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Haßfurt
Heimat-Netzwerk: Alle Facetten des Klimaschutzes zählen
Was kann und muss im Haßbergkreis geschehen? Darüber diskutierten in Haßfurt Klima-, Umwelt- und Energieexperten.
Oliver Kunkel, Initiator der Netzwerks 'Wir gestalten Heimat' (links) und Hans-Josef Fell, Präsident der EnergyWatchGroup.
Foto: Wolfgang Aull | Oliver Kunkel, Initiator der Netzwerks "Wir gestalten Heimat" (links) und Hans-Josef Fell, Präsident der EnergyWatchGroup.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:36 Uhr

Im „Silberfisch“, dem Ganztageszentrum des Haßfurter Schulzentrums, ging es einen ganzen Tag lang um die Frage, wie der Landkreis klimaneutral werden, das Leben in den Haßbergen der Klimakrise trotzen könnte. Beim ersten „Nachhaltigkeitsforum“ des Netzwerkes „Wir gestalten Heimat“ trafen internationale Experten auf rund 200 Gäste und Netzwerkmitglieder, um mit ihnen eine „ökologische und soziale Klimawende“ zu beraten, wie das Netzwerk in einer Pressemitteilung erklärt. 

Der Präsident der EnergyWatchGroup, Hans-Josef Fell, habe im Einführungsvortrag die Dramatik des Klimawandels und den Weg zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien aufgezeigt, heißt es weiter in der Verlautbarung. Weitere Experten aus Wirtschaftswissenschaft und Genossenschaftswesen diskutierten mit Stadtwerke-Chef Norbert Zösch unter Moderation von Netzwerk-Vorsitzendem Oliver Kunkel, wie und warum gerade ein Landkreis wirklich „nachhaltig werden könnte“, bevor am Nachmittag zwölf Workshops die Leitgedanken in die Praxis von Energiegewinnung, Mobilität oder Schule übersetzten.

Sowohl Initiator Oliver Kunkel als auch Hans-Josef Fell, der Tage zuvor noch die ukrainische Regierung beraten hatte, unterstrichen der Pressemitteilung zufolge den dringenden Bedarf an „radikalen Veränderungen“ mit aktuellen Daten, denn: um 2030 würden mit einer Erwärmung von 1,5 Grad wohl die gefürchteten „Kipppunkte“ das Klima kaum aufhaltbar weiter anheizen. Fell habe  den Weg in eine Energie- und Landwirtschaft ohne fossile Brennstoffe bis 2030 aufgezeigt. Johannes Pfister vom Thinktank „unaVISION“ lebe vor, dass Lebensglück und Bescheidenheit kein Widerspruch ist. Regional denken und handeln - hierzulande ebenso wie in Afrika und Südeuropa, wo seine „Thinkcamps“ durch Wiederaufforstung den Menschen und der Natur Lebensräume zurückgeben. Das unterstützte vehement Autor und „Aktivist“ Dr. Harald Klimenta. Der Attac-Mitbegründer fordert den Blick auf den Gewinn, den eine nachhaltige Gesellschaft für jeden bedeutet - Gewinn in Mitwirkung, Zusammenarbeit, Naturnähe, Zufriedenheit. „Das müssen wir allen Menschen deutlich machen, statt auf Angst und Schuldzuweisungen zu setzen.“ Wenn wir beim ständigen Wirtschaftswachstum aussteigen, werden wir gewinnen, habe sein Credo gelautet, so das Heimat-Netzwerk. 

Der Münchner Genossenschaftsexperte Max Riedl unterstützte aus vielfältiger Erfahrung die Überzeugung von „Heimat“, dass das Miteinander der Schlüssel zum Erfolg ist. Viele Bereiche des Lebens könne man gemeinsam mit den Menschen vor Ort entwickeln und betreiben: Energie, Landwirtschaft, Vertrieb. Dazu brauche es ebenso eine zentrale Steuerungsstelle im Kreis, die die Akteure - Regionalmanagement, Umweltbildung etc. - bündelt. Norbert Zösch, „Vorreiter“ insbesondere bei der Wasserstoffgewinnung im Kommunalen, habe sich optimistisch gezeigt: Was in der Stadt Haßfurt klappt, könne auch im Landkreis gelingen - und in ganz Europa: „Die klare Botschaft aus Haßfurt sei: "Eine vollständige Versorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien ist bereits heute möglich. Es geht nicht mehr um die Frage der Machbarkeit, sondern um eine effektive wie effiziente Umsetzung", zitiert die Pressemitteilung Zösch.

