Dass ein öffentliches Verkehrsmittel nicht nur ein Bus oder Zug, sondern auch ein leichtes Mädchen mit sächsischem Dialekt sein kann, erfuhren die Besucher der Vorstellung der Theatergruppe „TheatrHOH“ am Freitagabend im Pfarrheim.
Das leichte Mädchen „Coco Cabana“ alias Melanie Saal brachte dabei die Zuschauer mit ihrem perfekten Sächsisch ebenso zum Lachen wie ihr Bruder „Bob Cheesehill“ alias Benjamin Saal, der vor lauter Botox im Gesicht kaum noch richtig sprechen konnte.
Die Stimmung zum Siedepunkt brachte schließlich Tanztrainer „Alex Klinke“ alias Dieter Krause, der mit seiner blinkenden Sonnenbrille, seinen Plateauschuhen und seiner scharfen Perücke sogar einen Discokönig wie John Travolta wie einen braven Chorknaben aussehen lässt.
Doch zurück zum Anfang. Der biedere Schreinermeister Franz Hirschfeld (Daniel Burger) war in seiner Jugend alles andere als ein Biedermann. Zusammen mit seinem Kumpel Bodo war er als „Glitterboy“ in den 1980-er Jahren die Billigantwort auf „Modern Talking“.
Lukrative Revival-Tournee
Die ehrgeizige Event-Managerin Regina Rautenstengel (Alexandra Neumeier) will das mittlerweile zerstrittene Duo auf eine lukrative Revival-Tournee schicken. Nur zu dumm, dass Franz? Frau Birgit (Johanna Schmitt) von der Vergangenheit ihres Mannes überhaupt nichts weiß und die pubertierende Tochter Lena (Viktoria Baumgärtner) glaubt, mit auf den Zug des Ruhmes aufspringen zu können.
Doch am Ende zerplatzt der Traum der Gesangskarriere und die „Glitterboys“ Frank Stagfield und Bob Cheesehill müssen erkennen, dass sie sich zum Spielball eines abgekarteten Drogengeschäfts gemacht haben.
Das Stück lebt von den gegensätzlichen Charakteren wie der aufgedonnerten Coco Cabana, die laut Birgit Hirschfeld „mit ihren Wimpern RTL2 empfangen kann.“ Für ihre Tochter sei sie nicht der richtige Umgang, denn „was die nicht im Köpfchen hat, das hat sie im Körbchen.“
Da ist Tochter Lena freilich anderer Meinung und bedauert ihr hartes Schicksal, „wenn die Eltern noch bei einem im Haus wohnen.“ Ihren Vater Franz Hirschfeld ficht das nicht an. „Natürlich muss ich mich vermehr. So was wie ich derf doch net aussterb“, ist er überzeugt.
Altenheim als große Bühne?
Als er sich in den Glitterboy Frank Stagfield verwandeln will, um seine zweite Musikkarriere zu starten, erntet er den Spott seiner Frau: „In welchem Altenheim willst du denn zuerst auftreten?“ fragt sie ihn.
Auch die Tochter ist skeptisch: „Da wird eher Käpt?n Blaubär Bundeskanzler, bevor Papa ein Popstar wird“, ist sie sich sicher. Eine Diätkur habe er für seine Karriere nicht nötig findet Frank.
„Ich bin nicht zu dick. Ich brauche Platz für meine inneren Werte“ meint er. Das Comeback komme „20 Kilo zu früh“, urteilt indes seine bessere Hälfte und kocht ihrem Mann weiter „Transparenzpudding“, nämlich Götterspeise.
Der inzwischen von Bodo Käseberg zu Bob Cheesehill mutierte andere Glitterboy pimpt sein Gesicht mit Botox, was ihm ein Dauergrinsen sowie eine feuchte Aussprache beschert – sehr zum Gefallen des Publikums.
Ebenso viele Lacher hatte Coco Cabana, die immer eine leere Flasche im Kühlschrank hat, falls ein Gast einmal nichts trinken will und bei Fotoaufnahmen meist nur das Handy an hat. Als ihr einmal etwas durch den Kopf geht, meint Frau Rautenstengel, dass dies ja ein völlig neues Gefühl sein müsse.
Liebestoll und verdeckt
Ihr ganzes Temperament konnte auch Mira Bell (Diana Krantz) in ihrer Rolle als liebestolle verdeckte Ermittlerin zeigen. In weiteren Rollen spielte Axel Klimach den Dr. Richard Wurm, Florian Strätz gab den Viktor Winsel und Sabrina Buchinger spielte die Redakteurin Karla Kammara.
Annette Dorn führte Regie und war Souffleuse. Für Bühnenbau und Technik waren Benjamin Saal und Axel Neumeier zuständig. Die Bewirtung übernahm das Team TheatrHOH.