Wer im Sommer bei gutem Wetter etwas Freizeit hat, für den bietet Franken einiges an schönen Wanderwegen. Das Problem ist nur: Nicht jeder weiß, wo er diese findet. Für alle, die sich gerne Ideen für schöne Touren nahe der eigenen Heimat holen, gibt es die Internetseite hinterindien.de. Deren Macher, der 39-jährige Werbetexter und Grafiker Heiko Hartmann, kommt aus Oberfranken und ist selbst leidenschaftlicher Wanderer. Regelmäßig macht er Touren, auf denen er markante Punkte und Sehenswertes am Wegrand fotografiert und mit einer Wegbeschreibung auf die Homepage stellt. Mittlerweile finden sich 113 verschiedene Touren in ganz Franken auf seiner Seite, die sich bei Wanderfreunden großer Beliebtheit erfreut.
Wer momentan auf die Website geht, dem springt als erstes die Überschrift „Auf Querkeln-Suche am Veitenstein“ ins Auge; Hartmanns aktuelle Empfehlung für diesen September. Natürlich ist es ihm auch für ein Gespräch mit der Presse am liebsten, einfach mit einem Reporter auf eine Wanderung zu gehen. So treffe ich ihn am Sonntag an der Kirche in Lußberg, um mit ihm auf den Veitenstein zu laufen.
„Schon von klein auf bin ich immer mit der Familie gewandert“, erzählt er. „Ich komm aus dem Kulmbacher Land, da gibt's ja auch wunderschöne Wandergebiete.“ Durch Freunde in ganz Franken kam er viel herum, dazu kam Fotografieren als Hobby. So startete er „im guten alten Jahr 2000“ seine Internetseite mit Wanderempfehlungen. „Was den Namen angeht: Ich bin eben in den hintersten Winkeln Frankens unterwegs. Ob das jetzt Haßberge, Rhön, Fichtelgebirge oder sonst wo ist“, erzählt er und fügt lachend hinzu: „Ich bin aber noch nie verschollen gegangen.“ Letztlich brachte ihn der Roman „In 80 Tagen um die Welt“ auf den Namen für seine Seite, „wo sie sich dann fragen, ob er nicht im hintersten Hinterindien verschollen ist“. Auch in Franken laufe er manchmal an Figuren vorbei und an Ecken, die „schon etwas exotisch“ wirken. Heiko Hartmann erzählt, sein Vater habe zuerst gesagt: „Wie kannst du die Seite nur so nennen?“ Doch seine übliche Antwort auf diese Kritik ist: „Die Firma Apple verkauft ja auch keine Äpfel auf dem Wochenmarkt.“
Auf neue Touren, die er auf seiner Seite präsentieren kann, kommt er auf unterschiedliche Weise. „Viele Sachen kenne ich schon vom Hörensagen oder weil ich privat schon dort war“, berichtet er. „Andererseits suche ich mir dann wirklich auch auf der Karte Wanderziele raus und recherchiere.“ Daneben gibt es noch „ein paar wenige Touren“, die ihm empfohlen wurden. „Und das ist eine davon“, sagt er über die Veitensteinwanderung, auf die ihn der Breitbrunner Gemeinderat Frank Fella, der als begeisterter Wanderer und Fan von hinterindien.de eine Tour aus seiner eigenen Heimat vorgeschlagen hatte.
Anders als in den meisten Wanderführer, die oft große Touren vorschlagen, für die ein Wanderer einen ganzen Tag unterwegs ist, stellt sich auf Hartmanns Seite eher die Frage: „Was kann ich an einem Nachmittag machen?“ Die meisten seiner Touren sind Rundwege, bei denen man schließlich wieder am Startpunkt ankommt. So braucht der Wanderer keinen zusätzlichen Fahrer dabeizuhaben, der ihn am Ende irgendwo abholt. Die Wege sind zwischen fünf und zwölf Kilometer lang. Die Veitenstein-Tour bewegt sich mit ihren sieben Kilometern also im unteren Mittelfeld.
Eben deswegen erfreut sich die Seite so großer Beliebtheit, „einfach weil die Frage beantwortet wird: Was mache ich nächsten Sonntag?“ Mittlerweile hat er über 1300 facebook-Fans und monatlich tausende Besucher auf seiner Website. Zwar verwendet Heiko Hartmann auf seiner Seite keine Karten, doch die Wegbeschreibungen sind dafür so genau, dass sich jeder Wanderer auch ohne einen Blick auf den Plan zurechtfindet. „Das wird mir auch immer wieder bestätigt“, freut er sich.
Früher empfahl Heiko Hartmann jeden Monat eine neue Tour. Nach der hundertsten Empfehlung auf seiner Website beschloss er, nur noch alle drei Monate eine neue Strecke vorzuschlagen und dafür in den anderen Monaten seine alten Touren neu zu laufen, um seine Wegbeschreibungen gegebenenfalls zu ändern oder anzupassen. Schließlich kann sich ja doch mal etwas an der Beschilderung oder der Wegführung ändern. „Am schlimmsten wäre es, wenn der ganze Berg weg ist“, lacht Heiko Hartmann.