Workshop Energie Landkreis mit (vor der Tafel) Marco Siller designierter GUT-Geschäftsführer, Norbert Zösch, Dr. Bernd Bullnheimer Vorstandsmitglied heimat
Foto: Wolfgang Aull | Workshop Energie Landkreis mit (vor der Tafel) Marco Siller designierter GUT-Geschäftsführer, Norbert Zösch, Dr. Bernd Bullnheimer Vorstandsmitglied heimat

Jugendliche der Bewegung „fridays for future“ machten den Handlungsdruck sichtbar: Mit einem Handwagen voller Plastikmüll zerrten sie den durchschnittlichen täglichen Energiekonsum eines Bundesbürgers vor die Bühne und mahnten: „Lasst uns sofort umkehren, um unsere Zukunft zu erhalten!“ Landrat Wilhelm Schneider hatte als Schirmherr den bisherigen Weg des Landkreises insbesondere mit der „Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte“ nachgezeichnet und aktuelle Vorhaben benannt. Die Bestellung von Marco Siller als neuem Geschäftsführer der GUT sei ein Zeichen für eine Intensivierung der Bemühungen um einen Ausbau der Erneuerbaren im ganzen Landkreis.

Im nachmittäglichen Workshop „Strukturen der Beteiligung und Vernetzung“ resümmierte Moderator Gunter Häckner: „Egal wo ein Bedarf gesehen wird, könnten Bürgergenossenschaften oder andere Organisationsformen des gemeinschaftlichen Handelns Lösungen bieten, um den Landkreis voranzubringen.“ Lehrer aller Schularten, Eltern und Schüler berieten im Workshop „Schule“, wie Nachhaltigkeit fester Teil des Schulalltags, des Lernens werden könne. 

Prof. Stefan Brunnhubers Forderung, das Wirtschaften und Leben völlig neu zu denken - der Psychiater und Ökonom hatte eine Videobotschaft an die Konferenz geschickt -, übersetzte die Arbeitsgruppe „Leben“, moderiert von Dr. Heiner Goschenhofer, in praktische Ideen, wie es weiter in der Verlautbarung heißt. Plastik- und Müllvermeidung wurden ebenso angedacht wie alternative Wohnformen im Alter und gesunde wie nachhaltige Ernährung. Energieeinsparung bei Strom und Heizung bis zur Brennstoffzelle im Keller konnte Energieberater Günter Lieberth in seinem Workshop ausführlich beleuchten.  Im Workshop „Mobilität“ konnte Beate Rink als Moderatorin Mitfahr-Systeme ebenso besprechen wie öffentlicher Nahverkehr etwa als Maintallinie mit Ruftaxis und Seniorenfahrdiensten als Ergänzung in die Fläche.

Am Ende der Veranstaltung stand laut "Wir gestalten Heimat" eine zentrale Erkenntnis: "Wir müssen uns um alle Facetten von Klimaschutz - Speichern wie Sparen - Technik wie Lebensstil – kümmern, möchten immer mehr Mitstreiter finden und immer konkreter Projekte und Ideen vorantreiben."

Oliver Kunkel mit der Podiumsrunde in großer Heiterkeit: Max Riedl, Norbert Zösch, Johannes Pfister, Fell, Dr. Harald Klimenta
Foto: Wolfgang Aull | Oliver Kunkel mit der Podiumsrunde in großer Heiterkeit: Max Riedl, Norbert Zösch, Johannes Pfister, Fell, Dr. Harald Klimenta
 
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