Der Greifarm des Forstschleppers hebt die Baumstämme an, streckt sie in die Luft und legt sie auf einen Haufen, als ob es Mikadostäbchen wären. Für Klaus Bergmann, der die Maschine auf vier Rädern mit zwei Joysticks bedient, ist dies kinderleicht. Dennoch ist das Holzrücken kein Kinderspiel. Er muss sakrisch aufpassen, um keine Bäume zu beschädigen, wenn er den knapp elf Tonnen schweren Schlepper zwischen den Bäumen hindurch schlängelt. Bis vor zehn Jahren holte er Baumstämme auch noch mit Pferden aus dem Wald. Doch diese Zeiten sind aus und vorbei.
Der Greifer bildet Haufen
„Dieser Winter war bisher optimal“, sagt Bergmann. Der Frost, der kurz nach dem Jahreswechsel einsetzte und wochenlang anhielt, hat den Waldboden, wie hier, zwischen Eichelsdorf und Manau, steinhart werden lassen. Zudem hat es wenig geregnet. Es herrschen also beste Voraussetzungen, um mit schweren Maschinen im Wald zu hantieren, ohne dass deren Reifen tiefe Spurrillen auf den Wegen und den Rückegassen, die von den Wegen aus etwa alle 30 Meter in den Wald führen, hinterlassen. Mit dem Greifarm seines 170 PS starken Knickschleppers bekommt Bergmann einen Großteil der umgesägten Bäume zu packen.
Und solange diese nicht zu schwer sind, schichtet er sie mit Hilfe des Greifers zu Haufen. So können diese später leicht aufgeladen und aus dem Wald geschleppt werden. Vorladen nennen das die Forstleute.
Das Fahrzeug hat zwei Seilwinden
Ganz dicke, schwere Brocken oder Stämme, die für den Greifarm des Schleppers unerreichbar weit von den Rückegassen entfernt im Wald liegen, die zieht der Eichelsdorfer per Seil aus dem Wald. Zwei Trommelwinden hat sein Schlepper: eine mit einem zwölf Millimeter dicken Stahlseil, das recht schwer ist und einen ganz schön fertigmacht, wenn man es den ganzen Tag durch die Gegend zerren muss, berichtet Bergmann. Auf der anderen Trommel ist ein deutlich leichteres Seil aus Naturfasern aufgewickelt. Damit lässt sich's leichter arbeiten. Beide Seile sind gleich stabil und halten bis zu 14 Tonnen Zugkraft aus.
Schon als Bub im Wald dabei
Der 61-jährige Bergmann ist als forstwirtschaftlicher Lohnunternehmer tätig. Das heißt, er arbeitet mit seinen sechs großen Forstmaschinen im Auftrag anderer im Wald, beispielsweise für Kommunen oder für Privatwaldbesitzer, aber auch für die Staatsforsten. Er half bereits als Zehnjähriger im Wald. Sein Großvater hat im Wald Holz gemacht und gerückt und den Forstbetrieb in Eichelsdorf nach dem Kriegsende 1945 aufgebaut. Sein Vater führte den Betrieb bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1987. Damals hat Klaus Bergmann übernommen. Er möchte das Unternehmen einst an seinen Sohn Daniel (34) übergeben, einen gelernten Forstwirt.
Der Wald bedeutet für Bergmann gelebte Freiheit
Eigentlich – so war das damals üblich – hätte Klaus Bergmanns ältester Bruder den Betrieb übernehmen sollen. Doch der, erzählt der jetzige Betriebschef, interessierte sich nicht so sehr für den Wald. Ganz anders als er selbst. So kam er als Zweitgeborener zum Zug. Trotz Sechs-Tage-Woche im Wald hat er von Bäumen nie genug. Wann immer möglich, zieht es ihn in den Wald. Daheim halten ihn keine zehn Pferde. Das Arbeiten im Wald – das ist für Bergmann gelebte Freiheit. Dort sei es jeden Tag anders. Die Bäume, das Vogelgezwitscher, der Geruch von Laub und Moos . . . Wer Bergmann verstehen möchte, der muss ihn im Wald besuchen.
