Es gibt viele stille Geburten und Geburten von Sternenkindern, also Kindern, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Oft werden die Eltern mit ihrer Trauer alleine gelassen. Aber schon immer standen auch erfahrene Frauen werdenden Müttern zur Seite und gerade der Beruf der Hebamme zählt zu den ältesten Berufen der Menschheit. Hebammen haben einen verantwortungsvollen Job und sind da, wenn neues Leben auf die Erde kommt. Sie sind daher auch meist die ersten Ansprechpartner, wenn die Ankunft eines Kindes schon wieder mit Abschied verbunden ist. Das ist eine emotional harte Kost, denn der Tod eines Kindes ist immer eine Tragödie.
Wir haben mit einer Hebamme darüber gesprochen, welche Hilfe sie Betroffenen leisten kann und wie sie Eltern in dieser Situation auffängt und begleitet.
Den Beruf einer Hebamme stellt man sich meist als sehr romantisch mit glücklichen Schwangeren und niedlichen Babys vor. War das bei Ihrer Berufswahl auch so und wie sind sie zum Beruf der Hebamme gekommen?
Carolin von Andrian-Werburg: Mein Interesse für diesen Beruf entwickelte sich schon sehr bald, mit 13 oder 14 Jahren. Aber in diesem Alter durfte man ja noch kein Praktikum absolvieren, weil man erst mit 18 Jahren aufgenommen wurde. Deswegen fiel die Entscheidung erst kurz vor der Ausbildung. Natürlich denkt man hier noch mehr an die schönen Seiten für eine Frau und hat wenige andere Dinge im Blick.
Wie viele Kinder haben Sie schon auf ihrem Weg in das Leben begleitet und von welchen Gefühlen kann man hier sprechen?
Es waren so rund 600 Geburten und bei jeder einzelnen wird man in eine Gefühlswelt hineingezogen. Dennoch muss man diese auch mit Abstand begleiten und natürlich kommt es auch zu schwierigen Entscheidungen.
Neben diesen schönen gemeinsamen Stunden mit der werdenden Mutter, dem Kind und der Familie erleben Sie aber auch hautnah die andere Seite des Lebens bis hin zu der Situation, wo man keine Herztöne mehr findet. Haben Sie damit gerechnet, welche Rolle der Tod in einem Beruf spielen kann, der eigentlich auf das Leben ausgerichtet ist?
Ich habe in einer Uniklinik gelernt, sprich, ich war zu diesem Zeitpunkt noch Schülerin. Das Ganze war ziemlich am Ende meiner Ausbildung, als es uns Schülerinnen zur Wahl stand, zu solchen Geburten mitzugehen. Da habe ich auch viele Paare bei „stillen Geburten“ begleitet, mit oder auch ohne Behinderung, sowie bei Geburten von Kindern, die noch nicht lebensfähig waren. Das hat mich sehr beschäftigt, da fühlt man mit, hat auch Gesprächsbedarf untereinander und vor allem mit dem Paar, was mit dem Kind passiert und wie es weitergeht.
Welche Herausforderungen kommen in einer solchen Situation auf sie zu und wie meistern Sie diese? Erinnern Sie sich noch an einen besonderen Fall?
Eigentlich ist es ja unsere Aufgabe, generell die Geburt zu leiten und dabei versucht man dies so ruhig wie möglich zu erledigen. Gruselig ist aber schon ein Anruf, dass eine Mutter ihr Kind nicht mehr spürt. Das wurde mir noch intensiver deutlich, als mir das im Freundeskreis passierte, wo die junge Mutter zwei Wochen vor der Geburt keine Kindsbewegungen mehr vernahm und das zarte Kind dann tot geboren wurde. Seitdem gehe ich mit so einer Geburt noch ganz anders um.
In diesem Moment wird eine Frau zur Mutter und hat Anspruch auf Hebammenunterstützung und zeitgleich muss doch auch ein totes Kind versorgt werden. Ist das überhaupt zu schaffen?
Natürlich nimmt das einen auch persönlich mit. Schließlich bin ich selbst Mutter von drei Kindern. Aber wir versuchen, das Kind der Mutter auf die Brust zu legen, dass sie auch den Haut- und Körperkontakt spüren kann. Oft haben Mütter Angst davor und wollen es auch gar nicht sehen. Man kann ja auch Teile des Körpers abdecken oder wir legen es in ein schönes Einschlagtuch. Eltern dürfen dann ihr Kind noch eine Zeit behalten und dürfen selbst darüber entscheiden. Natürlich stehen wir dann auch in anderen Fragen helfend zur Seite.
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