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VOCCAWIND
Herrin über Pärlonien
Beate Dahinten
 |  aktualisiert: 07.01.2016 14:55 Uhr

Mit Romanen in Hindi, Urdu und Kanndala beschäftigt sich Lisa-Marie Reuter in ihrer Doktorarbeit. In ihrer Freizeit schreibt die knapp 26-Jährige aus Voccawind selbst welche - nicht in indischen Originalsprachen, sondern auf Deutsch. Eines ihrer Werke wird jetzt veröffentlicht: im Rahmen eines Projekt-Seminars an ihrer früheren Schule, dem Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern.

Fantasy ist das Metier der Hobby-Schriftstellerin. Als Kind und Jugendliche hat sie vieles aus diesem Bereich gelesen, Wolfgang Hohlbein zum Beispiel. Und sie begann, selbst zu schreiben. „Je mehr man liest, desto mehr denkt man mit, 'das finde ich gut, das finde ich schlecht'.“ Es habe sie gereizt, manches selbst zu machen und auszuprobieren, wie man es anders schreiben könnte. Eines Tages, sie war damals 15, hat sie sich „mal wieder hingesetzt und beschlossen, 'ich schreib jetzt mal ein Buch'. Das wurde dann zum Selbstläufer.“ Ein Konzept hatte sie nicht. „Das einzige erklärte Ziel war, dass es ein dickes Buch wird.“ Denn Lisa-Marie Reuter liest nicht nur gern dicke Bücher, sondern schreibt gern viel. „Ich neige zu ausschweifenden Themen.“ Egal ob Schulaufsatz früher oder dann eine Arbeit an der Uni: „Es wird immer mehr als geplant“, sagt die junge Frau, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Indologie der Uni Würzburg tätig ist.

Ein Wälzer mit 500 Seiten

Aus dem Selbstläufer wurden im Lauf von vier Jahren 500 Seiten, in der Manuskriptform sind es sogar 800. Die Hauptfiguren „Kiffi, die Killerelfe“ und „Pongo, der Pärenpolizist“ waren aus einer Blödelei mit Freundinnen entstanden, genauso wie der Name „Pärlonien“ für die selbst erfundene Fantasiewelt. Die Abenteuer von Kiffi und Pongo – sie kommen einer Verschwörung auf die Spur – bilden die Haupthandlung. Außerdem hat die Jung-Autorin mehrere Nebenhandlungen und Erzählperspektiven entwickelt.

Um den Überblick zu behalten, musste irgendwann doch so etwas wie ein Konzept her: Als sich abzeichnete, dass der Roman ziemlich umfangreich wird, erstellte Lisa-Marie Reuter eine Zeitleiste mit den verschiedenen Handlungssträngen und hielt in ihrem Notizbuch fest, „was ich weiß, was die Leser und was die Figuren wussten“. Und sie hat eine Karte von Pärlonien angefertigt.

Sogar während der Abi-Zeit hat die junge Frau an ihrem Roman geschrieben. Bedeutete das für sie zusätzlichen Stress oder war es eher Entspannung? „Ich habe das nie als Arbeit empfunden, sonst würde ich das nicht machen.“ Manchmal gebe es Phasen, in denen sie gar nicht schreibt. „Ich zwinge mich nicht, jede Woche zehn Seiten zu produzieren.“ Ihr aktuelles Werk beschreibt sie als „so eine Art Nachfolger“ ihres Pärlonien-Romans, bei dem sie eine Nebenhandlung ausbaut und eine Nebenperson nun die Hauptfigur bildet.

Allerdings hat die Doktorarbeit natürlich Priorität. Ihre Studienfächer habe sie aus Interesse für Sprachen gewählt, erzählt Lisa-Marie Reuter. Und weil sie neben Anglistik noch eine exotische Sprache dazunehmen wollte, entschied sie sich für Indologie. „Indien hat auch eine reichhaltige Sagen- und Mythenwelt“, doch diese habe in ihren Geschichten, „bisher noch nicht Eingang gefunden. Ich bin mehr dem europäischen Kulturkreis verhaftet.“

Obwohl sie sich in ihrer Freizeit mit Fantasiewelten beschäftigt - die Gefahr, darin zu versinken und den Bezug zur Realität zu verlieren, bestand „für mich nicht“, sagt Lisa-Marie Reuter.

Sie habe sich damals relativ zielstrebig aufs Abi vorbereitet und auch ein gutes Abi gemacht. „Es war mir klar, dass ich nicht als Schriftstellerin meinen Lebensunterhalt verdienen kann. Wenn ich es könnte, würde ich es sofort tun. Aber mir ist schon klar, dass das erst mal eine Utopie ist.“

So manches herausgekürzt

Zwar habe sie manchmal daran gedacht, ihren Roman zu veröffentlichen, aber sie hätte ihr Manuskript nie selbst an einen Verlag geschickt. „Ich hätte Angst, es den Löwen zum Fraß vorzuwerfen.“ Ein paar Freundinnen hatte sie das fertige Manuskript damals zum Lesen gegeben. „Von manchen habe ich was gehört, von manchen nicht.“ Die Mutter einer dieser Freundinnen heißt Gisela Dautel und ist Deutschlehrerin am Friedrich-Rückert-Gymnasium. Für ein Projektseminar mit dem Titel „Wir verlegen ein Buch“ sammelte sie im vergangenen Jahr Manuskripte von Schülern. Der Roman von Lisa-Marie Reuter gefiel nicht nur ihr sehr gut, sondern wurde auch von den Schülern für das Projekt auserkoren.

Und die Schüler waren es, die dem Werk einen Titel gaben: „Die Herrschaft der Xarquen“. „Das sind die geheimnisvollen Herrscher Pärloniens, die noch nie jemand gesehen hat“, erklärt die Verfasserin, die das Manuskript für die Veröffentlichung teils stark korrigiert und manches herausgekürzt hat. Anderes wie zum Beispiel den Namen Pärlonien hat sie bewusst beibehalten, obwohl sie ihn heute nicht mehr verwenden würde. „Es ist ein Teil davon und gehört dazu, da kann ich auch damit leben.“

Anfang Dezember soll der Fantasy-Roman auf den Markt kommen. Neben der eigentlichen Arbeit in den Bereichen Lektorat, Marketing, Produktion und Gestaltung sammeln die Schüler noch fleißig Spenden, um die Druckkosten zu finanzieren. Eine erste Lesung mit der Autorin hat bereits stattgefunden, eine zweite ist geplant, wenn der Roman erscheint.

Spendenkonto: Inhaber: Friedrich-Rückert-Gymnasium Ebern, P-Seminar Buch verlegen Kontonummer: 9300658 Sparkasse Ostunterfranken, BZL 793 517 30.

 
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