An einem optimalen Tag schafft er 150 Festmeter
Bis vor zehn Jahren hat er zum Holzrücken auch Pferde eingesetzt, „damals waren es noch zwei Gäule“, erzählt Bergmann. Am Ende liefen die Pferde im Betrieb quasi nebenbei mit. Längst hatten eigentlich die Maschinen im Wald das Sagen. Doch die Pferde hatten den Vorteil, dass sie bei jeder Witterung in den Wald konnten, weil sie auch auf feuchten und weichen Böden keine nennenswerten Schäden anrichten und die Erde auch nicht so stark verdichten, wie die Reifen der Schlepper. Doch wenn Bergmann heute an einem optimalen Tag im Wald bis zu 150 Festmeter Holz rückt, dann sind das Mengen, die mit Pferden nie zu schaffen wären. Das ist auch der Grund, warum weit und breit kein einziger Holzrücker mehr Pferde einsetzt, um die schweren Baumstämme zu ziehen.
Das letzte Holzrücke-Pferd hieß „Moritz“
Der 72-jährige Josef Hümpfner arbeitet als Seniorchef des gleichnamigen Hofheimer Betriebs selbst noch im Wald. Vergangenes Jahr starb bei ihm im Stall „Moritz“. Mit dem Thüringer Kaltblut hat Hümpfner bis vor 16 Jahren Holz gerückt. Heute ziehen er und sein Sohn das Holz nur noch per Schlepper und Rücke-Zug aus dem Wald. „Es wird auch immer mehr Schwachholz aus dem Wald geholt, und dafür wären Pferde nicht geeignet“, sagt Josef Hümpfner Senior.
„Die Zeiten der Pferde sind vorbei, so schön sie auch waren“, sagt Bernhard Streng, der Hofheimer Förster. Eine „Engelsgeduld“ sei notwendig gewesen, um die Baumstämme von einem Pferd einzeln rausziehen zu lassen. Dafür sei heute keine Zeit mehr. „Wir müssen das Holz just in time liefern“, sagt der Förster. Schonender für den Wald sei der Pferde-Einsatz aber auf jeden Fall gewesen.
Zwei Metallklauen halten die Stämme fest
Wer Klaus Bergmann mit seinem Forstschlepper im Wald hantieren sieht, der versteht, welche Vorteile solche Maschinen haben, wenn in der Forstwirtschaft Leistung vor allem über den Zeitaufwand definiert wird, der für eine bestimmte Menge Holz benötigt wird. Ratzfatz legt Bergmann mit dem Greifarm mehrere Stämme auf die sogenannte Klemmbank unterhalb des Fahrerhauses seines Schleppers. Zwei Metallklauen halten die Stämme fest und der Schlepper zieht sie so zum Sammelplatz am Rande eines Forstwegs, wo sie zu Haufen geschichtet werden.
Es ist „furztrocken“ im Wald, doch das schafft auch Probleme
Das Zeitfenster fürs Holzrücken hat in diesem Winter dank des Frosts gut gereicht. Anders als in den vergangenen drei milden Wintern, meint Hans Stark, der Leiter des Universitätsforstamts Sailershausen. Vergangenes Jahr musste, weil der Boden zu feucht und weich war, drei Monate lang gewartet werden. Erst ab März konnten sie das Holz aus dem Wald schaffen lassen. Dies bedeutete dann einen Wettlauf gegen Pilze und Schädlinge, die das im Wald liegende Holz befallen und dessen Wert mindern. Doch dass es im Moment laut Stark „furztrocken“ ist im Wald, bereitet ihm und anderen Förstern nicht nur Freude: Wenn es nicht spätestens im Frühjahr ausgiebig regnet, drohen Baumschäden.