wir können uns gerne unterhalten, aber alles andere ist tabu.

Gerade der Feminismus sieht Schönheitswettbewerbe unter Frauen kritisch: Ist es denn Zeichen der Emanzipation, dass eine Frau an einer Misswahl teilnimmt – oder ist es ein Symbol für das Verharren in alten Rollenbildern, denen zufolge die Frau schön zu sein und dem Mann zu gefallen hat?

Ich finde nicht, dass das mit alten Rollenbildern zu tun hat. Es gehört Mut dazu, dass man als Frau nach vorne geht und sich zeigt, das hat doch nichts mit dem alten Rollenbild zu tun, wonach wir uns hinter dem Herd verstecken und nur fürs Kinderkriegen zuständig sind. In der heutigen Zeit sollten die Frauen selbstbewusst sein, sich nicht verstecken und ihre eigenen Karrierewege gehen, so wie die Männer auch.

Würden Sie es begrüßen, wenn auch Teilnehmerinnen mit Wurzeln in andern Kulturkreisen, etwa aus dem islamischen Kulturkreis, an den Miss-Wählen teilnehmen?

Das gibt es doch schon: Die Miss Kaiserslautern hat tunesische Wurzeln. Und meine Vorgängerin als Miss Germany, Olga Hoffmann, stammt aus der Ukraine. Besser kann Integration doch gar nicht funktionieren. Es ist ein klares Zeichen, dass auch diese Frauen zu uns, zu Deutschland gehören.

Wir können Ihnen die Frage kaum ersparen, auch wenn Sie sie oft hören: Was empfehlen Sie jungen Frauen, die in Ihre Fußstapfen treten wollen?

Das Wichtigste ist: Sie müssen Spaß an den Miss-Wahlen haben. Ich habe das ja sechs Jahre mitgemacht, ich weiß auch, was es heißt, dazustehen und zu scheitern. Ich weiß, wie sich das anfühlt, wenn die drei Erstplatzierten vorne stehen und man ist nicht dabei. Da sage ich den Mädels immer wieder: Man kann ein Handy verlieren und man kann einen Schlüssel verlieren. Aber bei einer Misswahl kann man nichts verlieren, man kann nur gewinnen – und wenn es Erfahrung ist. Auch mir hat das fürs Leben viel gebracht, zum Beispiel weil man lernt, vor Publikum aufzutreten. Als Lehrerin habe ich jeden Tag eine Bühne mit 30 Zuschauern, die ganz genau schauen, was man macht – da war es gut, dass ich es schon von den Misswahlen kannte, dass ich kritisch beäugt werde.

Aber man lernt auch Teamfähigkeit. Hinter der Bühne herrscht kein Krieg, wie viele Zuschauer vielleicht glauben. Da leiht die eine der anderen Schuhe oder man hilft sich gegenseitig dabei, sich zu schminken. Da gibt es Werte, die ansonsten in der Gesellschaft ein Stück weit verloren gegangen sind.

Worauf achten Sie selber, wenn Sie in der Jury sitzen?

Es ist wie fast immer im Leben: Der erste Eindruck zählt. Wenn die Mädchen auf die Bühne kommen, achte ich darauf, wer sich wirklich wohl fühlt und wer Spaß hat. Denn ich weiß, wie der Weg für die Dame weitergeht: Für die Miss Unterfranken kommt als nächstes die Miss-Bayern-Wahl. Da ist dann eine harte Konkurrenz und ich möchte niemanden ins offene Messer laufen lassen. Da sollte es schon eine Kandidatin sein, von der ich weiß, dass sie da mithalten kann.

Die Agentur Fisher's House hat mehrfach betont, dass die Mädchen nicht gekünstelt auftreten sollen, sondern dass vor allem natürliche Ausstrahlung und Spontanität Trumpf sind. Können Sie das bestätigen?

Absolut. Ich kann mittlerweile erkennen, ob ein Lächeln echt ist oder nicht – und ob die Angaben in einem Interview stimmen oder nicht. Es sollte also keine Kandidatin versuchen, eine Persönlichkeit zu spielen, die sie nicht ist. Das gilt durchaus auch für das Äußere: Wer glatte Haare hat, sollte sich genau überlegen, ob er unbedingt Locken braucht. Bei mir ist es so, dass ich das typische Pferdemädchen vom Land bin, das heißt, ich trage meine Haare eigentlich immer zu. Das war mein Konzept für alle meine Wettbewerbe: Ich habe Zopf getragen, das ist das, was ich bin und wie ich mich wohl fühle.

Lena Bröder erfüllt einen von vielen Autogrammwünschen bei den Eltmanner Biertagen.
Foto: René Ruprecht | Lena Bröder erfüllt einen von vielen Autogrammwünschen bei den Eltmanner Biertagen.
 
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