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Bamberg
Bamberg: Die Kunst des Sammelns in der Staatsbibliothek
Bibliotheksdirektorin Bettina Wagner erklärt die bemalten Glasfenster aus der Kunstsammlung von Joseph Heller: Nürnberger Kabinettscheiben (16. und 17. Jahrhundert).
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Bibliotheksdirektorin Bettina Wagner erklärt die bemalten Glasfenster aus der Kunstsammlung von Joseph Heller: Nürnberger Kabinettscheiben (16. und 17. Jahrhundert).
Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 09.10.2021 02:29 Uhr

Kunstbeflissene stehen atemlos vor der Vitrine mit Albrecht Dürers Eisenradierung "Christus am Ölberg" (von 1515). Und ihr Auge wandert zu der Druckplatte: die einzige erhaltene Radierplatte von Dürer. Dass die Staatsbibliothek in der Neuen Residenz am Bamberger Domplatz diese Rarität aufbewahren kann, verdankt sie Joseph Heller (1798-1849): Er erwarb die Platte im Jahr 1821 für achtzig Gulden von dem Innsbrucker Maler und Kupferätzer Johann Georg Schedler. "Der hatte das gute Stück schon bei einem Schmied einschmelzen lassen wollen, Heller rettete es", weiß Professorin Bettina Wagner zu erzählen.

Die Direktorin der Staatsbibliothek Bamberg führt durch die von Projektmitarbeiterin Franziska Ehrl kuratierte Ausstellung "Joseph Heller und die Kunst des Sammelns". Wagner würdigt den Bamberger Kaufmannssohn Heller als "größten Mäzen der damals noch Königlichen Bibliothek". Allein 50 000 Blatt habe der sammelwütige Mann zusammengetragen, über die Hälfte des Graphikbestandes der Staatsbibliothek. Aber auch zahlreiche Handschriften, Bücher, Münzen, Medaillen und sogar bemalte Glasfenster: Nürnberger Kabinettscheiben aus dem 16. und 17. Jahrhundert: "Allesamt Objekte von musealer Qualität", betont die Professorin beim Rundgang durch die Schauräume, in denen ein facettenreicher Querschnitt aus Hellers Sammlung zu bewundern ist.

Ein Exponat: Porträt von Joseph Heller, wie es Hans Kundmüller um 1890 auf die Leinwand brachte.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Ein Exponat: Porträt von Joseph Heller, wie es Hans Kundmüller um 1890 auf die Leinwand brachte.

Der früh verwaiste und reich beerbte Joseph Heller – zeitlebens ehe- und kinderlos – hatte schon 1821 in seinem Testament die Königliche Bibliothek als Erbin seiner kunsthistorischen Besonderheiten eingesetzt. Wissbegierig wie er war, nutzte Heller eifrig die Bibliothek und lernte deren Direktor Joachim Heinrich Jäck (1777-1847) kennen. Jäck geriet dem aufstrebenden Sammler zum Mentor und Freund, zum Berater und Kontaktmann zu Kunsthändlern. Und Heller avancierte zum kunstwissenschaftlichen Pionier, dessen Publikationen und Werkverzeichnisse sich als Standardwerke der Zeit etablierten und zur Norm für die Ordnung anderer Sammlungen wurden.

Heller opferte sogar sein Privatvermögen und ist heute fast vergessen

Dass Joseph Heller sogar sein Privatvermögen opferte, um seine Sammlung zu komplettieren, ist die eine Seite seiner Persönlichkeit. Bei seinem Tod war er hochgradig verschuldet. Andererseits wurde er in seiner Heimatstadt Bamberg zum fast Vergessenen – auch wenn eine Straße nach ihm benannt ist. Sein Vermächtnis im Herzen Bambergs, seine großzügige Schenkung an die heutige Staatsbibliothek, bleibt jedoch eine "großartige Chance, etablierte Strukturen zu überwinden und die engen material- und medienübergreifenden Gegenstände miteinander zu verbinden", erklärt Direktorin Wagner.

So habe ihr Haus in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt (2017-2020) einen zentralen Teil der Sammlung Hellers erschlossen und könne die historische Ordnung der Sammlung ihres bedeutendsten Mäzens digital nachbilden: "Die Geschichte von rund 3000 Graphikblättern und deren Sammlungsstruktur lässt sich jetzt nachvollziehen", so Wagner.

Joseph Heller hat in seinem Testament verfügt, dass seine Sammlung in der Bibliothek "für den öffentlichen Gebrauch erhalten" bleiben sollte. Die aktuelle Ausstellung wird seinem letzten Willen allemal gerecht.

Öffnungszeiten: "Joseph Heller und die Kunst des Sammelns" ist bis zum 18. Dezember in der Staatsbibliothek Bamberg, Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, Samstag von 9 bis 12 Uhr, zu sehen. Sonntags und Allerheiligen geschlossen. Der Eintritt ist frei. Mehr im Netz: www.bamberger-schaetze.de/heller.

Führungen: Die vhs führt jeden Donnerstag um 17 Uhr durch die Ausstellung. Anmeldung unter www.vhs-bamberg.de oder Tel.: (0951) 871108.

 
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