Es ist ein Pilotprojekt, das im Ernstfall Menschenleben retten kann – und Ende Juni auch am Baggersee in Sand gestartet ist. Konkret geht es um die Rettungssäulen von Johannes Rennert. Er ist aktiv in der Wasserwacht Sand/Zeil und technischer Leiter der Wasserwacht für den Bezirk Unterfranken.
Rennert hat einen Wunsch: Möglichst viele Notrufsäulen flächendeckend an möglichst vielen Badegewässern zu platzieren. Realisiert wurden bereits vier davon: Neben der Säule am Sander Baggersee gibt es noch drei weitere – in Sennfeld, Schweinfurt und an der Talsperre Goßmannsdorf.
Zusammen mit Manfred Bergmann, dem Vorsitzenden des Wasserwacht-Ortsvereins Sand/Zeil, inspizierte Rennert gleich nach der Montage die Rettungssäule. Die steht direkt an der zweiten Sandbank in der Nähe des Stand-Up-Board Verleihs zwischen Campingplatz und Strand, ziemlich genau auf halber Strecke der Uferstraße.
Säule wird während der Wintermonate eingelagert
Sie ist denkbar einfach zu bedienen. Ein dicker Pfeil zeigt auf den Knopf, der gedrückt werden muss, um die Verbindung zur Integrierten Leitstelle herzustellen. Keine Klappe, kein Code, auch in heller Aufregung und größter Sorge ist die Säule problemlos zu bedienen. Ein Solarpaneel liefert den Strom, der die Säule rund um die Uhr einsatzbereit hält, das LTE-Netz sorgt für die Verbindung. Und im Herbst, wenn hier am Seeufer Hochwasser droht, kann die Säule mit wenigen Handgriffen abgebaut und im Winterlager verstaut werden.
Natürlich hoffen die Verantwortlichen, dass diese simple Bedienung nicht zum Missbrauch "einlädt". "Die Rettungssäule kann für jeglichen Notruf genutzt werden, ob ein Badeunfall, gesundheitliche Probleme wie Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps oder auch ein Feuer", so Rennert. Die integrierte Leitstelle schickt die passende Hilfe.
25 Ehrenamtliche sichern den Badebetrieb
Nach besten Kräften versuchen rund 25 Ehrenamtliche der Wasserwacht Sand/Zeil den Badebetrieb am Sander Baggersee abzusichern, aber lückenlos ist das nicht möglich. "Hier ist richtig viel los", berichtet Manfred Bergmann. Allerdings beobachten Aktive der Wasserwacht landauf, landab auch zunehmende Sorglosigkeit beim Baden – und schwindende Schwimmfähigkeit.
"Ein Baggersee oder ein Fließgewässer ist eine ganz andere Herausforderung als ein Becken im Schwimmbad. Das bedenken viele nicht", sagt Rennert. Da gibt es Strömungen und Temperaturunterschiede, eine Luftmatratze von links, einen Stand-Up-Paddler von rechts.
Er appelliert dringend an die Schwimmerinnen und Schwimmer niemals alleine in einem See zu baden. "Wir haben hier in Sand mal Stunden lang einen Schwimmer gesucht, den die Leute am Ufer irgendwann nicht mehr gesehen haben, nachdem er vorher mehrfach quer durch den See geschwommen war", berichtet Bergmann. "Ertrunken ist er wohl nicht, vermutlich ist er am Zeiler Ufer des Sees an Land gegangen."
Die Wasserrettung hatte in diesem Jahr schon zwei relativ spektakuläre Einsätze: einmal fuhr ein Pkw in den Sander Baggersee und unlängst trieb eine tote Frau im Main bei Haßfurt. Für Sicherheit sorgt die Wasserwacht Sand/Zeil auch bei der Segelregatta des Bamberger Segelclubs, der am Sander Baggersee seine Heimat hat. Und derzeit laufen die Vorbereitungen für die Absicherung des Sander Weinfestes.
Obwohl das Fest direkt am Altmain stattfindet, habe es noch keine schlimmen Zwischenfälle gegeben. Einen Zecher habe man aber zweimal am selben Abend aus dem Wasser holen müssen. "Den hat die Polizei dann nach Hause eskortiert", berichtet Rennert schmunzelnd.
Damit die Wasserwacht einsatzfähig bleibt, ist wöchentlich Jugendtraining in der "Welle" in Haßfurt, an dem sich zwischen 13 und 15 junge Leute beteiligen. Drei Jugendliche zwischen 14 und 15 Jahren machen im August nun die Ausbildung zum Wasserretter. Danach können sie aktiv bei den Übungen eingesetzt werden, um Erfahrungen für ihren ersten Einsatz zu sammeln.
Fehlende Schwimmkurse bereiten der Wasserwacht Sorgen
Wie es mit dem Nachwuchs weitergehen soll, das macht Rennert und Bergmann gleichermaßen Sorgen. Das fehlende Hallenbad im Maintal bedeute nicht nur, dass die Wasserwacht selbst weniger Trainingsmöglichkeiten hat, auch die Anfragen nach Kinderschwimmkursen könnten bei weitem nicht gedeckt werden.
Rennert hat die Zahl der Grundschüler und die fehlenden Bad-Kapazitäten hochgerechnet und schätzt, dass im Landkreis Haßberge jährlich etwa 1.500 bis 2.000 Kinder nicht mehr lernen zu schwimmen. Denn auch die Schulen können Schwimmkurse nur noch sehr eingeschränkt anbieten, so Rennert.
Gefahr von Badeunfällen steigt
Das bedeutet für die Wasserwacht zweierlei: Die Gefahr von Badeunfällen steigt mit der Zahl der Nichtschwimmer und gleichzeitig wird es in zehn bis 15 Jahren sehr schwer sein, junge Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich im Wasserrettungsdienst engagieren. Derzeit tue man das Möglichste, um Schwimmkurse anzubieten und die Sicherheit an den Badegewässern zu erhöhen. Beispielsweise mit den Notrufsäulen, denen weitere folgen sollen.
Etwa 8.000 Euro kostet eine solche Säule. Die vier bisher installierten hat die Björn-Steiger-Stiftung komplett finanziert. "Die Stiftung wird demnächst Kontakt zu Gewerbetreibenden an den Standorten aufnehmen und dafür werben, sich mit Spenden an der Refinanzierung zu beteiligen", kündigt Rennert an und hofft, dass das Beispiel von Sand, Goßmannsdorf, Schweinfurt und Sennfeld Schule macht.