Einstimmung auf den nächsten Schritt: Die Gemeindeallianz Hofheimer Land will einen hauptamtlichen Manager einstellen und als Basis dafür einen Verein gründen. Beim Info-Abend signalisierten die Bürgermeister sowie Stadt- und Gemeinderäte der beteiligten Kommunen, dass sie grundsätzlich einverstanden sind.
Dieses Signal war eher stiller Art: Es gab keine Einwände, als der Allianz-Vorsitzende, Hofheims Bürgermeister Wolfgang Borst, gegen Ende die entscheidende Frage stellte: „Ist jemand prinzipiell gegen so einen Vorschlag?“ Konkret beschlossen ist damit noch nichts. Das soll demnächst in den Ratsgremien geschehen. Um eine Willenserklärung ging es bei dieser gemeinsamen Sitzung im Saalbau Hartleb. Und darum, „alle auf den exakt gleichen Wissensstand zu bringen“, sagte Borst.
Im „Wohnzimmer von Maro“ hatte sein Bürgermeisterkollege Wilhelm Schneider die Gäste willkommen geheißen zu dieser „ganz wichtigen Sitzung“. Das Thema ist real, und es ist ernst. Wie ernst die Sache ist, macht die Grafik zur Bevölkerungsentwicklung deutlich, die Borst über die bisherigen Aktivitäten und Ergebnisse der Gemeindeallianz bringt. Zwar ist ihm ebenso wie seinen Kollegen klar, dass man den Schwund nicht völlig stoppen kann. Dennoch zeigt er sich keineswegs als Freund von Schwarzseherei oder Resignation. Eher schon als Motor und Motivator, gegenzusteuern.
Der Schnellere gewinnt
Grundsätzlich: Die Entwicklung sei flächendeckend. „Es ist nicht so, dass bei uns der Bereich ist, wo die Gehsteige hochgeklappt werden“, sagt er. Im Vergleich „stehen wir noch relativ stabil“. Aber: „Wir müssen jetzt dagegen vorgehen“, gegen den Bevölkerungsschwund also. Er habe die Erkenntnis gewonnen, dass nicht der Stärkere den Schwächeren verschlinge, sondern der Schnellere den Langsameren, sagt Borst. „Wir wollen zu den Schnelleren gehören.“
Eindringlich wirbt er für den Schwerpunkt der Aktivitäten: Leerstände beseitigen und Leben in die Ortskerne bringen. Er wirbt für ein verändertes Bewusstsein von Eigentümern ungenutzter Objekte. Der Gedanke „Irgendwann werde ich das teuer verkaufen“ sei falsch, das Angebot deutlich höher als die Nachfrage. „Irgendwann verkauft er gar nichts mehr“, so Borst. Mit ebenso markigen Worten macht er deutlich, wie wichtig die Ortskerne für Wohnwert und Identifikation sind. Es helfe nichts, wenn die Siedlung noch so schön sei, aber „um die Kirche herum nur noch Ratten und Mäuse wohnen“.
Wo sie Stärken und Schwächen im Allianz-Gebiet sehen und wie es weitergehen soll, erläutern die Planer Philipp Ruhstorfer und Vinzenz Dilcher. Sie stellen das „integrierte ländliche Entwicklungskonzept“ (ILEK) vor. Damit verbunden ist die „Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge“. „Gemeinsam handeln“, so Dilcher, sei dabei die Devise. Es nütze nichts, wenn ein Einzelprojekt nur für den jeweiligen Ort vorteilhaft sei, aber nicht ins Gesamtkonzept passe.
Analyse, Leitbild, Entwicklungsziele, Leitprojekte – viele, viele Informationen gibt es rund um das Konzept. Und dann kommt doch noch ein bisschen Spannung und Dynamik auf im Wohnzimmer von Maro. Borst spricht die geplante Vereinsgründung an und nennt konkrete Zahlen: 80 000 Euro sollen angesetzt werden für das Allianzmanagement und externe Beratung. Bei einer erwarteten Förderung von 60 Prozent bleiben 32 000 Euro als Anteil der Kommunen, zwei Euro je Einwohner. Ein entsprechender Beschlussvorschlag wird demnächst auf den Rats-Tischen liegen. Die Stellenausschreibung für den Managementposten sei bereits in Vorbereitung, sagt Borst, die Einstellung könnte im kommenden Frühjahr erfolgen.