Neben dem Veitenstein finden sich noch weitere Strecken im Heimatkreis in seiner Liste. Tour 38 führt beispielsweise von Zeil zum Schmachtenberg, in Tour 13 beschreibt Hartmann eine Wanderung auf den Zabelstein.
Der Autor von hinterindien.de distanziert sich aber von Heimattümelei. Er selbst war auch schon oft im Ausland und hat beispielsweise Wandertouren in der Türkei unternommen. Auf der Internetseite geht es ihm aber darum, seine fränkische Heimat von ihrer schönsten Seite zu zeigen. Gerade im Gegensatz zum südlichen Bayern, das viel stärker als Wanderparadies vermarktet wird, möchte er sowohl Einheimischen als auch Touristen zeigen, dass Franken durchaus auch einiges zu bieten hat.
Immer wieder unterbrechen wir das Gespräch, weil es am Wegrand etwas Schönes zu sehen gibt. „Als ich diese Strecke mit Frank Fella gelaufen bin, haben wir an dieser Stelle einen großen Feuersalamander gesehen“, erzählt er. Passend dazu ist der Wanderweg, den wir gerade laufen, mit dem Bild eines Salamanders gekennzeichnet. Ein großes Lob an die Verantwortlichen in der Region gibt es von Hartmann für eben diese Beschilderung, die einem Wanderer immer anzeigt, ob er noch auf dem richtigen Weg ist.
Später kommen wir am Jungfernkreuz vorbei, einem Kreuz, das in einen Stein am Wegrand eingraviert ist. „Hier soll der Sage nach ein Ritter ein Mädchen ermordet haben“, weiß Heiko Hartmann zu berichten.
Wenn er privat unterwegs ist, wandert er auch gerne mit Freunden. Geht es hingegen darum, eine Tour für seine Website „einzuwandern“, also zu beschreiben und zu fotografieren, dann ist er grundsätzlich alleine unterwegs. „Denn da muss ich mich auf die Wegführung konzentrieren. Wenn ich da nicht genau drauf achte, würde ich die Leute ja in den Dschungel schicken“, sagt er.
Wann er welche Tour auf seine Seite stellt, richtet sich auch nach der Jahreszeit. Auch wenn, so Hartmann, die beste Jahreszeit für Wanderungen im Herbst ist, können Wanderer im Prinzip in jedem Monat eine Tour unternehmen; auch im Winter. „Die Touren sind zwar verschiedenen Monaten zugeordnet, aber man kann sie auch mal in einer andern Jahreszeit laufen“, berichtet der Hinterindien-Autor.
„Wer alle diese Touren läuft, der kennt ganz Franken“, sagt Hartmann. Übrigens bezieht sich das nicht nur auf die heutigen Regierungsbezirke Ober-, Mittel- und Unterfranken, sondern auch auf das historische Franken, denn in vergangenen Jahrhunderten gehörte dazu auch der Süden des heutigen Bundeslands Thüringen, in dem er ebenfalls einige Touren empfiehlt. „Hinterindien hat von Anfang an den Anspruch gehabt, gesamtfränkisch zu denken.“
Auf dem Veitenstein angekommen genießen wir die schöne Aussicht. Die berühmte Höhle auf dem Veitenstein ist im Moment nicht zugänglich. Der Eingang ist durch eine Holztür versperrt, die nur zu bestimmten Terminen geöffnet wird. Denn ohne sachkundige Führung besteht die Gefahr, sich dort zu verirren.
Obwohl es über Heiko Hartmann und seine Internetseite schon Fernsehbeiträge gab, sowohl auf fränkischen Lokalsendern aus auch im Bayerischen Rundfunk, wird er außerhalb seines Heimatlandkreises kaum in der Öffentlichkeit wiedererkannt. Was ihm aber frankenweit schon passiert ist, ist, dass Menschen sagen„Ach, Sie sind der, der das macht!“, sobald sie erfahren, hinter welcher Internetseite er steckt. „Es ist also bekannt, aber dadurch, dass ich mich als Person nicht dauernd in den Mittelpunkt rücke, ist es in der Öffentlichkeit nur zum Teil mit mir verbunden“, sagt er.
Der Rückweg nach Lußberg führt uns über Rudendorf, und natürlich erzählt Heiko Hartmann auch, was es mit den „Querkeln“ auf sich hat. Diese kleinen Zwerge sollen der Sage nach in dieser Gegend gelebt und den Menschen bei der Arbeit geholfen haben. Als Belohnung dafür nahmen sie sich Klöße mit, bis die Menschen ihre Topfdeckel beschwerten. „Seitdem sind die Querkeln verschwunden.“
Schließlich kommen wir wieder an der Kirche in Lußberg an. Etwas mehr als eineinhalb Stunden waren wir unterwegs. „Wir waren aber auch recht zügig unterwegs“, meint Hartmann. „Die gesamte Tour ist in zwei Stunden zu bewältigen“, heißt es auf seiner Internetseite.
Heiko Hartmanns berühmte Internetseite mit Tipps und Wegbeschreibungen: www.hinterindien.de