Seit über 100 Jahren hat es keiner mehr gesehen, nun wurde es in der Nähe von Horhausen wiederentdeckt: das Wald-Nabelnüsschen, eine sehr seltene Pflanze, die auf der Roten Liste Bayern als stark gefährdet (Stufe 2) eingestuft wird. Auch als Wald-Gedenkemein bezeichnet, hat das Wald-Nabelnüsschen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Vergissmeinnicht.
Altes Schriftstück weckt die Neugier
Im Mitteilungsblatt der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora e. V. erwähnt ein Botaniker namens Dr. Hecht in der Ausgabe vom 1. Juli 1913 neben einigen Fundstellen rund um Schweinfurt auch ein Vorkommen des Wald-Nabelnüsschens im "Kreuzholz bei Horhausen". Das machte nun Otto Elsner aus Rottenstein neugierig. Als Gebietsbetreuer beim BUND Naturschutz Bayern ist er Fachmann für Pflanzen aller Art.
Nur wo sollte man suchen? Auf aktuellen Karten ist keine Flurbezeichnung "Kreuzholz" in der Umgebung des Thereser Gemeindeteils zu finden. Herbert Roth, ein befreundeter, ehrenamtlicher Wiesenweihenbetreuer, half dabei, Licht ins Dunkel zu bringen. Er nahm Kontakt auf zu Heimatforscher Mario Dorsch. Dieser besitzt eine historische Karte, in der das "Kreuzholz" als kleines Waldgebiet in der Umgebung von Horhausen eingezeichnet ist. Dies erfuhr auch Dr. Werner Fuchs aus Theres, ebenfalls Wiesenweihenbetreuer. Zusammen mit seiner Ehefrau Barbara machte sich der praktische Arzt auf die Suche nach der seltenen Pflanze. Und tatsächlich fand das Ehepaar vor einigen Wochen das Wald-Nabelnüsschen mit seinen blauen Blüten in einem Wäldchen nahe des Mains.
Auch Manfred Husslein von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Haßberge ist begeistert von der Wiederentdeckung: "Dank der akribischen Vorarbeit und Suchaktion aller Beteiligten können wir jetzt auf unser einziges Nabelnüsschen-Vorkommen im Landkreis Haßberge stolz sein."
Wie sieht das Wald-Nabelnüsschen aus?
Das Wald-Nabelnüsschen ist eine einjährige krautige Pflanze. Sie wird etwa zehn bis 30 Zentimeter hoch, beschreibt Otto Elsner das Gewächs. Der Stängel ist oft sehr ästig und weit verzweigt, scharfkantig und zerstreut behaart. Die unteren Laubblätter haben eine Länge von zwei bis fünf Zentimeter und eine Breite von 0,5 bis 1,5 Zentimeter. Vorwiegend im April und Mai blüht die himmelblaue Blütekrone, die einen Durchmesser von circa vier bis sechs Millimetern hat.
Seinen Namen hat das Wald-Nabelnüsschen einerseits, weil es unter anderem gerne in beschatteten Lagen von Laubmischwäldern wächst. Zusätzlich ist die Form der Früchte namensgebend, die sich nabelförmig anordnen. Die nussartigen Klausenfrüchte zerfallen in vier Teile. Sie sind glatt oder behaart, am Saum bewimpert rund zwei Millimeter lang. Durch den am Scheitel stehenden hautartigen Ringsaum wirkt die Form nabelartig. Auf der Rückseite sind die Früchte am Griffel angewachsen, erläutert der Gebietsbetreuer weiter.
Otto Elsner, Manfred Hußlein, Herbert Roth sowie Werner und Barbara Fuchs sind sich einig darüber, dass sie sich um den Erhalt dieser einzigartigen Pflanze kümmern müssen. Deshalb richten sie einen Appell an alle Waldbesucher: Allgemein sollten sich Spaziergänger vorsichtig bewegen, denn im Wald gibt es eine hohe Artenvielfalt an Pflanzen, die es nicht verdient haben, durch unbedachte Fußtritte vernichtet zu werden.