Mit einer „professionellen Kraft“ verbindet Borst große Hoffnungen: „Das ist etwas, was uns weiterhilft, es ist mit Sicherheit sehr gut angelegtes Geld und ein Signal.“ Apropos Signal: Die – möglichst einstimmigen – Beschlüsse seien auch im Hinblick auf die Fördergeber wichtig, das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) und die Regierung von Unterfranken, die für die Städtebauförderung zuständig sind. Die Förderung gibt es erst mal für drei Jahre. Die folgerichtige Frage kommt vom Aidhäuser Gemeinderat Matthias Wolf: „Und wenn die drei Jahre rum sind?“ Dieser Zeitraum sei ja nicht ausreichend, um alle Projekte zu Ende zu bringen. Dem widerspricht Borst nicht. „Wir müssen uns rechtzeitig Gedanken machen, wie wir das weiterführen können.“
Anliegen nach München tragen
Für Aufbruchstimmung sorgt Manfred Grüner von der Bezirksregierung. Ein Projekt wie das Allianz-Management gemeinsam – eben mit dem ALE – zu fördern, das „ist auch für uns Neuland“. Gleich mehrere Attribute spricht der Sachgebietsleiter Städtebau dem interkommunalen Bürgerzentrum in Hofheim zu: „Keimzelle“, „Statussymbol“, „Leuchtturmprojekt“, und das „bayernweit, vielleicht sogar deutschlandweit“. Überhaupt: Die Sache mit der Gemeindeallianz sei „so selbstverständlich nicht“, auch nicht, dass alle Gemeinderäte hier zusammensitzen. Ein vernehmbares „Ah!“ löst seine Ankündigung aus, die Anliegen der Gemeindeallianz Hofheimer auch nach München zu tragen – und dass es im Fördertopf „mehr Geld als im letzten Jahr“ geben werde.
Warum es nicht mehr Förderung gibt als 60 Prozent, wollte Harald Deringer (Maroldsweisach) wissen. Grüner macht klar, dass es für das Allianzmanagement bei den 60 Prozent bleiben werde. Für einzelne Projekte wie zum Beispiel Bürgerhäuser könne die Förderung im Einzelfall erhöht werden. Peter Kraus vom ALE vertritt die Ansicht, mit 60 Prozent sei die Allianz gut bedient, als Grundlage für weitere Maßnahmen.
Zahlen und Fakten
Von Anfang 2009 bis Mitte 2012 gab es im Bereich der Gemeindeallianz Hofheimer Land 87 geförderte Baumaßnahmen, 36 Verkäufe – die Zahl hat sich inzwischen auf 48 erhöht – und 14 gemeindliche Ortskernprojekte. Außerdem wurden 92 Bauplätze zurückgenommen. Insgesamt rund 525 000 Euro betrug die Fördersumme in diesem Zeitraum, 1 582 900 Euro haben die Mitgliedskommunen an Eigenmitteln aufgebracht.
Konkrete Ideen für die Zukunft benennt das Entwicklungskonzept unter dem Stichwort „Regionale Maßnahmenbereiche“: ein Existenzgründungszentrum Hofheimer Land, ein Hofheimer-Land-Produkt oder eine Marktscheune für die Direktvermarktung sind vorgeschlagen, ebenso der Ausbau des Radwegenetzes, ein Veranstaltungskalender und ein Allianzfest. Nicht zu vergessen das Thema Seniorenwohnen.
Als Leitprojekte sind, neben dem bereits verwirklichten interkommunalen Bürgerzentrum in Hofheim, die touristische „Inwertsetzung“ des Landjudentums, ein regionales Flächenmanagement, der Bereich „Öffentlicher Personennahverkehr und alternative Erreichbarkeitsstrukturen“ sowie Bürgerhäuser festgehalten.