Den Besuch des Sander Weinfests im Juli vergangenen Jahres wird ein 25-Jähriger aus dem Landkreis Schweinfurt wohl noch lange in schlechter Erinnerung behalten: Als er mit seinen Kumpels gegen 2 Uhr nachts den Heimweg antreten will, wird er von zwei Polizisten aufgefordert, ihnen auf die Festwache zu folgen, weil er einem Festbesucher einen Faustschlag verpasst haben soll. Weil er sich wehrt und die Beamten beleidigt, werden ihm Handfesseln angelegt und er muss die Nacht in der Ausnüchterungszelle der Polizei in Haßfurt verbringen.
Opfer: „Des isser doch gar net“
Immer wieder fragt er: „Wegen was?“ Dass seine Frage berechtigt war, stellte sich bei der Gerichtsverhandlung am Freitag am Amtsgericht heraus. Denn als der Geschädigte in den Zeugenstand trat, stellte er beim Betrachten des Angeklagten fest: „Des isser doch gar net.“ Den Angeklagten habe er noch nie gesehen, gab er zu Protokoll. „Der Schläger hatte eine anderer Stimme, viel tiefer. Außerdem war er groß und blond und hatte eine russischen Dialekt“ ließ er das Gericht wissen. Nachdem er den Schlag kassiert hatte, weil er den Schläger nicht heimfahren wollte, habe er den Vorfall einem Security-Mitarbeiter gemeldet und ihm den Schläger gezeigt. Bei der Weiterleitung des Falls an die Polizei sei es dann wohl zu einer Verwechslung gekommen, sagte der Geschädigte vor Gericht – möglicherweise weil beide ein rotes T-Shirt trugen.
In Handschellen abgeführt
Das Gericht sprach den Angeklagten daher von dem Vorwurf der Körperverletzung frei. Ungeschoren kam er jedoch nicht davon. Denn nach Aussage von den beteiligten Polizeibeamten hat der 25-Jährige mit später ermittelten 2,2 Promille Alkohol in der Blutbahn erheblichen Widerstand geleistet und die Beamten wüst beschimpft. Drei Mann waren nötig, um ihn zu Boden zu bringen und ihm Handschellen anzulegen. Erst als er in der Ausnüchterungszelle war, habe er sich beruhigt und geweint, sagte ein Beamter im Zeugenstand.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah wegen der Alkoholisierung eine verminderte Schuldfähigkeit und forderte eine Bewährungsstrafe von drei Monaten für den bislang nicht vorbestraften Angeklagten. Eine Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu zehn Euro hielt die Verteidigerin für ausreichend. Richterin Ilona Conver wählte eine selten angewandte Bestrafung. Sie verhängte eine „vorbehaltliche Verwarnung“ in Höhe von 80 Tagessätzen zu zehn Euro. Dabei handelt es sich um eine Geldstrafe auf Bewährung, die der Angeklagte nur dann zahlen muss, wenn er in den nächsten zwei Jahren wieder straffällig wird.
Als Auflage muss er 200 Euro an die Stiftung der Polizeigewerkschaft zahlen und die Verfahrenskosten zur Hälfte tragen. Die andere Hälfte zahlt aufgrund des Freispruchs für die Körperverletzung der Staat. Das Verfahren sei „blöd gelaufen“ räumte die Vorsitzende ein, weshalb sie nur eine Verwarnung ausgesprochen habe. Dennoch gelte es – auch wenn man unschuldig ist – mit Ordnungshütern zu „kooperieren statt diskutieren“.